Waldemar Hartmann Lieber Stammtisch als Kreuzverhör

Berlin · Sportreporter Waldemar Hartmann hat es in der Branche zum Original gebracht. Heute wird "Waldi" 70 Jahre alt.

Der Wutausbruch von Rudi Völler. Das Debakel als Telefonjoker bei Günther Jauch. Fernsehen und Fußball. Der Schnurrbart. Über all das wird zu reden sein, wenn Waldemar "Waldi" Hartmann heute 70 Jahre alt wird. Er weiß das natürlich. Der Moderator und Fußballkenner hatte in 40 Jahren Karriere etliche dicke Balken von Schlagzeilen.

Er war die "Duz-Maschine", das "Urviech", der "Weißbier-Waldi". Spoiler: Beim Interview im Berliner Café Einstein trinkt er Kaffee und Wasser mit viel Eis. Das mit dem Weißbier ist nur eines von vielen Klischees. Immer noch sprechen ihn die Leute auf seinen Schnauzbart an. Dabei sei der jetzt seit fast 20 Jahren weg, sagt Hartmann. Ein "Rasierunfall" sei das damals gewesen, sagt Hartmann. Seitdem bleibt der Bart grundsätzlich ab.

2012 hatte die ARD seine Sendung "Waldis Club" beendet, mit etwas Knirschen. Etliche Jahre Fernsehen, Olympische Spiele, Fußball-WM und -EM - der Marathon ist heute vorbei. Aber von der Bildfläche verschwunden ist Hartmann nicht.

Jeden Morgen liest er Newsletter und Zeitungen. Um halb neun guckt er im Videotext nach der Quote. "Das ist für mich keine Arbeit", sagt Hartmann. "Ich will wissen, was in der Branche passiert und wie schnell sich das Personalkarussell dreht. Wunderbar, das von außen zu beobachten." Ihm fehle nichts, weil er ja ab und zu mal vorturnen dürfe. "Hin und wieder bin ich mal bei einer Quizshow oder bei Markus Lanz. Da musst du auf dem Laufenden bleiben."

Zwei Mal hat Hartmann den ganz großen Mediendonner erlebt - und damit gut verdient. "Ich hatte einmal richtig Glück und einmal richtig Pech. Aber beides hat sich danach für mich als Bonus herausgestellt, sogar im pekuniären Bereich."

Mediendonner 1: Das Interview mit dem wütenden Rudi Völler im Jahr 2003 war tagelang ein nationales Thema. "Das war ein irrer Hype." Damals schimpfte Völler nach dem 0:0 der deutschen Fußballer in Island in Richtung der Moderatoren Günter Netzer und Gerhard Delling. Hartmann bekam eine Grätsche ab: "Du sitzt hier locker bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken."

Das mit dem Bier stimmte laut Hartmann nicht. "Ein Weißbierspezialist bin ich nicht, eher für Wodka, mein abendliches Bargetränk. Natürlich trinke ich schon mal ein Weißbier, aber sicher nicht drei." Er sei da als Bayer quasi in Sippenhaftung gekommen, so sei Völlers Erklärung gewesen. Völlers Vulkanausbruch verschaffte Hartmann einen zehnjährigen Vertrag als Weißbierbotschafter.

Mediendonner 2: Der Fußball-Experte vergeigte 2013 einen Auftritt als Telefonjoker bei "Wer wird Millionär?". Auf die Frage, welche Nation den WM-Titel noch nie bei einem Turnier im eigenen Land gewonnen habe, sagte Hartmann: Deutschland. Falsch. Autsch.

Aber der Blackout war gute Werbung für Hartmanns Buch, "Dritte Halbzeit". Und der Medienprofi wusste, was zu tun war: Die "Jetzt rede ich"-Nummer war gefragt. "Bei Markus Lanz habe ich erklärt, was ich für ein Vollpfosten war. Ich habe mich selbst zum Tor des Jahres ernannt. Danach folgte im Netz dann ein sogenannter Candy Storm und alles war wieder gut."

Hartmann, früher Kneipenwirt in Augsburg, mag als Moderator lieber die Methode Stammtisch als das Kreuzverhör. Heute sind ihm die Gespräche im Fernsehen oft zu konfrontativ. Als Höhepunkt seiner Karriere nennt Hartmann die Sendungen mit dem Satiriker Harald Schmidt. "Wir haben uns blind verstanden. Übrigens bis heute." Im aktuellen Fernsehen mag er den Stil von ZDF-Mann Rudi Cerne. "Wenn ich mir Rudi anschaue, der sieht noch so aus wie vor 25 Jahren und er moderiert wie vor 25 Jahren. Es ist für mich ein hoher Genuss, weil es völlig unaufgeregt ist.Rudi moderiert ehrlich und unprätentiös, während sich viele selbst inszenieren."

Über Bundestrainer Jogi Löw macht sich Hartmann ein bisschen lustig. "Wenn Bundestrainer schon Werbung machen, ist das okay. Aber ob es dann für Nivea sein muss?" Über sich selbst sagt Hartmann, sein Weg sei noch nicht zu Ende. "Es geht erst los." Zur Weltmeisterschaft im Sommer 2018 in Russland will er bei einem Startup auf Facebook und Instagram loslegen.

(dpa)
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