TV-Talk "Hart aber fair" "Burka-Verbot ist reine Symbolpolitik"

Düsseldorf · Die Fronten waren klar in der Diskussion über ein "Burka-Verbot". Julia Klöckner blieb bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Vollverschleierung, auch als Moderator Frank Plasberg ihr eine Niqab-Trägerin präsentierte, die den Schleier freiwillig trägt.

Vollschleier: Die Welt durch den Niqab gesehen
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Verschleiert: Die Welt durch den Niqab gesehen

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Foto: ap

Darum ging's: "Offene Gesellschaft, offenes Gesicht — Kulturkampf um die Burka" — So lautete das Thema am Montagabend bei Frank Plasberg. Der Moderator trug die Anmoderation der Kamera den Rücken zugewandt vor, um zu verdeutlichen, dass Menschen in einer offenen Gesellschaft daran gewöhnt sind, ihrem Gegenüber beim Sprechen ins Gesicht zu blicken. "Schwindet die Freiheit genau da, wo sie durch Verbote geschützt werden soll?", fragte Plasberg in die Runde.

Darum ging's wirklich: Ist das Tragen des Niqab ein Zeichen von selbstbestimmter Freiheit oder ein Zeichen der Unterdrückung? Über die Deutung stritten sich auf der einen Seite die CDU-Politikerin Julia Klöckner und der Journalist Dirk Schümer und auf der anderen Seite die Grünen-Politikerin Claudia Roth und die Journalistin und Kopftuch-Trägerin Khola Maryam Hübsch. Michel Friedmann vertrat eine ambivalente Haltung. Er war zwar gegen das Kopftuch wie Klöckner und Schümer, aber auch gegen ein Gesetz wie Roth und Hübsch.

  • Julia Klöckner, CDU, Landes- und Fraktionsvorsitzende in Rheinland-Pfalz
  • Michel Friedmann, Rechtsanwalt und Publizist
  • Claudia Roth, Grüne, Vizepräsidentin des Bundestags
  • Khola Maryam Hübsch, Journalistin und Muslima
  • Dirk Schümer, Europa-Korrespondent der "Welt"

Der Frontverlauf:

Wer die Diskussionsteilnehmer nicht schon in anderen Talkshows erlebt hatte, für den wurde schon anhand der Sitzordnung klar, wer welche Position vertrat. Julia Klöckner, CDU-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz, und der Journalist Dirk Schümer setzen sich von vornherein für ein Burka-Verbot ein. "Ein solches Wesen, das sich nach außen abschließt, zeigt mir, ich bin für dich sozial nicht erreichbar", sagte Schümer. Er verglich Burka-Trägerinnen mit Menschen, die angezogen in eine Sauna gehen. "Das ist wie, wenn ich nackt in die Sauna gehe und es kommen lauter angezogene Leute rein, die mich anstarren." In einer offenen Gesellschaft seinem Gegenüber das Gesicht zu zeigen, sei ebenso selbstverständlich, wie eben nackt in die Sauna zu gehen.

Auf der anderen Seite des Plenums saßen Khola Maryam Hübsch, Autorin und Kopftuch-Trägerin, und die Grünen-Politikerin Claudia Roth. Beide lehnen ein gesetzliches Verbot des Niqabs ab. Der Westen habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, sagte Hübsch. Ständig diskutiere man in einer freien toleranten Gesellschaft darüber, Beschneidungen, Moscheen, Minarette, den Burkini, die Burka und das Kopftuch zu verbieten. Das spiele den Islamisten in die Hände. "Wir müssen weg von den Verbots-Diskussionen und hin zu einer Kultur der Anerkennung. Sonst kann Integration nicht gelingen."

Michel Friedmann, der zwischen den beiden Streitparteien saß, konnte sich nicht einer Seite zurechnen. Er sei zwar gegen die Verschleierung, stellte die Freiwilligkeit dieser Entscheidung in Frage, aber er sei genauso gegen ein gesetzliches Verbot, das reine Symbolpolitik sei.

Der Ton wurde immer schärfer zwischen Klöckner und Schümer auf der einen und Hübsch und Roth auf der anderen Seite. Roth etwa fragte ihre Gegner: "Wenn die Frauen den Niqab nicht freiwillig tragen, warum bestrafen wir mit einem Verbot die Opfer der Unterdrückung?"
"Wir befreien sie doch", rief Schümer aufgebracht. Und Klöckner warf der Grünen-Politikerin vor, die Rechte der Frau zu missachten. Das Tragen eines Schleiers sei kein Ausdruck von Freiheit.

Phasenweise konnte man als Zuschauer kein Wort mehr verstehen, weil alle Diskussionsteilnehmer durcheinander schrien. Irgendwann wurde die "Burka", womit die Diskussionsteilnehmer eigentlich immer ein Niqab meinten, als Symbol für misslungene Integration diskutiert. Schließlich ging es, wie so oft, um die dahinterstehende Frage, ob der Islam ein Teil der deutschen Kultur ist oder nicht.

Schließlich präsentierte Frank Plasberg der Runde noch eine deutschstämmige Niqab-Trägerin, die mit einem Muslim verheiratet ist. Ihr Mann finde es nicht gut, dass sie den Niqab trage, weil sie damit zur Zielscheibe würde, aber sie trage ihn nunmal als Zeichen ihrer Religiösität.

Khola Maryam Hübsch sah sich in ihrer Haltung bestätigt, Julia Klöckner ließ sich davon nicht beeindrucken. "Wer sich in Deutschland vollverschleiert bewegt, wirbt für einen fundamentalistischen Islam."

Spruch des Abends: "Das ist wie, wenn ich in die Sauna gehe und bin nackt und es kommen lauter angezogene Leute rein, die mich anstarren." (Dirk Schümer, "Welt")

(heif)
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