TV-Nachlese Günther Jauch Guido Westerwelle: "Der Krebs macht alle Menschen gleich"

Düsseldorf · Der FDP-Politiker und frühere Außenminister Guido Westerwelle spricht im TV-Talk von Günther Jauch über seinen Kampf gegen die Leukämie. Der Zuschauer sieht einen durch die Krankheit spürbar veränderten Mann. Und vermisst ein wenig dessen frühere Angriffslust.

 Guido Westerwelle war bei Günther Jauch zum Thema "Schockdiagnose Krebs" zu Gast.

Guido Westerwelle war bei Günther Jauch zum Thema "Schockdiagnose Krebs" zu Gast.

Foto: Screenshot ARD

Ein wenig müde wirkt er, angegriffen, die Augen gerötet — aber die Haare sind schon wieder nachgewachsen, und um die Lippen spielt meist ein mildes Lächeln: vielleicht sieht genau so ein Sieger aus. FDP-Politiker Guido Westerwelle, der 2014 an Leukämie erkrankte und nun nach einer erfolgreichen Knochenmarktransplantation wieder in die Öffentlichkeit getreten ist, war am Sonntagabend zu Gast in der ARD-Talkshow von Günther Jauch.

Ob sein Kampf gegen die Krankheit tatsächlich schon gewonnen ist, in dieser Frage zeigt der 53-Jährige sich im Gespräch mit dem Moderator vorsichtig: "Ich muss ja damit rechnen, dass es noch eine Zeitlang weitergeht", sagt er. Zwar fühle es sich an, als sei er langsam über den Berg: "Aber das ist ja noch nicht ausgemacht."

Offensichtlich ist: Der Gegner Krebs hat seine Wirkungstreffer gelandet. Westerwelle ist ein anderer als der Mann, der sich 2014 nach seiner Leukämie-Diagnose (zufällig gestellt, als er wegen eines Meniskusrisses zum Arzt ging) aus dem politischen Leben verabschiedet hatte. "Man wird ja kein anderer Mensch", sagt er zwar an einer Stelle — schüttelt wenig später aber ungläubig lächelnd den Kopf, als Videos aus seiner Politiker-Zeit eingespielt werden. Sätze wie "Hier steht die Freiheitsstatue dieser Republik" hat er da über sich gesagt, immer mächtig Dampf gemacht, seine rhetorischen Fähigkeiten messerscharf eingesetzt. "Das ist wie aus einer anderen Welt", kommentiert er jetzt. Und weist entschuldigend darauf hin, auf Parteitagen werde nun einmal "geholzt und gehobelt".

An die Stelle der Angriffslust von damals — die man als Zuschauer, mal ganz ehrlich gesagt, auch vermisst — sind Demut und Gelassenheit getreten. "Man lernt das Einfache schätzen und lieben", sagt Westerwelle etwa. Und : "Wenn Sie da liegen und fürchten, dass Sie sterben, dann denken Sie auch darüber nach, welche Lebenslehren Sie ziehen." Er setze seine Prioritäten ganz neu. "Man beschäftigt sich einfach nicht mehr mit dem Kleinkram", sagt Westerwelle, sondern freue sich an Kleinigkeiten: "Das Leben besteht aus Augenblicken."

Auch über die schweren Momente während der Behandlung spricht der Politiker. Selbstverständlich sei er im Krankenhaus wie alle anderen in Bademantel und Latschen über die Station gelaufen, habe über seine Position als Person der Öffentlichkeit gar nicht nachgedacht: "Der Krebs ist eine egalisierende Krankheit. Er macht alle Menschen gleich." Bei Westerwelle war schnell klar gewesen, dass eine Chemotherapie allein nicht reichen, er auch eine Stammzellenspende brauchen würde.

Doch der erste passende Spender sprang kurz vor dem Termin ab, ein neuer musste gefunden werden. Nach der Transplantation löste dann eine Infusion eine schwere allergische Reaktion aus. "So fühlt es sich also an, das Sterben", habe er da gedacht. Westerwelle redet über Schmerzen, Ängste, über die Nachwirkungen wie die entzündete Mundhöhle, die ihm nach wie vor das Sprechen schwerer macht. Klagen mag er nicht: "Das ist alles hinzukriegen."

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Heute sei es ein "unglaubliches Glücksgefühl" wieder mit Menschen zusammensein zu können, sagt der frühere Außenminister. Er dankt für den Zuspruch, den er bekommen habe; auch von politischen Konkurrenten. "Solche Krankheiten schütten ja auch Gräben zu." Und was heißt das für seine politische Zukunft? "Ich habe komplett andere Sorgen als die Frage, was ich beruflich machen werde", sagt der Liberale knapp. Westerwelle habe doch sicher eine dezidierte Meinung zu den drängenden innen- und außenpolitischen Problemen des Landes und zur Flüchtlingsfrage, sagt Moderator Jauch — aber dazu werde man wohl nichts von ihm hören? Antwort: "Genau."

(nic)
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