Köln Gute Quoten, schlechte Quoten

Köln · Die Zuschauerforschung soll bald auch Tablets und Smartphones bei der Auswertung erfassen.

Fernsehmacher bekommen die Quittung für ihre Arbeit jeden Morgen, wenn die Zuschauerzahlen veröffentlicht werden. Über die Qualität einer Sendung sagen die Einschaltquoten jedoch nichts aus. Die Serie "Deutschland 83" etwa ist mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden, doch die Quoten waren aus Sicht von RTL verheerend.

Es gibt Sendungen, die trotz scheinbar schlechter Zahlen keine Misserfolge sind, weil sie bei einem bestimmten Publikum ausgezeichnet ankommen. "Neo Magazin Royale" zum Beispiel, die Sendung mit dem derzeit pausierenden Jan Böhmermann, hat am späten Freitagabend im ZDF zwar nur einen kleinen Marktanteil, erreicht aber viele Menschen zwischen 14 und 29 Jahren, die das "Zweite" sonst eher meiden. Junge Zuschauer haben mittlerweile andere Nutzungsgewohnheiten als ihre Eltern. Viele sehen Böhmermanns Sendung nicht während der Live-Ausstrahlung, sondern in der Mediathek, zumal die jeweils neueste Ausgabe bereits ab 20.15 Uhr online steht.

Die Quotenmessung orientiert sich jedoch an herkömmlichen Fernsehgeräten. Immerhin werden Sichtungen per Computer und Laptops erfasst. Auch die Mediathekennutzung fließt mit Verzögerung in die Gesamtzahlen ein. Tablets und Smartphones werden von der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, in der sich alle großen Sender zur Quotenmessung zusammengeschlossen haben, erst im Verlauf dieses Jahres miteinbezogen.

Viele junge Leute besitzen keinen klassischen Fernseher mehr. Es sei daher "keine leichte Aufgabe, die verschiedenen Nutzungsformen und Endgeräte in einer Maßzahl zusammenzufassen", sagt ARD-Medienforscher Camille Zubayr: "Da hinken wir der Nutzungsrealität immer etwas hinterher." Tablets haben in Deutschland eine Verbreitung von rund 30 Prozent. Trotzdem ziehen es die meisten Menschen vor, Fernsehen klassisch wahrzunehmen.

Der Anteil der zeitversetzten Nutzung liegt bei allenfalls 3 Prozent, nur wenige Ausnahmen wie "Neo Magazin Royale" kommen auf bis zu 6 Prozent. Dass die Nutzungsgewohnheiten deutlich hinter den Prognosen der Marktforschung zurückbleibt, lässt sich laut Zubayr erklären: "Auch junge Leute verbringen immer noch viel Zeit vor dem klassischen TV-Gerät, denn auch sie schätzen die Größe der Bildschirme und die Einfachheit des Zugangs."

(RP)
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