Berliner "Tatort"-Duo im Interview Meret Becker spricht über Berlin, Schimanski und Sex

Berlin · Meret Becker (46) und Mark Waschke (43) nehmen an diesem Sonntag (20.15 Uhr, ARD) ihre Arbeit als neue Berliner "Tatort"-Kommissare auf. Im Gespräch verraten sie, was ihnen an dem Job gefällt. Und ob sie selbst "Tatort"-Fans sind.

 Meret Becker und Mark Waschke ermitteln ab Sonntagabend in Berlin.

Meret Becker und Mark Waschke ermitteln ab Sonntagabend in Berlin.

Foto: dpa, bsc

Vor der Kamera gehen Sie ja etwas ruppig miteinander um. Stimmt die Chemie zwischen Ihnen?

Mark Waschke Um einen Streit gut zu spielen, hilft es, wenn man sonst gut miteinander kann. Das ist wie bei einer Schlägerei. Auch die kann man besser spielen, wenn man sich richtig gut versteht. Denn eine Prügelei hat ja auch mit Sex zu tun. Und um sich mit Worten zu prügeln, muss man schon miteinander klarkommen. Und das war für mich jedenfalls der Fall, dass Meret gut mit mir klargekommen ist.

Meret Becker (zu ihm) Willst Du mal vor die Tür gehen, bitte?
(lacht) Ja doch, ich hab Freude. Wenn man einen gewissen Humor mitbringt, ist immer ganz viel möglich.

Was hat Sie gereizt, "Tatort"-Kommissarin zu werden?

Meret Becker Ehrlich gesagt erstmal nichts. Ich wollte mich nie ans Fernsehen binden und habe ja bisher vor allem Kino gemacht und Musik.
Aber in dem Moment passte es in mein Leben. Und ich finde es spannend, dass sich das Bild des "Tatort"-Kommissars so angenehm aufgelöst hat, dass man da auch Schablonen durchbrechen kann.

Kannten Sie das Drehbuch vorher?

Mark Waschke Der Grundansatz war klar - eigentlich spielt Berlin die Hauptrolle in dem Film. Die Möglichkeit, von der Lebenswirklichkeit dieser Stadt zu erzählen, von ihren Widersprüchen und Brüchen, das hat mich gereizt. Das mag ich auch an großen amerikanischen Serienformaten. Sie erzählen einen Krimiplot, aber eigentlich erzählen sie viel mehr: Wie lebt man? Auf wessen Kosten lebt man? Wer beherrscht wen, wer wird unterdrückt? Das ist hier - toitoitoi - auch möglich.

Meret Becker Ich fand es auch sehr spannend, Berlin zu erzählen. Das heißt ja nicht, nur die Stadt zu bebildern. Das heißt, von ihren Menschen zu erzählen - und dazu gehören diese Kommissare auch. Berlin atmet in uns rein oder atmet durch uns durch.

Was wollen Sie mit Ihrer Rolle rüberbringen?

Meret Becker Ich versuche mir vorzustellen, Berlin wäre eine Frau.
Es ist so eine Fantasie zu einem Berliner Frauentyp. Sie ist Mutter von zwei Söhnen, auf der einen Seite sehr burschikos, auf der anderen Seite möchte sie sexy sein und weiblich und Familie haben, sie möchte aber auch ihren Beruf richtig toll machen und das Übermaß an Möglichkeiten nutzen, dass diese Stadt birgt. Und weil man das eigentlich nicht alles schaffen kann, trägt sie immer auch so eine gewisse Sehnsucht in sich.

Mark Waschke An meiner Rolle schätze ich, dass der Typ erstmal nicht so leicht zu begreifen ist und scheinbar widersprüchliche Eigenschaften in sich trägt. Man kann ihn nicht einfach in eine Schublade stecken. Und das ist wichtig, weil er ja auch einige Filme hindurch das Merkwürdige und Unheimliche im Alltäglichen behalten soll.

Es geht gleich mit einem Seitensprung der Kommissarin los. Wie wichtig ist Ihnen selbst Treue?

Meret Becker Treue bedeutet für mich nicht, immer mit dem gleichen Partner ins Bett zu gehen. Für mich hat Treue mit Ehrlichkeit zu tun, mit dem Versuch, verbunden zu bleiben und dennoch den anderen auch in seinen Sehnsüchten zu verstehen. Für den Film fand ich es spannend, dass auch mal die Rollen vertauscht sind und nicht nur die Männer sich sowas herausnehmen.

Sie sind selbst alleinerziehende Mutter. Wie finden Sie sich als Mutter in dem Film?

Meret Becker Ich sehe, dass die Mutter sich größte Mühe gibt, und das ist etwas, was man unbedingt respektieren sollte. Als Frau, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen will, leidet man eh immer unter schlechtem Gewissen. Und das wird von außen meist noch verstärkt. Das ist kontraproduktiv. Eigentlich müsste immer jemand kommen und sagen: Ihr macht das toll!

Haben Sie im Team darüber diskutiert, wie ausdrücklich Blut und Gewalt gezeigt werden sollen?

Mark Waschke Wie man das erzählt, ist die Entscheidung des Regisseurs. Ich persönlich empfinde Gewalt dann als besonders brutal, wenn man sie nur hört oder ahnt und die Bilder sich im Kopf zusammensetzen. Für die Geschichte fand ich es aber tatsächlich wichtig, dass man zumindest am Anfang sieht, um was für eine unfassbar menschenverachtende Kriminalität es hier geht.

Sind Sie selbst "Tatort"-Gucker?

Meret Becker Ich habe als Kind "Schimanski" geschaut, aber seitdem nicht mehr regelmäßig. Klar, manchmal bleib ich hängen und guck eher aus Versehen als aus beruflichem Pflichtbewusstsein. Je gruseliger es ist, umso Faszinierender finde ich es. Ich konfrontierte mich da komplett mit meiner Angst.

Mark Waschke Na, dann bist du bei unserem ja total richtig! (lacht).
Ich beschäftige mich mit dem Phänomen "Tatort" eigentlich erst, seit ich selbst mitgespielt habe. Ich schätze besonders die Filme, die sehr unkonventionell oder genresprengend sind und die versuchen, über den Fall hinaus noch eine andere Geschichte zu erzählen. Und ich hoffe, dass das bei unseren auch so ist.

Frau Becker, was sagt Ihre 16-jährige Tochter dazu, eine "Tatort"-Kommissarin als Mutter zu haben?

Meret Becker Die Idee fand sie erstmal gut. Aber die Konsequenz kann sie, denke ich, nicht wirklich überblicken. Genauso wenig wie wir.

(dpa)
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