Tatort-Nachlese "Auf einen Schlag" Zwei Kommissarinnen ermitteln im Schlager-Milieu

Düsseldorf · Der Tatort "Auf einen Schlag" spielt in Dresdens Schlagerszene - erstmals ermittelt ein weibliches Ermittlerduo in einem Mordfall.

Tatort "Auf einen Schlag": Bilder aus dem ARD-Tatort
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Szenen aus dem Tatort "Auf einen Schlag"

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90 Minuten in 90 Zeichen

Zwei Schlagersänger lieben sich heimlich, vorm geplanten Outing wird der eine erschlagen.

Dresden hat das erste weibliche-Ermittler-Duo - wie schlagen sich die Frauen so?

Gut. Karin Gorniak (Karin Hanczewski) ist alleinerziehende Mutter, die in die Schule zitiert wird, weil ihr Sohn in einem Rap das Loch besingt, das er seiner Lehrerin in den Kopf brennen will. "Wenn Andrea Berg singt, dass du mich 1000 Mal belogen hast, glauben Sie ja wohl auch nicht, dass sie 1000 Mal belogen wurde", kontert die Polizistin. Ihre Partnerin Henni Sieland (Alwara Höfels) ist alleinverdienend, ihr Freund als Fotograf steuert nicht viel zum gemeinsamen Leben bei. Nun wollen sie ein Kind, aber ohne ihr Gehalt können sie es sich eigentlich nicht leisten. Trotz der privaten Probleme sind sie engagierte Ermittlerinnen, die sich von niemanden etwas sagen lassen. Als die Mitglieder der Band "Herzensbrecher" (die sich später als Täter herausstellen) nicht so recht Anteilnahme zeigen für ihren ermordeten Kollegen, spielt Henni Sieland ihnen die von ihr erwartete Reaktion vor und sagt "Wir können auch witzig sein!" Stimmt! Besonders die unterhaltsamen Dialoge machen den neuen Dresden-"Tatort" aus. Ein gelungenes Debüt!

Das dramatische Ende, als Polizei-Anwärterin Maria Mohr (Jella Haase) totgetreten wird, sorgte für Betroffenheit, ein Stück Tragik zwischen viel Komik. Weil sie mit 23 Jahren noch so jung sei, habe sich die Schauspielerin (Fack ju Göhte") nicht auf eine festes, längerfristiges Engagement festlegen wollen, zitiert die "Bild"-Zeitung ein Teammitglied. Schade, aber wenn man an den Misserfolg der "Jugend forscht"-Kommissare aus Erfurt denkt, die nach zwei Fällen fertig ermittelt hatten, ist es vielleicht auch besser so.

Schauspieler mit Kultpotenzial

Martin Brambach, zuletzt glänzend in Serien wie "Die Stadt und die Macht" (Das Erste), spielt Kripo-Chef Schnabel. Der Stiefbruder von Jan Josef Liefers ist gebürtiger Dresdner. Seine Figur polarisiert mit politisch unkorrekten Sprüchen und hadert mit technischen Neuerungen sowie emanzipierten Frauen. Er hat aber sein Herz auf dem rechten Fleck. Er kann die neue Kultfigur dieses Krimis werden.

Die schönsten Sprüche

"Super, diese Quotenregel! Warum sollten wir immer nur unqualifizierte Männer einstellen?"

""Früher oder später sind alle Menschen einsam - deshalb hat der Mensch die Musik erfunden."

Wie ist eigentlich der Marktwert des Schlagers?

Musikmanager Maik Pschorrek (Andreas Günther) erklärt, warum der Schlager Zukunft hat. "Hier sind die Fans, die noch Geld haben. Die streamen nicht, die kaufen sogar noch CDs." Das stimmt. Laut dem Bundesverband der Musikindustrie war zwar Pop 2014 noch immer die meistverkaufte Musikrichtung in Deutschland. Jeder vierte Euro wurde so umgesetzt, das entspricht jedoch einem Tiefststand. Einen neuen Spitzenwert wiederum erreichte Rock (21,9 Prozent), und der Umsatz bei Schlager hat sich mit 6,5 Prozent im Vergleich zu 2005 mehr als verdoppelt.

Der Heimatfaktor

Wer hat, der hat: Der Zwinger in seiner ganzen Schönheit diente als einzige Dresden-Kulisse. Warum sollte man sich auch mit weniger zufrieden geben, wenn man eines der schönsten deutschen Barockbauwerke in Szene setzen kann?

Wer schrieb die Schlagertexte?

Drehbuchautor Ralf Husmann ("Stromberg") ist auch dafür verantwortlich. "Wenn ,Mein Sachsen' nicht das neue ,Atemlos' wird, bin ich persönlich enttäuscht", sagt er. Darauf sollte er sich aber einstellen.

Wie reagiert die Schlagerszene?

Mit Humor! Fiktion und reales Leben vermischen sich: Stefan Mross (Gastgeber der Sendung "Immer wieder sonntags") sowie die Musiker der Gruppe "Voxxclub" drücken ihre Anteilnahme zum Tod des ermordeten Toni Derlinger vom Gesangsduo "Toni & Tina" aus. Die "Voxxclub"-Mitglieder müssen es sogar ertragen, dass die fiktive und unsympathische Band "Herzensbrecher" ihnen sehr ähnelt.

(RPO)
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