Köln RTL lässt Starfighter wieder abheben

Köln · Hintergrund des actionreichen Films ist der größte Rüstungsskandal in der deutschen Geschichte.

Die schnittige Silhouette des F-104 G "Starfighter", der mehr als zweifache Schallgeschwindigkeit erreichte, war bis in die 1990er Jahre häufig am Himmel über Westdeutschland zu sehen. Die deutsche Luftwaffe beherrschte das komplexe, unausgereifte und keinen Fehler verzeihende Kampfflugzeug, mit seinen kurzen und dünnen Tragflächen fast eine Rakete, aber zunächst nicht: Es gab 269 Abstürze, 116 Piloten starben, darunter Joachim von Hassel, der Sohn des damaligen Verteidigungsministers. Insgesamt mussten durch Unfälle 300 Maschinen abgeschrieben werden, ein Skandal, der - aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar - erschreckend lange Zeit folgenlos blieb. Erst die mutigen Piloten-Witwen erkämpften mit einem Prozess in den USA gegen den Hersteller Lockheed schließlich ein Umdenken.

RTL beleuchtet die Krise mit einem Historiendrama in beeindruckenden Bildern. "Starfighter - sie wollten den Himmel erobern" wird heute Abend um 20.15 Uhr gesendet, mit einer gewollten mehrmonatigen Verzögerung zum ursprünglich geplanten Ausstrahlungsdatum im April. Denn der Film zeigt auch, wie ein deutscher Luftwaffen-Pilot durch die defekte Klimaanlage bewusstlos wird und schließlich mit seinem Jet in Skandinavien in einen Berg kracht - zu ähnlich sah dieser Unfall der 1960er Jahre dem Germanwings-Absturz am 24. März in den französischen Alpen.

Realistisch wirkende Computeranimationen lassen die F-104 wieder fliegen, die damals wenig schmeichelhaft "Witwenmacher", "Erdnagel" oder "Sargfighter" genannt wurde. Mit detailversessener Genauigkeit haben die Filmemacher die 1960er des bundesdeutschen Wirtschaftswunders wieder zum Leben erweckt. Dazu gehören auch die primitiven Namens-Klebestreifen auf den Pilotenhelmen, der VW "Käfer" und die "Ente" von Citroën, die Kleider und sogar die voluminösen Kinderwagen jener Zeit.

Die Autoren Kit Hopkins und Thilo Röscheisen haben eine Liebesgeschichte im Schatten der Abstürze platziert, was aber zum Glück nicht allzu kitschig ist, sondern eher die damalige Welt erklärt: Es war eine Zeit beginnender Geschlechter-Emanzipation, Freizügigkeit und Loslösung vom verstaubten Obrigkeitsstaat. Zugleich war Westdeutschland im Kalten Krieg ein bedrohter Frontstaat.

Der Film von "Zeitsprung Pictures" beginnt mit einem Schock, dem Absturz von vier F-104, die bei einem Kunstflugmanöver im Sommer 1965 in Nörvenich bei Köln in den Boden rammen. Die Produzenten bleiben eng in der Region: Schauplätze sind die Universität Köln, wo damals gegen die Notstandsgesetze demonstriert wurde, und das ehemalige Nato-Hauptquartier in Mönchengladbach-Rheindahlen, dessen kurz zuvor verlassene Wohnhäuser in dem Drama zur Siedlung in Nörvenich werden, wo die Piloten mit ihren Familien lebten. Alte Autos konnten tagelang durch das verlassene Areal kurven, ohne dass die Aufnahmeleitung auch nur eine Straße sperren musste. Bundeswehr-Reservisten vom Niederrhein wie Michael Wagner übernahmen Komparsen-Rollen: "Die Produktion eines historischen Films mit diesem Hintergrund war schon spannend und wehmütig zugleich, wenn man außerhalb des Sets den Verfall des Hauptquartiers ansehen musste", sagt Wagner.

Ergänzt wird das "Event-Movie" durch die Dokumentation von RTL-Chefmoderator Peter Klöppel, der selbst seinen Wehrdienst bei der Luftwaffe in Nörvenich bei Köln abgeleistet hat. Er widmet sich dem Schicksal der tatsächlichen Starfighter-Opfer, im Mittelpunkt die Witwe Elke von Hassel: "Mein Mann war Nummer 57."

"Starfighter", RTL, 20.15 Uhr

(mic)
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