Köln WDR wehrt sich gegen Zensur-Vorwurf

Köln · Nach dem Entfernen einer "Hart aber fair"-Sendung aus der Mediathek verteidigt der Sender sein Vorgehen.

"Hart aber fair", "Günther Jauch" und Co: Diese Sendungen müssten auch gelöscht werden
10 Bilder

Acht Sendungen, die dringend aus der Mediathek gelöscht werden müssten

10 Bilder

Statt sich mit der gestern gestarteten Programmoffensive zu befassen, muss sich der WDR derzeit mit dem Vorwurf der Zensur auseinandersetzen. Nach dem Protest von Frauenverbänden war die "Hart aber fair"-Ausgabe vom 2. März zum Thema Gleichstellung aus der ARD-Mediathek gelöscht worden. Die Talkshow-Folge hatte dem Sender Programmbeschwerden und Protestbriefe beschert. Der WDR-Rundfunkrat lehnte die Programmbeschwerden in der vergangenen Woche zwar ab, da die Sendung nicht gegen die Programmgrundsätze des WDR verstoßen habe. Die Rundfunkräte empfahlen aber, die Sendung nicht zu wiederholen und aus der Mediathek zu nehmen. Grund: Die Ausgabe sei "unseriös" gewesen. WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn verteidigte das Vorgehen: "Der Vorwurf der Zensur oder Selbstzensur ist so gravierend, dass man ihn nicht leichtfertig erheben sollte. Für den WDR weise ich das entschieden zurück."

Beiträge aus der Mediathek herauszunehmen, sei kein ungewöhnlicher Vorgang, hieß es weiter. Schönenborn bezeichnete den Entschluss als eine "souveräne Entscheidung der Programmverantwortlichen". Die Sendung mit dem Titel "Nieder mit den Ampelmännchen, her mit den Unisex-Toiletten: Deutschland im Gleichheitswahn" sei bereits vor der Sitzung des Rundfunkrats in der vergangenen Woche getroffen worden. Die Talkshow-Ausgabe sei im WDR-Archiv nicht gesperrt und stehe damit keineswegs "im Giftschrank", sondern könne jederzeit von den WDR-Redaktionen abgerufen und ausschnittsweise verwendet werden. FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der damals als Gast in der Show dabei war, hatte nach dem Entfernen der Sendung gefordert: "Die Sendung muss wieder raus aus dem Giftschrank, rein in die Mediatheken."

"Hart aber fair"-Moderator Frank Plasberg sagte, in seiner Talkshow gehe es um das, was die Menschen bewege und aufrege. "Das gilt natürlich auch, wenn wir es selber sind, die die Gemüter erhitzen", sagte er. "Das haben wir mit unserer Sendung definitiv getan." Zu der negativen Resonanz seitens der Frauenverbände kommt jetzt aber auch die Kritik derjenigen, die hinter dem Vorgehen des WDR vorauseilenden Gehorsam vermuten. So sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner der "Bild"-Zeitung, es sei klar, dass Interessenverbände Fernsehsendungen beurteilten und kritisierten. "Mehr als irritierend ist allerdings, wenn ein Fernsehsender daraufhin reflexartig eine Sendung aus seiner Mediathek löscht." In der Debatte um Pressefreiheit und Zensur sucht der WDR nun den Ausgleich: In einer "Hart aber fair"-Ausgabe Anfang September werde noch einmal über das Thema Gleichberechtigung der Geschlechter diskutiert, kündigte Plasberg an.

Irritierend am gesamten Prozedere bleiben die Entscheidungsprozesse. Programmbeschwerden gehören zum demokratischen Instrumentarium, werden entsprechend häufig eingereicht und von den Rundfunkräten diskutiert, haben aber nur selten Folgen wie beispielsweise Ermahnungen. Auch in diesem Fall wurde die Beschwerde vom Rundfunkrat zwar abgelehnt, aber dennoch die Empfehlung ausgesprochen, die Sendung aus der Mediathek zu löschen. Das passt schwer zusammen. Wenn die Talkshow nicht gegen Programmgrundsätze wie eine faire Berichterstattung verstoßen hatte und damit nicht beschwerdewürdig war, warum zieht man sie dann nachträglich aus dem Verkehr? Der Rundfunkrat begründet das damit, dass viele Frauen die Sendung anders verstanden hätten, als sie gemeint gewesen sei. Bei der Neuauflage werden daher sicher alle Beteiligten ganz genau hinschauen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort