TV-Talk mit Maischberger Was tun mit 54 Milliarden Euro?

Düsseldorf · Sandra Maischberger hoffte beim TV-Talk auf überraschende Inhalte in den Wahlprogrammen ihrer Gäste - vor allem zu den Themen Steuern und innere Sicherheit. Die bewältigten jedoch lange die Vergangenheit, ehe sie sich der Zukunft widmeten.

Darum ging's
Sandra Maischberger will Klartext hören: Was planen Angela Merkel und Martin Schulz für Deutschland? Was will die SPD umsetzen, wenn sie die CDU trotz drei verlorener Landtagswahlen ablösen kann? Wie genau sehen die Wahlprogramme der Parteien in Sachen Steuern und innere Sicherheit aus?

Darum ging's wirklich
Soziale Gerechtigkeit und innere Sicherheit — vier Politiker streiten darüber, wer in diesen Bereichen die meisten Fehler gemacht und wer die besten Ideen hat, diese künftig zu vermeiden. Ein Journalist hilft mit Kommentaren und Analysen. Und natürlich schaut die Runde sich das Auf und Ab des Kanzlerkandidaten Schulz an.

Die Gäste

  • Peter Tauber, CDU-Generalsekretär
  • Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Parteivorsitzender
  • Sahra Wagenknecht, Linken-Fraktionsvorsitzende
  • Katja Suding, stellvertretende FDP-Parteivorsitzende
  • Robin Alexander, Journalist "Welt am Sonntag"

Sturz nach medialer Heiligsprechung
Ehe es in Maischbergers Runde um die Zukunft geht, will die Moderatorin von den Gästen Einschätzungen zu SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Ralf Stegner verteidigt trotz dreier verlorener Landtagswahlen am Stück die Ziele seiner Partei, FDP-Frau Suding glaubt, die SPD habe sich in NRW zu sehr zurückgehalten, hofft nun aber auf einen interessanteren Wahlkampf, in dem beide große Parteien reelle Chancen haben. Sahra Wagenknecht kritisiert, Schulz hätte "alle Chancen der Welt" gehabt, aber bisher nicht geliefert. "Welt"-Journalist Robin Alexander kommentiert die anfängliche Euphorie: "Schulz wurde als eine Mischung aus Obama und Jesus Christus verkauft, das war schon überraschend". Allerdings habe die SPD verpasst, "von der Euphorie in die Inhalte zu kommen", und das wollten sie jetzt nachholen.

Der Fels in der Brandung
Was setzt die Union der SPD entgegen, und sind sich die Unionsparteien wirklich einig? Die Gäste in der Runde haben sehr unterschiedliche Meinungen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagt, die Union sei in Sicherheitsfragen geschlossen, und alle hätten Lust auf Wahlkampf mit Merkel. Ralf Stegner platzt zu dem, was er einen "Scheinfrieden der CDU und CSU" nennt, der Kragen: "Das Zusammenkleistern von inhaltsleerer Harmonie wird am Ende nicht helfen".

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht kommentiert zynisch, dass sich Merkel zurücklehnen und Fels in der Brandung spielen könne, solange die SPD weiter einen überwiegend kritisierenden Wahlkampf mache. Ihr fehlen klare Gegenpositionen. Die fehlen auch Moderatorin Sandra Maischberger und sie fordert Ansagen zur Steuerpolitik ein.

Wohin mit den Steuern?
Was haben die vier Parteien mit den 54 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen in den nächsten fünf Jahren vor? Echter Klartext kam dabei leider nicht herum - zumal CDU und SPD erst Ende Juni ihre Steuerprogramme vorlegen wollen. Trotzdem machten die Politiker Ansagen. Die klarsten Vorstellungen hat die Linke, die für Spitzenverdiener ab 70.000 Euro die Steuersätze anheben will. Sie fordert Entlastungen für Geringverdiener, mehr Beiträge von Vermögenden und Spitzensätze von 75 Prozent für Menschen, die über eine Million Euro verdienen. Katja Suding hält davon nichts: "Die Konjunktur brummt, jetzt ist es an der Zeit etwas zurückzugeben an jene, die hart arbeiten." Und zwar auch über Steuern: Sie will die kalte Progression und den Soli abschaffen.

SPD-Vize Stegner sagt, seine Partei diskutiere noch darüber, die Vermögenssteuer wieder einführen und denke ebenfalls über die Erbschaftssteuer nach. Er will die viel zitierte soziale Gerechtigkeit aber anders erreichen. Normalverdiener könne man beispielsweise durch Änderungen der Krankenkassenbeiträge oder Unterstützung in der Kinderbetreuung entlasten.

Uneins sind die Politiker darüber, ob genug Geld in Bildung und Infrastruktur gesteckt wird. CDU-Generalsekretär Tauber weist auf den "höchsten Bildungsetat seit jeher" hin, er verstehe nicht, wieso die SPD diesen Erfolg nun klein rede. Katja Suding hingegen fordert Investitionen in die digitale Infrastruktur - sonst würden andere Ländern ihre Wettbewerbsvorteile nutzen und Deutschland zurücklassen.

Sicherheit und Sicherheitsgefühl

Maischberger will von ihren Gästen hören, wie in Deutschland mehr Sicherheit geschaffen werden oder zumindes das Sicherheitsgefühl wachsen könne. Ralf Stegner wehrt sich aber zuerst einmal dagegen, innere Sicherheit vor allem als NRW-Problem anzuprangern: Über Jahre hinweg seien in Deutschland unglaubliche Fehler gemacht worden, die dürfe man nun nicht alle seinem Parteifreund und NRW-Innenminister Ralf Jäger in die Schuhe schieben.

Sahra Wagenknecht findet, man hätte die Ankunft von einer Million Flüchtlingen anders vorbereiten können und muss sich dafür von Tauber sagen lassen, sie klinge wie die AfD. Der CDU-Mann verspricht, die Schleierfahndung mit dem neuen CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet auch in NRW einzuführen.

Katja Suding hält von derlei Maßnahmen nichts, da werde "scheinbare Sicherheit vorgegaukelt." Auch in Frankreich gebe es Vorratsdatenspeicherung - und dennoch sei keiner der Anschläge verhindert worden. Sie schlägt stattdessen vor, die Polizei durch Bürokratieabbau zu entlasten. Sahra Wagenknecht hält das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung auch für eine Folge der sozialen Spaltung, da wachse zudem auch die Kriminalität. Peter Tauber kritisiert den SPD-Wunsch nach mehr Polizei, man müsse sie dann auch besser ausstatten.

Ja oder Nein?

Zum Abschluss stellt Moderatorin Maischberger "Ja-Nein"-Fragen. Alle vier Parteien-Vertreter sprechen sich gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. Ob die Bundeswehr die Türkei verlassen soll, finden SPD und CDU zu schwierig für ein simples "Ja" oder "Nein", die kleinen Parteien sagen hingegen "Ja". Bei zwei weiteren Themen steht die CDU alleine da: Nur sie will den Doppelpass abschaffen und nur sie stellt sich weiterhin gegen die sogenannte Homo-Ehe.

Zum Ende darf dann auch Journalist Robin Alexander nochmal etwas sagen - und zwar zum Thema Koalitionen. "Merkel hat Gefallen daran gefunden, mit der SPD zu regieren - um die Kanzlerin herum hätten aber viele lieber Schwarz-Grün, andere wollen eine bürgerliche Koalition mit der FDP. Nur mit Frau Wagenknecht will niemand".

(juju)
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