TV-Nachlese "Maybrit Illner" Druck der Integration lastet auf den Hilfsorganisationen

Düsseldorf · Der Streit um den Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel beschäftigte die Gäste bei Maybrit Illner. Dabei wurde klar, dass das Problem nicht bei den Zuwanderern liegt, sondern in der verfehlten Sozialpolitik.

Darum ging's Maybrit Illner verknüpfte den Streit um die Essener Tafel mit der Flüchtlingsthematik. Seit dem September 2015 sei aus dem "Wir schaffen das" der Kanzlerin ein "Ihr schafft das schon" geworden. Immer mehr Menschen stünden für Lebensmittel bei den Tafeln an. Lässt die Politik nicht nur die Armen, sondern auch die Helfer im Stich?, fragt Moderatorin Maybrit Illner. Das sei das Dilemma, wenn es nicht mehr für alle reiche.

Darum ging's wirklich Vor allem zum Ende hin driftete die Sendung ins Chaotische. Zunächst waren sich vor allem die weiblichen Gäste einig, dass die These der Sendung nicht haltbar ist: Hilfsbedürftige gegeneinander auszuspielen nutze nichts. Trotzdem wurde munter diskutiert, mal über die Essener Tafel und den Aufnahmestopp für Ausländer, mal über die "unkontrollierte Zuwanderung", die Paul Ziemiak immer wieder ins Gespräch brachte.

  • Leni Breymaier (SPD), Gewerkschafterin
  • Annalena Baerbock (Grüne), Parteivorsitzende
  • Friederike Sittler, Journalistin und Theologin
  • Paul Ziemiak (CDU), Vorsitzender der Jungen Union
  • Rudi Löffelsend, Caritas Flüchtlingshilfe Essen
  • Bernhard Matheis (CDU), Oberbürgermeister von Pirmasens

Der Frontverlauf

Dass der Streit um den Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel nicht pauschal für die Zustände in den Tafeln in ganz Deutschland steht, zeigte schon der erste Gesprächspartner von Moderatorin Maybrit Illner. Rudi Löffelsend von der Caritas-Flüchtlingshilfe in Essen, erklärte sofort, wie man die Essensausgabe anders regeln könnte. Das Beispiel anderer Tafeln zeige, dass man die Essensausgabe mit Zeitkontingenten oder nach Alter der Bedürftigen und dem Familienstand regeln könnte. Nach Nationalität zu selektieren sei eine "ungute Lösung".

Friederike Sittler, die Initiatorin der Hilfsaktion "Laib und Seele" in Berlin, brachte es weiter auf den Punkt. Es gebe Tafelgrundsätze. Einer von ihnen laute: "Jeder, der Hilfe benötigt, kann zur Tafel kommen." Wer diese Grundsätze nicht einhalte, dürfe sich nicht Tafel nennen. Es gebe keine Bedürftigen 1. oder 2. Klasse. Die Theologin engagiert sich seit 13 Jahren unter anderem für die Tafeln in Berlin. "Natürlich muss man auch Konflikte aushalten. Ich habe meine Sozialromantik verloren."

Auch die baden-württembergische SPD-Politikerin Leni Breymaier fand die Zuspitzung des Sendungsthemas problematisch. "Wir sind in der Situation, dass wir Alte, Alleinerziehende und Flüchtlinge gegeneinander auspielen", sagte sie. Dabei gebe es keinen Konflikt Flüchtlinge gegen Alte oder Alleinerziehende. Es gebe einen Konflikt Reiche gegen Arme.

Paul Ziemiak (CDU) sah das erwartungsgemäß anders. Er zeigte Verständnis für den "Hilferuf" der Essener Tafel. Wer sich nicht benehmen könne, müsse Hausverbot bekommen, betonte er gleich mehrfach. Immer wieder lieferte er sich kleine Wort-Scharmützel mit der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock. Es sei nicht fair, wenn man Bedürftige gleicher Nationalität ausschließe, nur weil sich einer daneben benehme. Das sei "Sippenhaft". Friedrike Sittler gab Ziemiak auch kräftig kontra. "Sie müssen nicht entscheiden, wie wir das bei der Tafel machen. Das können wir schon selbst."

Stirnrunzeln und Kopfschütteln rief Ziemiak auch mit seiner Definition der Daseinsberechtigung der Tafel hervor. Er finde es gut, dass es so viele Tafeln gibt. Und dass die Zahl der Tafeln in den vergangenen Jahren gestiegen sei, sei kein Hinweis darauf, dass es mehr Armut gebe. Im Gegenteil: "Es ist ein Anzeichen dafür, dass wir vernünftig mit unseren Lebensmitteln umgehen", sagte er.

Dem widersprachen sowohl Breymaier als auch Sittler. Breymaier sagte, dass das ein Ausdruck von Armut sei. Sittler betonte, dass es viele Gründe gebe, warum Menschen in schwierigen Lebenssituationen sich entscheiden, zur Tafel zu gehen. Die Tafeln seien eine Extra-Leistung für Menschen mit wenig Geld und kein Ersatz für staatliche Leistungen. Sie kenne Fälle, in denen das Jobcenter Menschen zu Tafel schickt, wenn es Leistungen nicht rechtzeitig ausgezahlt hat. "Das kann nicht sein."

(heif)
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