"Sehen statt Hören" Gehörlose üben Kritik am WDR

Köln · Der WDR muss sparen - und macht in seinen Bemühungen auch nicht Halt vor einer Sendung, die vielen Gehörlosen ans Herz gewachsen ist. 2016 beendet der Kölner Sender die Co-Finanzierung von "Sehen statt Hören", in die er vor zwölf Jahren eingestiegen war.

 Der WDR in Gebärdensprache.

Der WDR in Gebärdensprache.

Foto: RP/Schnettler

Der Bayerische Rundfunk, der mehr als 90 Prozent der Kosten trägt, will an dem halbstündigen Format, das seit 40 Jahren jeden Samstag in den dritten Programmen ausgestrahlt wird, festhalten. Ob und wie sich der Ausstieg des WDR auf die Zahl der Neuproduktionen auswirke, werde derzeit noch intern geprüft, heiß es. "Für 2016 garantieren wir eine gleichbleibende finanzielle Ausstattung und stehen damit zu unserem besonderen Engagement zur Integration gehörloser und hochgradig hörbehinderter Zuschauer", versicherte BR-Sprecher Christian Dück. Wie der Anteil von 6,5 Prozent, den bislang der WDR übernommen hatte, ausgeglichen werden kann, ist aber noch unklar. Denkbar wäre, einen neuen Partner unter den ARD-Töchtern zu finden oder aber die Lücke aus eigener Tasche zu füllen.

Aus Sicht des WDR ist der Fortbestand der Sendung "nicht gefährdet". Man habe vor rund zwei Jahren entschieden, das Geld umzuverteilen, und das dem BR auch mitgeteilt. "Der finanzielle Ausstieg des WDR aus ,Sehen statt Hören' ist eine sehr genau durchdachte Entscheidung mit dem Ziel, neue Inklusions-Projekte möglich zu machen", erklärte Sprecher Uwe-Jens Lindner. Geplant seien andere "inklusive Film-Angebote, die mehr bieten als reine Videountertitel". Zusammen mit dem SWR gestalte die zuständige WDR-Redaktion "sukzessive" die neuen Produktionen für den Bereich Schule und Bildung so, dass "endlich auch Kinder und Jugendliche mit Handicap die gleichen Filmangebote in der Schule nutzen können wie Menschen ohne Einschränkungen".

Die Vorwürfe des Gehörlosenbundes, der WDR missachte die Rechte der Menschen mit Hörbehinderung und verletzte die UN-Behindertenrechtskonvention, weist der Kölner Sender zurück. Denn die Entscheidung für die andere Nutzung der Programmgelder führe zu einem qualitativ und quantitativ größeren Zuschauer-Angebot für die Zielgruppe. Zudem werde "Sehen statt Hören" auch weiterhin am Samstagmorgen im WDR-Fernsehen zu sehen sein. Nach Ansicht des WDR ändere sich für die Hörgeschädigten also nichts.

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Doch die Betroffenen beruhigt das nicht. "Wir können nicht wie Hörende einfach auf ein anderes Programm umschalten, weil andere Sendungen in der Regel nicht barrierefrei sind", erklärt Büter. Ihn ärgert besonders, dass Gehörlose seit 2014 ebenfalls Rundfunkbeiträge zahlen müssen - aber die Leistung, die sie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten, kaum mit dem zu vergleichen ist, was hörende Fernsehzuschauer bekommen. In 2015 werden laut BR 45 Ausgaben von "Sehen statt Hören" gezeigt. Deshalb, so Büter, könnte man "nicht akzeptieren, dass zukünftig weniger neue Folgen der Sendung produziert und dafür mehr Wiederholungen ausgestrahlt werden".

(RP)
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