TV-Talk "Hart aber Fair" Gehört der Islam zu Deutschland oder nur die Muslime?

Düsseldorf · Bei "Hart aber Fair" driften die Meinungen am Abend darüber ziemlich auseinander. Um Lösungen geht es jedoch fast gar nicht. Stattdessen diskutiert Talk-Gast Enissa Amani lieber mit vollem Körpereinsatz.

Darum ging's

Mit dem Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" hat Bundesinnenminister Horst Seehofer für Aufregung gesorgt. In der Talk-Runde von Frank Plasberg will der Moderator mit seinen Gästen über das Thema diskutieren. "Islam ausgrenzen, Muslime integrieren – Kann das funktionieren?" ist der Titel der Sendung. Es geht um Religionsfreiheit, Demokratie und Integration.

Darum ging's wirklich

Um Diskriminierung, Parallelgesellschaften, Vorurteile, Schuldzuweisungen und darum, welcher Debattenbeitrag wirklich sinnvoll ist. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vertritt die Meinung von Horst Seehofer. Beiträge, die die Debatte weiterbringen, kommen unter anderem von Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Die Gäste

  • Hamed Abdel-Samad, Politikwissenschaftler und Autor
  • Joachim Herrmann (CSU), Bayerischer Innenminister
  • Enissa Amani, Komikerin und Schauspielerin
  • Du' A Zeitun, Theologin und Streetworkerin
  • Cem Özdemir (Grüne), Politiker

Frontverlauf

Mit dem Ausredenlassen hat es Comedian Enissa Amani nur, wenn sie selbst das Wort hat. Gleich zu Beginn der Diskussion macht sie klar, dass sie sich nicht reingrätschen lässt. Energisch legt die 36-Jährige, die im frühen Kindesalter mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist, ihre Meinung dar. Der Islam gehöre wie die Muslime zu Deutschland und Horst Seehofer solle der Innenminister aller Deutscher sein, findet Amani, die sich selbst als nicht religiös bezeichnet. Rederecht erlaubt sie am liebsten nur ihrer linken Seite am Talktisch. Die rechte will sie nicht hören. Da sitzen nämlich der CSU-Mann Herrmann und der Autor des Buches "Integration – Ein Protokoll des Scheiterns", Hamed Abdel-Samad, mit dem sie mehrfach aneinander gerät.

Der Sohn eines Imams hat Fakten parat und spricht von Parallelgesellschaften und einer bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht geglückten Integration. Nicht alle Muslime gehörten zu Deutschland, zum Beispiel Salafisten, Gefährder und Erdogan-Anhänger. Er stellt aber klar: "Wir begehen den Fehler, zu glauben, Muslime sind immer nur über den Islam integrierbar. Muslime sind heterogene Menschen."

Debatte sei schnell holzschnittartig

Mit dieser Aussage unterstützt er Du' A Zeitun. Die islamische Theologin und Streetworkerin, die in Aachen geboren wurde und in Osnabrück lebt, arbeitet mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund. "Die erste Generation von Migranten ist noch mit einem festen Kulturbild nach Deutschland gekommen, war vielleicht auch ein bisschen festgefahren", sagt sie. "Aber bei der zweiten und dritten Generation hat sich dieses Kulturbild versetzt." Sie selbst sei als in Deutschland lebende Muslima auch von der christlichen Kultur geprägt worden.

Es sei schwierig, nicht holzschnittartig über das Thema zu sprechen, merkt Cem Özedmir an. Er scheint von allen neben Du' A Zeitun den kühlsten Kopf zu bewahren. "Es gibt nicht die Muslime, genauso wie es nicht die Juden oder die Christen gibt", sagt er. "Das eigentlich Tragische ist ja, dass der heutige Islam sich rückständig zurück ins Mittelalter entwickelt." Er begrüße, dass es mit der Ausbildung der Imame in Deutschland weitergehe. "Damit die Fanatiker nicht mehr das Monopol haben, ihren Wahnsinn in die Köpfe der Kinder einzutrichtern", sagt er.

Viel Beifall erntet Herrmann als er darüber spricht, was zu einem funktionierenden Zusammenleben beiträgt: "Sie dürfen begeisterte Muslime sein im Einklang mit unserer Verfassung. So erwarte ich das von jedem Christen, Buddhisten und Atheisten."

Streicheleinheiten für Frank Plasberg

Frank Plasberg hat an diesem Abend alle Hände voll damit zu tun, Amani zu bremsen. Dabei kommt er auch nicht um eine ungewollte Streicheleinheit herum. Tätschelte Amani erst noch ihren Gegner und Sitznachbar Herrmann, nimmt sie dann Plasberg in den Arm, fasst ihn an den Kopf und hält dann seine Hand, bis sie ausgeredet hat. Voller Körpereinsatz. Note für den Debattenknigge: mangelhaft.

Beide Seiten, Deutsche wie Migranten, hätten Fehler bei der Integration gemacht, sagt Abdel-Samad. "Es war bequem, von Anfang an diese Parallelstruktur aufzubauen." Man dürfe nicht aufgrund ihrer Religion mit Muslimen kollektiv umgehen. Jeder Mensch sei anders. Nur mit diesem Bewusstsein könne Integration funktionieren. "Es wird ein langer mühsamer Weg", fasst Özdemir zusammen.

(eler)
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