TV-Kritik "Hart aber fair" Bei ARD-Kritik gibt's bei Plasberg eine Tonstörung

Düsseldorf · Bizarre Höhepunkte bei Frank Plasberg: Publizist Roger Köppel vergleicht die Fifa mit der Uno, Blatter stilisiert er zum Opfer einer selbstgerechten Medien-Hysterie. Als Kritik an der Rolle der ARD laut wird, beginnt es in der Tonspur zu rauschen.

 Frank Plasberg diskutiert am Montag bisweilen chaotisch über die Fifa.

Frank Plasberg diskutiert am Montag bisweilen chaotisch über die Fifa.

Foto: Screenshot ARD

Nun befasst sich also auch Frank Plasberg mit der Fifa. Und wie schon Günther Jauch scheitert auch er an dem Versuch, das System für einen Fernsehtalk aufzuarbeiten. Schon direkt zu Beginn bekommt die Sendung den Charakter eines absurden Déjà-vus. Plasberg am Montag blendet Szenen von Jauch am Sonntag ein, um sich daran abzuarbeiten.

Aber auch in "Hart aber fair" kann Fifa-Sprecher Alexander Koch sich viel zu leicht aus der Affäre ziehen. Es braucht noch nicht einmal neue Argumente. Wie schon bei Jauch verteidigt er Blatter als unschuldigen Vorsitzenden einer global aufgestellten Organisation, der wegen ihrer Größe halt nichts anderes übrig bleibt, als ein Spiegel der Verhältnisse zu sein.

"Wenn ein Uruguayer von einem Brasilianer bestochen wird, dann reden wieder alle von der Fifa", lamentiert Koch. Immer wieder ist die Rede von denen in Zürich. Und ein Präsident, der in Zürich sitzt, kann schließlich nicht in Südamerika den Gaunern auf die Finger klopfen.

Koch hat auch deshalb wenig Mühe, weil er in Roger Köppel jemanden an seiner Seite hat, der die Gesprächsführung mit steilen Thesen an sich reißt. Der konservative Chefredakteur der Schweizer "Weltwoche" und SVP-Politiker ist in Deutschland schon seit Monaten Stammgast in Talkshows, weil er unangenehme Positionen mit Leidenschaft, Klugheit und rhetorischem Geschick vorzutragen weiß.

So auch an diesem Montag. Köppel empört sich glaubhaft. Den deutschen Medien wirft er vor, im Fall Blatter die in einem Rechtsstaat geltenden Unschuldsvermutung sträflich auszublenden, beschimpft die Berichterstattung als "Rowdy-Publizistik" und vergleicht deren Schilderungen mit dem Fall Wulff. Nichts, aber auch gar nichts habe man später dem damaligen Bundespräsidenten nachweisen können. In seinen Augen ist auch Blatter ein Opfer.

Gleich mehrfach vergleicht er die Fifa mit der Uno. Beide Organisationen seien ein Abbild der Staatenwelt, in dem jedes Land eine Stimme habe. Das Argument der Radiomoderatorin Sabine Töpperwien, Blatter sei doch für das Handeln der Fifa verantwortlich wie der WDR-Intendant für Fehltritte seiner Mitarbeiter, zerreißt er in der Luft. Blatter sei eben nicht der Chef, der alles lenkt, sondern abhängig vom Willen der Fußballverbände. "Er ist der ohnmächtigste Mensch der Welt", behauptet er an einer Stelle.

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Sowohl Plasberg als auch die Diskussionsgäste schafften es nicht, dem etwas Überzeugendes entgegenzusetzen. Weder Journalist Hans Leyendecker von der "Süddeutschen Zeitung", weder Töpperwien und auch nicht dem Kabarettisten und VfL-Bochum-Funktionär Frank Goosen fällt ein, dass der Vergleich Blatters mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon allein wegen des Geldes absurd ist: Im Gegensatz zu Ban Ki Moon ist Blatter nicht von Zahlungen seiner Mitgliedsländer abhängig, sondern verfügt über Einnahmen in Milliardenhöhe, mit denen er Anhänger alimentieren kann.

Stattdessen erlangt die Diskussion absurde Züge. Köppel versteigt sich dazu zu behaupten, Blatter Korruption in Fußball-Landesverbänden vorzuwerfen sei genauso, als ob man Ban Ki Moon dafür verantwortlich machen würde, dass die Amerikaner in Guantanamo Häftlinge foltern. Plasberg verzichtet darauf, Argumente zu entschärfen, und droht Köppel lieber mit einem Ban-Ki-Moon-Schwein, in das man Phrasenstrafe einzahlen müsse. Köppel verwahrt sich, den Vergleich werde er strapazieren, bis man ihn verstanden habe, Plasberg frotzelt über eine "Unverschämtheit."

Den besten Eindruck der Fifa-Kritiker hinterlässt noch Bochum-Fan Goosen. Auch wenn sein Argument, da wo Geld sei, gebe es auch immer Korruption, reichlich fatalistisch klingt, kann er zumindest im Ansatz deutlich machen, wie wenig Interesse bei allen Beteiligten eines Korruptionsnetzes besteht, dieses Konstrukt zum Einsturz zu bringen, wenn denn weiterhin jeder davon profitiert.

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Foto: dpa, fve jhe bre nic

Goosen und Leyendecker sprechen in dem Zusammenhang auch die zwiespältige Rolle der Öffentlich-Rechtlichen an, die sich ebenso wenig wie die Sponsoren ernsthaft die lukrative WM entgehen lassen wollen. 432 Millionen Euro zahlten ARD und ZDF für die Vergabe der Übertragungsrechte 2018 und 2022 an den Blatter-Verband. Als Leyendecker anspricht, dass diese Verträge mitten in der Diskussion über die Sklavenarbeit in Katar geschlossen wurden, knackt und rauscht es plötzlich auf dem Sender.

"Die Tonstörungen gerade sind zufällig, das ist kein Mittel der ARD, diese Kritik abzuwenden", interveniert Plasberg. Dazu werde man noch kommen. Lachen in der Runde. Thema verschoben. Was für eine Ironie!

Im späteren Verlauf greift Plasberg das Thema dann tatsächlich noch einmal auf und holt damit nach, was Jauch noch großzügig ausgespart hatte. So darf ARD-Sportkoordinator Axel Balkaulsky in einem Statement versichern, dass beim Vertragsabschluss mit der Fifa natürlich alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Alles sei transparent und im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen verlaufen, die ARD habe zudem immer wieder kritisch und distanziert über die Fifa berichtet.

Wie scheinheilig die ganze Empörung über die Fifa am Ende doch ist, macht anschließend unfreiwillig Töpperwien deutlich. Schon als ARD und ZDF aus Kostengründen auf die Übertragung der Handball-WM verzichtet hätten, habe es einen Aufschrei in der Bevölkerung gegeben. Die unausgesprochene Botschaft: Die Fernsehsender hängen getrieben durch das öffentliche Interesse letztlich ebenso am Gängelband am WM-Ausrichter Fifa wie alle anderen auch.

(pst)
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