München Kammerspiel der Einsamen

München · Matthias Brandt, Barbara Auer und Justus von Dohnányi brillieren in Christian Petzolds "Polizeiruf 110" aus München.

 Matthias Brandt und Barbara Auer spielen im Polizeiruf 110 aus München.

Matthias Brandt und Barbara Auer spielen im Polizeiruf 110 aus München.

Foto: BR, Christian Schulz

Der neue "Polizeiruf 110" mit Kommissar von Meuffels (Matthias Brandt) beginnt eher unappetitlich. Nach einer unschönen Szene auf dem Straßenstrich landet die Besitzerin der örtlichen Möbelmanufaktur auf einer Waldlichtung. Ihre Leiche wurde mit dem Kadaver ihres Hundes verscharrt. Schnell gerät der Ex-Mann des Opfers (stark: Justus von Dohnányi) in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Auch ihre Angestellten haben ein Motiv. Schließlich wollte die kaltherzige Chefin kurz vor ihrem Ableben das Unternehmen an einen englischen Finanzinvestor verkaufen und allen Mitarbeitern kündigen.

Fans von klassischen Krimis kommen bei den nun startenden Ermittlungen im "Polizeiruf 110" nicht immer auf ihre Kosten. Der Fall "Kreise" kommt recht langsam in die Gänge und nimmt erst gegen Ende Fahrt auf. Stattdessen hört der Zuschauer lange Dialoge über im Kreis fahrende Modelleisenbahnen, den süßen Schmerz unerwiderter Liebe und die Vorzüge von roten Sportwagen, die man sich eigentlich nicht leisten kann. Diese Passagen dürften eher etwas für Fans des gepflegten Kammerspiels sein.

Doch genau darauf legte es Regisseur Christian Petzold an. Er wollte die Geschichten von "ausgeschlossenen, erschöpften, versehrten, einsamen, aber auch großartig erwachsenen Menschen" erzählen, sagte er. Dies gelingt ihm auch deshalb glänzend, weil der stets verlassen und verletzlich wirkende von Meuffels in diesem Fall an der Seite einer gleichwertigen Partnerin ermittelt.

Kollegin Constanze Hermann (sehenswert dargestellt von Barbara Auer) kämpft noch immer gegen die Nachwehen ihrer Alkoholsucht und hat sich aus Hamburg in den Süden versetzen lassen. Zwischen von Meuffels und Hermann funkt es recht schnell, doch auch hier bleibt der Regisseur seiner Linie treu. Die Kommissare sehen sich an, sehen wieder weg, er holt einen Kaffee, sie trinkt ihn, er lädt sie zum Essen ein, sie sagt erst ab, dann wieder zu. Zwischendurch wird viel am offenen Fenster geraucht.

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Kurzum: Alles dreht sich lange im Kreis, und am Ende weiß niemand so genau, wo man eigentlich dran ist. Aber es gibt hervorragend inszenierte und gespielte Szenen, die den Zuschauer auch leiden lassen. Das spannend in Szene gesetzte Ende - auch wenn man schon länger ahnte, dass bei der Lösung des Falles die Modelleisenbahn eine größere Rolle spielen könnte - entschädigt für die ein oder andere Länge. Und Zuschauer, die von Meuffels die große Liebe wünschen, dürfen hoffen: Es bleibt nicht Auers letzter Auftritt im "Polizeiruf 110". Im übernächsten Fall "Wölfe" kehrt sie zurück.

"Polizeiruf 110 - Kreise", ARD, So., 20.15 Uhr

(RP)
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