Christoph M. Ohrt "Man kann sehr gut ohne Handy leben"

Der Schauspieler ist in seinem neuen Film auf Digital-Entzug. Ein Gespräch über Gewohnheiten, Facebook und Netflix.

In der Komödie "Hilfe, wir sind offline!" geht es um eine Familie, die vier Wochen lang auf Handy & Co verzichtet. Wie ist das bei Ihnen: Sind Sie eher der digitale oder analoge Typ?

Christoph M. Ohrt Ich bin kein großer Technik-Freak. Ich habe natürlich ein Handy und skype mit meinen Kindern, aber abhängig davon bin ich nicht.

Sie können also durchaus mal ohne Handy auskommen?

ohrt Das werde ich mal versuchen. Man denkt oft, man kann gar nicht mehr ohne Handy leben. Das kann man aber sehr gut - alles nur eine Frage der Gewöhnung.

Gibt es für Sie Tabus, also handyfreie Zonen oder Zeiten?

Ohrt In sozialen Situationen, also wenn man etwa beim Essen am Tisch sitzt, darf es nicht konstant plingplang machen, das geht gar nicht, das macht mich irre.

Wie tolerant sind Sie denn bei Ihren Kindern?

Ohrt Gar nicht. Wenn es schon mal so weit ist, dass alle zusammenkommen, dann ist klar, dass keine Handys dabei sind. Das wissen meine Kinder aber auch von selbst.

Eine vierwöchige Handy-Auszeit wie im Film wäre für Ihre Familie also eher nicht denkbar ...?

Ohrt Man muss das vorbereiten. Ich glaube, dass das schon funktionieren würde, wenn man sagt, wir fahren jetzt mal für vier Wochen auf eine Insel und sind jetzt vier Wochen lang nicht erreichbar, außer in einem Notfall. Ich glaube auch, dass meine Kinder fähig wären, sich ohne die Dinger zu amüsieren.

Im Alltag würde es aber schwieriger werden, wenn man auch noch auf Laptop und Internet verzichten müsste.

Ohrt Natürlich hätte man da Entzugserscheinungen. Es geht aber nicht nur um einen selbst. Alle anderen setzen ja voraus, dass man so etwas nicht macht. Wenn alle davon ausgehen, dass man konstant erreichbar ist, müsste man theoretisch allen sagen, dass man es nicht ist. Ich bin immer dafür, einen Mittelweg zu finden. Es gibt Menschen, die es brauchen, immer erreichbar zu sein. Ich brauche es in meinem Beruf nicht. Das muss jeder für sich selber wissen. Aber es schadet sicher nicht, darüber nachzudenken.

Thema Smartphone. Nervt es Sie eigentlich, wenn Fans nach einem Selfie mit Ihnen fragen?

Ohrt Das kommt darauf an, wie gefragt wird. Die meisten sind respektvoll und höflich. Da habe ich überhaupt kein Problem mit. Unangenehm wird es aber, wenn Menschen einem auf die Pelle rücken und gar nicht mehr ablassen. Das passiert allerdings ganz selten.

Nutzen Sie soziale Medien, um mit Ihren Fans Kontakt zu halten?

Ohrt Das müsste ich eigentlich häufiger machen. Meine Tochter sagt das auch immer. Aber ich bin da halt nicht mit aufgewachsen. Meistens vergesse ich einfach, dass ich so eine Seite auf Facebook habe. Dann fällt's mir wieder ein, und ich schreibe etwas. Vielleicht sollte das jemand anderes für mich machen.

Immerhin machen Sie es selbst.

Ohrt Noch - wenn ich daran denke.

Sind Sie auch schon mal Opfer eines Shitstorms geworden?

Ohrt Nein, das habe ich noch nicht erlebt, zum Glück. Es ist eine Form des Kommunizierens, die mich abstößt und mit der ich nichts zu tun haben möchte. Ich bewundere jeden, der sich dem aussetzt und darauf reagiert. Aber ich stehe da wie der Ochs vorm Berg und weiß nicht, wie ich mich verhalten sollte. Jemanden, der eine festgefügte Meinung hat, mit einer kleinen Textmessage von etwas zu überzeugen, halte ich für unmöglich. Das klappt ja nicht einmal, wenn man sich mit so jemandem tagelang auseinander setzt.

Man weiß nicht, wie man sich verhalten soll.

Ohrt Na ja, ich verhalte mich, indem ich mich nicht verhalte. Ich bin auch nicht sicher, ob es unbedingt besser wird, wenn alle ihren Senf dazugeben. Die Möglichkeit, alles in die Welt hinauszuposaunen, was einem gerade durch den Kopf geht, kann auch nach hinten losgehen. Und ich habe nicht die Fähigkeit, Menschen, die so reden, vom Gegenteil zu überzeugen.

Eine andere Facette unserer digitalen Welt sind Streaming-Dienste. Profitieren Sie als Schauspieler davon, weil diese Dienste auch als Produzenten auftreten?

Ohrt Gemerkt habe ich das bisher zwar noch nicht, aber für uns Schauspieler ist das natürlich super. Die Zeiten, als man sagte, ich bin nur Film- oder Theaterschauspieler, sind lange vorbei. Eine Serie bei Netflix, da wäre ich der Erste, der auf der Matte steht. Ich halte Netflix für genial. Was die in den vergangenen Jahren auf den Markt gebracht haben, ist erstaunlich. Es ist grandios, dass so viele Geschichten erzählt werden.

Sie sind ja durch Serien wie "Das Nest" und später "Edel & Starck" bekannt geworden. Jetzt haben Sie schon länger in keiner Serie mehr gespielt. Mangelt es an Angeboten?

Ohrt Es kommt gar nichts. Nun habe ich schon viele Serien gemacht, und wie es momentan läuft, da habe ich auch nichts dagegen. Eine Serie zu drehen, zehn Monate im Jahr, das ist zwar toll, aber auch sehr anstrengend.

Sie haben auch in einigen US-Serien mitgespielt. Strecken Sie da weiter Ihre Fühler aus?

Ohrt Das könnte ich noch mal angehen. Aber ich bin eher der abwartende Typ. Nach 40 Jahren in dem Beruf immer noch solchen Sachen hinterherzulaufen, das ist schon sehr ermüdend. Da denkt man: Wenn nix kommt, dann kommt eben nix. Ich habe auch gar nichts dagegen, in Deutschland zu drehen.

JÖRG ISRINGHAUS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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