Am Samstag noch einmal "Schlag den Raab" Das Fernsehen nach Raab

Köln · Mit "Schlag den Raab" verabschiedet sich der Moderator an diesem Samstag endgültig vom Bildschirm. Er hinterlässt eine große Lücke. Sie zu füllen, ist fast unmöglich.

Stefan Raab - seine Shows und Karriere-Stationen in Bildern
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Das waren Raabs Karriere-Stationen

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Mit dem Fernsehen verhält es sich ein wenig wie mit jedem anderen Dienstleistungsunternehmen - ohne kreative Impulse, ohne Erfindergeist, ohne Querdenker hat es sich bald ausgewirtschaftet. In dieser Hinsicht war Stefan Raab für das Fernsehen unersetzlich. Hat er doch unter anderem etliche erfolgreiche neue Formate lanciert, den Eurovision Song Contest erst aufgemischt und dann nach Deutschland geholt sowie einer Politshow ("Absolute Mehrheit") so viel junges Publikum verschafft wie nie zuvor.

Die meisten seiner Ideen waren so gut, dass Raab sie ins Ausland verkaufen konnte, was für hiesige TV-Ware keineswegs selbstverständlich ist. Wenn der 49-Jährige also heute nach "Schlag den Raab" leise Servus sagt, muss man konstatieren, dass das Fernsehen ihn wohl mehr vermissen wird als umgekehrt.

Zumal die Nachfolger nicht gerade Schlange stehen. Dazu hat sich die Ausgangssituation geändert: Boten die Privatsender vor 20 Jahren noch sowohl Plattformen für aufstrebende Talente, um sich ungeniert auszubreiten, als auch den notwendigen langen Atem, die Ernte einzufahren.

Heute wird gefiltert und getestet, bis alles Spontane und Subversive erfolgreich getilgt ist; stimmt die Quote nicht von Anfang an, verschwinden Show und Moderator vom Bildschirm. Um es in diesem Umfeld noch zur unverwechselbaren TV-Persönlichkeit zu bringen, bedarf es neben der Begabung eines Bündels von Zufällen, vor allem aber: einer übergroßen Portion Glück. So ist die Riege derjenigen, die für eine Raab-Nachfolge in Frage kommen, sehr überschaubar.

Richten sollen es allen voran Joko (Winterscheidt) und Klaas (Heufer-Umlauf). Sie sind neben Raab das Aushängeschild von Prosieben, holen mit ihren Quatsch- und Quassel-Shows ("Circus Halligalli"; "Joko gegen Klaas - das Duell um die Welt") vor allem jüngere Zuschauer ab. Haftet dem Humor des Duos doch immer etwas Post-Pubertäres an - das vermag in der angepeilten Zielgruppe zu funktionieren, schafft aber nicht den Brückenschlag zu älteren Generationen. Und er ist potenziell grenzwertig: Die Medienaufsicht prüft angeblich gerade, ob ein bei "Duell um die Welt" gezeigter Drogentrip gegen den Jugendschutz verstoßen hat. Da der Erfolg von Joko und Klaas auf der Interaktion zwischen beiden beruht, engt das ihren Aktionsradius ein - alleine sind sie nur die Hälfte wert, zu zweit eine hermetische Angelegenheit.

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Ähnlich verhält es sich mit Jan Böhmermann. Als Shooting-Star einer internetaffinen Satire-Szene begeistert er ein jugendlich-intellektuelles Publikum, das in ihm den einzig legitimen Nachfolger von Harald Schmidt sieht. Nun hatte sich der zwar auch einen einzigartigen Status erarbeitet, war aber hinsichtlich einer Erneuerung des Fernsehens ebenfalls wenig ertragreich.

Anders gesagt: Wie Schmidt wird Böhmermann seine Nische finden, ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen wie Raab ist er sicherlich nicht. Danach wird die Luft sehr dünn. Raabs Stärke war es ja, wenige Schwächen zu besitzen - er konnte in den unterschiedlichsten Bereichen reüssieren, kompensierte im Zweifel ungenügende Fähigkeiten mit brachialem Ehrgeiz und punktgenauer Disziplin. All das machte ihn zu einem kompletten Entertainer. Diejenigen, die auf ihn folgen, besitzen meist nur eine herausragende Eigenschaft, können entweder moderieren oder musizieren, witzeln oder debattieren, konzipieren oder karikieren. Oder sie besitzen einfach ein telegenes Gesicht.

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Foto: Twitter / Florian Hellmuth / ProSieben

Ein Großteil des TV-Nachwuchses ist auf dem Karriereweg daher irgendwann verschütt gegangen: Oliver Pocher, Niels Ruf, Benjamin von Stuckrad-Barre, um nur einige zu nennen. Oder dümpelt wie Pierre M. Krause als ewiges Nachwuchstalent in den Dritten vor sich hin.

Auch die Versuche von Prosieben, Anwärter aus der eigenen Schmiede in Position zu bringen, sind bislang gescheitert. So besitzen Lena Gercke und Palina Rojinski sicher Charme und ein gewisses Moderationstalent, von Raab trennen sie jedoch nicht nur die schlechten Quoten, sondern Showwelten. Auch Elton hat sich nie wirklich von Raab emanzipiert; er genießt zwar hohe Sympathiewerte, ist aber kein Vordenker.

Also bleibt Raabs Stelle unbesetzt? Wohl kaum. Nur wird dort vielleicht eines Tages jemand auftauchen, den heute niemand auf dem Zettel hat. Möglicherweise installiert von Raab selbst, der nach seinem Abschied vielleicht hinter der Kamera die Fäden ziehen wird. Er hat schließlich Max Mutzke erfunden, Lena - und sich selbst. Warum also nicht auch seinen Nachfolger? Vielleicht langweilt Raab sich ja auch und kommt zurück. Einer muss es am Ende ja machen.

(RP)
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