Talkshows Medienexperte: ARD sollte nur zwei Politikmagazine senden

Berlin · Zu viele Politikmagazine, aber dennoch zu wenig Politik - zu diesem Schluss kommt der Medienexperte Bernd Gäbler in seiner am Samstag veröffentlichten Studie mit dem Titel "Wie politisch sind Politikmagazine im Fernsehen?".

Verzichtbare ARD-Talkshows
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Gäblers wichtigste Folgerung: Die ARD sollte die Zahl ihrer Magazine deutlich abbauen und sich auf bestenfalls zwei Marken konzentrieren. Diese Debatte hatte die ARD schon einmal vor ein paar Jahren.

Die ARD sendet im Ersten derzeit sechs verschiedene Politikmagazine immer dienstags und donnerstags um 21.45 Uhr: "Report Mainz", "Report München", "Monitor", "Panorama", "Fakt" und "Kontraste". Besonders die Magazine "Fakt" und "Kontraste" hätten im Beobachtungszeitraum zwischen September und Dezember 2014 "zu wenig eigene Recherchen aufzuweisen und kaum außergewöhnliche Beiträge entwickelt", heißt es in der Studie. Sie sollten im Ersten abgeschafft werden und in den Regionalprogrammen fortgeführt werden.

"Die jahrelange ARD-interne Debatte ist beendet", sagte ARD-Chefredakteur Thomas Baumann der Deutschen Presse-Agentur zu Gäblers Erkenntnissen. "Wir haben sechs sehr starke, eingeführte Marken. Es gibt keinen Grund, sie preiszugeben, zumal diese auch journalistische Vielfalt widerspiegeln." Ein Blick auf das ZDF, das mit "Frontal 21" eine hoch respektable Sendung mache, lehre: "Die Reduzierung auf eine Marke ist kein Garant für größeren Erfolg."

Wichtige Themen aus dem Tagesgeschäft der Politik stehen laut Studie zu wenig im Mittelpunkt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei nie Gegenstand der Analyse, allenfalls ein "Satire-Objekt". Parteien und Parlament würden nur gestreift, bei der Analyse gesellschaftspolitischer Großtrends seien Defizite auszumachen. Es dominierten simple Verbraucherthemen.

"Was sind "echte" Politthemen?", fragt dagegen Baumann. Gäbler habe da sicher eine andere Definition. "Für uns jedenfalls ist nicht nur politisch, was gerade in Ausschüssen des Deutschen Bundestages behandelt wird. Auch O-Töne von Politikern machen einen TV-Beitrag nicht per se zum politischen Beitrag. Wir hingegen meinen, dass auch Verbraucherthemen politisch sein können. Wenn wir etwa über die Zulassungsbedingungen von neuen Medikamenten berichten, dann ist das zweifellos ein relevantes, viele Menschen betreffendes Thema, mit dem sich eventuell auch der Gesetzgeber zu befassen hat."

Gäbler kritisierte bei der ARD neben der "ungenügenden Markenführung" auch den mit 30 Minuten zu knappen Raum für eine "variable Gestaltung". "Die ARD hat eine Güterabwägung vorgenommen", erklärte Baumann. "Eine Sendelänge von 45 statt 30 Minuten für die Magazine wäre schön. Wir haben uns aber entschieden, die "Tagesthemen" von 22.30 auf 22.15 Uhr vorzuziehen. Gerade weil uns aktuelle politische Information besonders wichtig ist. Angesichts der Tatsache, dass das Erste in aller Regel pro Woche mit zwei politischen Magazinen und dem Wirtschaftsmagazin "Plusminus" aufwartet, halten wir die Sendelänge von 30 Minuten für gut vertretbar."

Was der ARD laut Gäbler auch fehlt: die Online-Präsenz ihrer Magazine, die Bearbeitung für einen Youtube-Kanal, Hinweise auf Facebook oder Twitter-Tweets seien vernachlässigte Themen. Politikmagazine, so Gäbler, sollten nicht vom Mythos ihrer Vergangenheit" leben. Sie müssten wieder "informativ, investigativ, meinungsbildend, hintergründig, tiefschürfend" werden.

Dem ZDF und seinem einzigen Politikmagazin "Frontal 21" fehle es an redaktioneller Stärke, um ein kontinuierlich hohes Niveau zu halten, urteilt Gäbler weiter. "Spiegel TV" auf RTL habe sich zu einem "bunten Gesellschaftsmagazin" entwickelt. Gäbler, der früher unter anderem Geschäftsführer des Grimme-Instituts war, hatte die Studie im Auftrag der Otto Brenner Stiftung in Frankfurt angefertigt.

(dpa)
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