Merkel zu Gast im TV-Talk Weiter so bei Anne Will

Düsseldorf · Die ARD-Talkmasterin interviewte Angela Merkel zu ihrer vierten Kandidatur und ließ anschließend ihre Gäste über die Entscheidung der Kanzlerin diskutieren.

 Die Bundeskanzlerin zu Gast bei Anne Will.

Die Bundeskanzlerin zu Gast bei Anne Will.

Foto: Screenshot ARD Mediathek/Anne Will

Wenn die Nachricht der Woche am Sonntagabend kommt, dann ist die Themensetzung bei Anne Will im Ersten eine Selbstverständlichkeit. So fragte die Moderatorin: "Merkels Entscheidung — Das richtige Signal in unsicheren Zeiten?" Zunächst befragte sie 25 Minuten lang im Einzelinterview die Kanzlerin selbst dazu. Dabei zeigte sich, dass es vor allem zwei Gründe waren, die Merkel bewegt haben, noch einmal anzutreten.

Zum einen wollte sie in diesen schwierigen Zeiten nicht den Eindruck erwecken davonzulaufen. Zum anderen ist sie zur Erkenntnis gekommen, dem Land noch etwas geben zu können. Auf Nachfrage listete sie jene Forderungen auf, die der CDU-Vorstand an diesem Tag als Leitantrag für den kommenden Parteitag beraten hat: mehr Vorsorge fürs Alter, Baukindergeld für junge Eltern, eine sichere Rente.

Im Anschluss diskutierten "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, die saarländische Ministerpräsidentin Anngegret Kramp-Karrenbauer (CDU), der Psychotherapeut Hans-Joachim Maaz und der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit (SPD) eben die Frage, ob Merkels erneute Kandidatur das richtige Signal sei.

Der einzige Merkel-Kritiker in der Runde, Hans-Joachim Maaz, lieferte eine schwache Vorstellung. Er warf Angela Merkel "puren Populismus" und "Phrasen ohne Inhalt" vor. Doch seine Ausführungen blieben am Ende abstrakter, als das, was die Kanzlerin zuvor gesagt hatte. Angesichts der diffusen Kritik sah sich sogar der Sozialdemokrat Wowereit herausgefordert, die Kanzlerin zu verteidigen. Er wollte von Maaz wissen, was Merkel denn konkret unternehmen solle. Daraufhin verlangte der Psychotherapeut Visionen von der Regierungschefin.

Dass Kramp-Karrenbauer, die gelegentlich auch schon als mögliche Nachfolgerin Merkels gehandelt wurde, die Kanzlerin und ihre Entscheidung tapfer verteidigte, war keine Überraschung. Dass aber auch "Zeit"-Chefredakteur Giovanni die Lorenzo Merkels Entscheidung mit Verve verteidigte, war in dieser Deutlichkeit überraschend. "Was würden wir sagen, wenn sie gesagt hätte, sie macht es nicht", fragte der Journalist und befand, das wäre die schlimmere Alternative.

Offensichtlich wurde in dieser Sendung auch, dass die politische Führung des Landes sich nicht länger als Elite beschimpfen lassen will, die im Gegensatz zum Volk stehe. Das muss auch im CDU-Vorstand Thema gewesen sein, so deutlich wie Merkel und Kramp-Karrenbauer in diesem Punkt wurden. Merkel hatte im Interview gesagt, dass nicht eine kleine Gruppe definieren könne, sie sei das Volk und die anderen seien die Elite. Kramp-Karrenbauer erklärte vehement, sie lasse sich nicht sagen, sie verrate das Volk, nur weil da jemand anderer Meinung sei.

Obwohl er nicht am CDU-Vorstand teilgenommen hatte, stieß auch Wowereit in dieses Horn. "Wir dürfen das Bashing der Demokratie nicht zulassen", sagte er und verteidigte auch das System der Parteipolitik. So musste am Ende für die Gegner der großen Koalition doch der Eindruck entstehen, dass hier zwei Parteien, die eigentlich politische Konkurrenten sind, am Ende doch an einem Strang ziehen. Und über der Sendung hing, was eigentlich vermieden werden sollte, ein "Weiter so".

Infografik: Knackt Merkel den Kohl-Rekord? | Statista
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(qua)
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