Maybrit Illner diskutiert über Fluchtursachen Lafontaine bringt von der Leyen in Rage

Düsseldorf · Maybrit Illner will in ihrem Talk über die Flüchtlingskrise reden – allerdings diesmal über die Bekämpfung der Fluchtursachen. Das liefert Zündstoff. Von der Leyen gerät mit Lafontaine aneinander, ein US-Militär hofft auf Europa. Illners Gäste geben einen guten Einblick, wie die internationale Politik tickt. Der TV-Talk im Schnellcheck.

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Linken-Politiker Oskar Lafontaine waren bei Maybrit Illner zu Gast.

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Linken-Politiker Oskar Lafontaine waren bei Maybrit Illner zu Gast.

Foto: Screenshot ZDF

Maybrit Illner will in ihrem Talk über die Flüchtlingskrise reden — allerdings diesmal über die Bekämpfung der Fluchtursachen. Das liefert Zündstoff. Von der Leyen gerät mit Lafontaine aneinander, ein US-Militär hofft auf Europa. Illners Gäste geben einen guten Einblick, wie die internationale Politik tickt. Der TV-Talk im Schnellcheck.

Darum ging's

"Wir müssen über Fluchtursachen reden" — mit diesem Satz leitete die Moderatorin ihren Talk unter dem Titel "Terror, Krieg, Flucht — welche Verantwortung hat der Westen?" ein. Welche Rolle spielen die internationalen Akteure, insbesondere auch die USA? Welche Bündnisse braucht es, um den Krieg in Syrien zu beenden?

Darum ging's wirklich

Zunächst schien sich alles wieder auf die Lösung der Flüchtlingskrise in Europa zu konzentrieren. Der Koalitionsstreit mit der CSU kam zur Sprache und erneut auch, ob Bundeskanzlerin Merkel richtig handelte, als sie die syrischen Flüchtlinge ins Land ließ. Doch nach gut einer Viertelstunde ging es dann tatsächlich um die Krise in Syrien selbst sowie um die Lehren, die man aus den Fehlern im Irak, Lybien oder Afghanistan ziehen muss. Welche Rolle spielen die Türkei und Russland in der Krise? Darf man mit diesen Akteuren an der Lösung des Konfliktes arbeiten? All das steht im Fokus.

Die Runde

Maybrit Illner hatte eine internationale Runde eingeladen, die so gut wie alle Positionen abdeckte: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen als Verteidigerin der deutschen, wenn nicht sogar der europäischen Strategie. Linken-Politiker Oskar Lafontaine als kritische Stimme, die die USA scharf attackiert. Die Vereinigten Staaten wiederum wurden von Ben Hodges, kommandierendem General des US-Heeres in Europa vertreten. Für die Syrer sprach der syrische Journalist Aktham Suliman, und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn war der ausgleichende und vermittelnde Pol.

Interessantester Gast

Mit Sicherheit der US-General, der einen Einblick in das für Europäer manchmal schwer nachzuvollziehende Denken der US-Amerikaner gab. Er fand warme Worte für die Kanzlerin ("Ihr Führungswille hat mich beeindruckt") und ließ auch kein schlechtes Wort über Russlands Präsident Wladimir Putin oder dessen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan fallen. Die Fragen Illners beantwortete er ausweichend, etwa als es darum ging, ob die USA denn nicht auch mehr Flüchtlinge aufnehmen müssten. Hodges betonte, wie viel Geld sein Land für Hilfsorganisationen vor Ort ausgegeben habe, damit die Menschen eben dort bleiben und nicht fliehen müssten. Und er machte mit seinen Worten klar, dass die USA die Lösung der Krise bei Europa sehen: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Führung in Europa das am Ende hinbekommt." Er betonte, dass sein Land eben aufgrund der Erfahrung bezüglich Afghanistan oder des Irak-Kriegs nichts mehr allein tun kann, sondern nach Verbündeten sucht. Dass man gelernt habe, dass militärische Gewalt "nur ein kleines Steinchen sein kann", aber ohne Diplomatie wirkungslos sei.

Aggressivster Gast

Eindeutig Oskar Lafontaine. Ganz seiner Rolle als linker Politiker entsprechend griff er die USA massiv an und machte sie verantwortlich für das Erstarken des IS im Irak und Syrien. Man müsse aufhören, Öl- und Gas-Kriege zu führen. Die USA müssten aufhören zu sagen, ein Regime, das nicht passe, müsse weg. So gehe es etwa den Irakern viel schlechter als zu Zeiten von Saddam Hussein, auch wenn das ein schlimmer Diktator gewesen sei. Ähnlich sei es in Libyen. "Im Grunde genommen ist der Islamische Staat — wenn man so will — ein Ergebnis der verfehlten US-Politik", sagte er — und fordert zugleich in Richtung Deutschland und Europa: "Wir müssen aufhören, Waffen in dieses Gebiet zu schicken."

Spannenstes Wortgefecht

Das hatte Lafontaine mit seiner Waffen-Forderung herausgefordert. Denn da schien Ministerin von der Leyen, die sich bis dahin zurückgehalten hatte (und so zunächst auch ein wenig blass wirkte), doch ein wenig der Kragen zu platzen.

von der Leyen: "Wenn ich Sie höre, dass wir keine Waffen mehr schicken sollen. Dann hätten Sie im letzten Jahr wohl einfach zugeguckt, wie der IS Jesiden abschlachtet, wie er die Peschmerga überrennt", sagte die Ministerin. Wahrscheinlich hätte Lafontaine damals gesagt: Keine Waffen in diese Region, wir gucken von außen zu und halten uns da raus, schlussfolgert die Ministerin.

Lafontaine: "Frau von der Leyen, der IS kämpft auch mit deutschen Waffen, falls sie das noch nicht wissen."

von der Leyen: "Man muss manchmal Verantwortung übernehmen, und wir haben im letzten Jahr Verantwortung übernommen."

Lafontaine: "Der IS kämpft mit deutschen Waffen"

von der Leyen: "Die Peschmerga waren die erste Gruppe, die in der Lage war, den IS zurückzudrängen." Und man solle aufhören, ständig die Verantwortung bei den USA zu suchen. Und später: "Wir haben einen gemeinsamen Feind, und das ist der IS."

Erkenntnis

Die Sendung gab einen guten Einblick, wie die einzelnen Akteure in der Krise ticken. Und letztlich auch, dass die Fluchtursachen immer erst dann angegangen werden, wenn die Katastrophe — sprich hier der enorme Flüchtlingstrom — schon da ist. Eine wirkliche Lösung, wie man dem beikommen kann, fand auch die Runde nicht. Klar wurde jedoch, dass wohl so keiner richtig ausschließen wollte, notfalls mit schwierigen Partner zusammenzuarbeiten - auch wenn man mit der Politik eines Putin oder eines Erdogan nicht immer einverstanden sein mag. Oder wie es von der Leyen ausdrückte: Man komme nicht weiter, wenn man immer schaue, was der andere Falsches gemacht habe, sondern es müssten sich alle internationalen Kräfte rund um Syrien (und damit schloss sie sicherlich auch die arabischen Staaten ein) zusammensetzen und einen Minimalkonsens finden und wen man nun bekämpfen müsse — "und das muss der IS sein".

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(das)
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