Maybrit Illner und die Renten-Angst Der Staat als Schurke

Düsseldorf · Maybrit Illner lässt über das Elend der Rentenvorsorge diskutieren. Eine Putzfrau schildert ihre Angst vor dem Nichts nach 41 Beitragsjahren. Ein Regierungspolitiker warnt davor, dem Staat Geld anzuvertrauen. Der TV-Check.

Das ist die TV-Journalistin Maybrit Illner beruflich und privat.
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Das ist Maybrit Illner

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Foto: Illner Maybrit Screenshot ZDF

Darum ging's

Was wird aus der Rente? Mit den Niedrigzinsen ist die ehemals gefeierte Riester​-Rente für viel zu viele ein Minus-Geschäft geworden. Illner fragt: "Länger schuften, mehr vorsorgen. Und im Alter trotzdem arm?"

Darum ging's wirklich

Schwarzer Peter. Der Versicherungsvertreter schiebt alles den Niedrigzinsen und der Politik in die Schuhe, der Politik-Vertreter den provisionsgeilen Vermittlern, der Chef des Bundes der Versicherten wirft der Versicherungswirtschaft vor, auf Kosten ihrer Kunden zu leben. Dass Sahra Wagenknecht (Linke) den Kapitalismus kritisiert — geschenkt. Der Erkenntniswert der Sendung liegt nahe Null.

Die Runde

  • Carsten Linnemann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung: "Die Versicherer lassen die Kunden nach Vertragsabschluss allein."
  • Sahra Wagenknecht (Linke): "Die Riester-Rente ist der Goldesel der Versicherungsbranche."
  • Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten: "Man muss 100 Jahre alt werden, um das herauszubekommen, was man einbezahlt hat."
  • Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz: "Man muss Eigenvorsorge betreiben und sparen, auch wenn es keinen Spaß macht."

Die Kronzeugin

Als lebender Beweis für die Ungerechtigkeit des bestehenden Systems ist die Reinigungskraft Petra Vogel eingeladen. 41 Jahre wird sie bald in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt haben, das läuft für sie am Ende auf maximal 730 Euro monatlich hinaus, unterhalb der Armutsgrenze. Private Vorsorge kann sie sich nicht mehr leisten. Sie sagt: "Ich weiß nicht, was aus mir wird. Wir Älteren haben alle Angst."

Frontverlauf

Vor allem anfangs sind die Lager klar verteilt. Wagenknecht und Kleinlein werfen den Versicherern und Politik vor, ein Monster geschaffen zu haben: ellenlange Verträge mit seitenweise Kleingedrucktem, die niemand versteht, alles mit hohen Renditen für die Versicherungswirtschaft, während für die Sparer nichts mehr übrigbleibt. Selbst Experten hätten vielfach keinen Durchblick mehr.

Heise wehrt sich. Noch immer werfe die privaten Vorsorge positive Renditen ab. Angesichts der demografischen Entwicklung geht in seinen Augen kein Weg daran vorbei. Linnemann sieht vor allem bei den Vermittlern viele schwarze Schafe. Aber auch er betont: Private Vorsorge muss sein. Er kündigt Verbesserungen an: Die Koalition werde bei der Grundsicherung Freibeträge für Betriebsrenten und Riester-Leistungen einführen. Es könne nicht sein, dass jemand privat vorsorge und am Ende nicht mehr habe als jemand, der dies nicht getan habe.

Bemerkung des Abends

Mit Linnemann äußert ausgerechnet ein Politiker einer Regierungspartei massive Zweifel an der Verlässlichkeit der Politik. Es geht um das in Hessen erfundene Konstrukt der Deutschland-Rente. Die Idee: Rentengelder fließen in einen staatlich betreuten, zentralen Aktienfonds, dadurch fallen Gewinninteressen weg und Versicherte profitieren in vollem Umfang.

Dazu Linnemann: "Das Problem ist, wenn die Politik Geld hat, ist die Wahrscheinlichkeit nennenswert, dass irgendeine Regierung dann reingreift und das Geld für andere Zwecke verwendet."

Auch Heise hat erhebliche Zweifel, ob beim Staat für die ferne Zukunft gedachte Gelder gut aufgehoben sind. Er verweist auf fehlende Absicherung. Wer denn dann einspringe, wenn es Einbrüche an der Börse gebe, fragt er. Der Steuerzahler?

Erkenntnis

Wo viel Geld fließt, sind auch viele Gewinninteressen. Fast zwangsläufig will daher auch bei Rente und Vorsorge jeder etwas mitnehmen. Private Versicherer kosten Geld, nicht nur aus legitimem Eigeninteresse, sondern auch um Kunden gegen Risiken am Aktienmarkt abzusichern. Eine zentrale Deutschland-Rente könnte die Kosten senken.

(pst)
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