"Hart aber fair" Christian Lindner stellt Frank Plasberg bloß

Düsseldorf · Frank Plasberg fragt seine Gäste, wie lange die Kanzlerin sich noch halten kann. Die Stimmung: gereizt. Zweimal schrammt die Sendung an einem Eklat entlang. Der Talk im Schnell-Check.

 Christian Lindner zeigte sich bei Plasberg anfangs dünnhäutig.

Christian Lindner zeigte sich bei Plasberg anfangs dünnhäutig.

Foto: Screenshot ARD

Darum ging's: Nun schließt sich auch Plasberg den Talkern an, die die Endzeitstimmung um Angela Merkel diskutieren lassen. "Angezählt — wie viel Zeit bleibt Merkel noch?", lautet die Fragestellung der Sendung.

Die Runde: Bis auf die "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann sitzen nur männliche Parteipolitiker am Tisch. Thomas Kreuzer (CSU) Thomas Oppermann (SPD), Elmar Brok (CDU), Christian Lindner (FDP).

Darum ging's wirklich: Die Konstellation der Runde spricht für sich. Vor allem Oppermann und Kreuzer bemühen die Parteilinie. Das liegt auch an der Diskussionsführung durch Plasberg, der genau die Fragen stellt, für die die Linie festgezurrt ist. Braucht Deutschland Obergrenzen? Wie ist die Stimmung in Deutschland? Was folgt, sind erwartbare Textbausteine. Auch Lindner tut, was vom Chef einer Partei zu erwarten ist, die nicht mehr im Bundestag sitzt: Er attackiert die Koalition und attestiert ihr, durch Streitereien den Rechtspopulismus groß gemacht zu haben.

Dreimal jedoch wird die Fassade der parteipolitischen Schemata durchbrochen.

Bruch 1: Keine 15 Minuten ist die Sendung alt, da fragt Plasberg Lindner, warum sich die FDP denn nicht vergrätzten CDU-Wählern als Alternative anbiete. Kurze Pause. Lindner: "Sie haben Humor Herr Plasberg, Sie haben Humor." Irritation im Studio. Dann erklärt sich Lindner: "Sie wissen, alleine in den letzten Monaten war ich zum Beispiel in ihrer Sendung zweimal eingeladen, und kurzfristig wurde ich wieder ausgeladen, weil Regierungsvertreter Plätze besetzen sollten. Also können sie aus der Ausladung ..."

Plasberg unterbricht, das will er nicht auf sich sitzen lassen. Es sei ja nun nicht so, dass da jemand aus der Regierung angerufen und Anweisungen erteilt habe. Er rechtfertigt sich: "Sie können eine Sendung nur machen, wenn da auch ein Verantwortlicher sitzt." Lindner rudert zurück. Er habe Plasberg keinen Vorwurf machen wollen. Peinlich ist das Waschen schmutziger Wäsche für beide.

Bruch 2: Auslöser ist ein Flüstern von Elmar Brok, als Lindner sich über den Verlust rechtsstaatlicher Kontrolle und den ungehinderten Zuzug vor allem männlicher Flüchtlinge auslässt. Kaum hörbar sagt Brok: "Das ist doch ... AfD." Plasberg: "Was haben Sie da gerade gesagt, ist das nicht die böse Keule, wenn man einem Lindner einen AfD-Spruch vorhält?" Lindner bleibt ganz ruhig, schaut ins Studio und lässt die Dinge geschehen. Er weiß, dass sich Brok damit keinen Gefallen getan hat. Selbst von Oppermann bekommt er Unterstützung.

Bruch 3: Kurz darauf geht es um Brok. Der Vorwurf der Spiegel-Journalistin Amann, er sitze doch schon seit 1980 im Europaparlament, kenne alle Staatschefs persönlich und habe dennoch nichts getan, setzt ihn gewaltig unter Strom. Die EU-Kommission habe doch schon vor vier Jahren einen Vorschlag zur Verteilung der Flüchtlinge gemacht, den Deutschland und Frankreich abgelehnt hätten. Vor zwölf Jahren — jetzt verliert Plasberg die Contenance. "Das ist mir mit Verlaub scheißegal, was vor zwölf Jahren passiert ist." Brok wird laut und zeigt auf Amann: "Aber das ist doch der Vorwurf, der gemacht wird hier." Er sieht das Versagen nicht in Brüssel. "Hier ist das Versagen auf vielen Ebenen der Bundesrepublik Deutschland."

Bemerkenswertester Gast: Neben dem bissigen Lindner sticht vor allem Melanie Amann hervor. Sie beschreibt die SPD als "Wundertüte an politischen Ansichten", wirft CSU-Mann Kreuzer vor, mit dem Reden von einer Obergrenze bei der Bevölkerung die Illusion zu kreieren, als "könne man die Zahl der Flüchtlinge regulieren wie die Zahl der Brezn auf den Wiesn", und bringt Elmar Brok zum Kochen. Auch der Satz des Abend geht auf ihr Konto: "Die CSU macht doch nichts außer Briefeschreiben." Keine schlechte Bilanz für relativ wenig Redebeitrag.

Erkenntnis: Über Merkels Kanzlerschaft zu reden, fällt auch Plasberg schwer. Das eigentliche Thema kommt erst ganz zum Schluss aufs Tableau. Aus Gründen, denn viel Nennenswertes ist dazu kaum zu vernehmen. Plasberg selbst fragt in Richtung Kreuzers: "Wie ernst kann man die Ultimaten der CSU denn noch eigentlich nehmen?" Dessen Antwort: "Morgen wird der Brief beschlossen an die Bundesregierung, und wenn nichts passiert, wird Klage erhoben."

(pst)
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