"Game of Thrones" Die siebte Staffel hat uns fertiggemacht

Meinung | Düsseldorf · Es waren zwar nur sieben Folgen von "Game of Thrones". Dennoch hatte es die siebte Staffel in sich - mit vielen teils bestürzenden Wendungen und Wow-Momenten. Womit kann uns die finale achte Staffel noch überraschen?

 Die siebte Staffel von "Game of Thrones" umfasst sieben Episoden. Eine achte Staffel hat HBO bereits angekündigt.

Die siebte Staffel von "Game of Thrones" umfasst sieben Episoden. Eine achte Staffel hat HBO bereits angekündigt.

Foto: dpa, bsc kde pil

Nach dem Abspann der letzten Folge der siebten Staffel hat es etwas gedauert. Bis der Mund wieder geschlossen war, bis das Kopfschütteln aufgehört und man so langsam realisiert hat, was man da eben gesehen hat. Die siebte Staffel hat zwar einige Geschichten abgeschlossen, doch dafür auch vieles wieder auf den Kopf gestellt. Am Ende fühlte sie sich wie eine lange, grandiose Ouvertüre für das große Endspiel im kommenden Jahr um den Eisernen Thron und die Zukunft von Westeros an.

Noch ist nichts entschieden in "Game of Thrones". Aber wir können ahnen, was uns in der achten Staffel erwartet: Der finale Kampf gegen den Nachtkönig, dessen Ziele weiter so undurchsichtig sind wie ein Schneesturm in der Nacht. Und es wird endlich eine Antwort auf die Frage geben, wer am Ende auf dem Eisernen Thron sitzen wird. Eine Warnung vorab: Im folgenden werden wir massiv die siebte Staffel spoilern. Wer sie und vor allem die letzte Folge noch nicht gesehen hat, sollte jetzt aufhören zu lesen.

Wir haben lange spekuliert, wie der Nachtkönig (Vladimir Furdik) es schaffen wird, die Mauer, jene magische Barriere im Norden, zu überwinden. Wird er warten, bis das Meer vereist ist und sie dann einfach umgehen? Oder wird es Bran Stark (Isaac Hempstead Wright) sein, der ihn durch die Mauer führt? Schließlich gibt es ein seltsames Band zwischen ihnen, seit der Nachtkönig ihn in einer Vision am Arm gepackt hat. Seit der sechsten Folge dann hatten wir eine Vermutung, die sich spektakulär als wahr erwiesen hat und die uns trotz aller Vorahnung sprachlos zurückließ: Der Nachtkönig hat die Mauer bei Ostwacht mit Hilfe seines untoten Drachen zerstört. Der Weg nach Süden ist für ihn und seine Zombie-Armee frei — und wir müssen uns von dem Game-of-Thrones-Intro verabschieden, das uns seit sieben Staffeln auf die Episoden eingestimmt hat.

Es muss für die achte Staffel neu gestaltet werden. Denn die Landkarte von Westeros hat sich verändert. Vermutlich für immer. Die Mauer hat nun eine gewaltige Lücke. Und es beweist einmal mehr, dass alles, was jenseits der Mauer in Folge Sechs passiert ist, vom Nachtkönig geplant war. Er wollte mindestens einen Drachen. Und die glorreichen Sieben von Westeros haben ihm unabsichtlich einen geliefert.

Die Frage ist, wie intelligent und vorausschauend ist der Nachtkönig? Oder sieht er wie Bran alles, was passiert und konnte darum entsprechend planen? Stammt er vielleicht sogar aus einer fernen Zukunft und durchlebt nun nur noch einmal eine Vergangenheit, die längst passiert ist? Eine Art dreiäugiger Rabe der etwas eisigen Art sozusagen. Wenn er nicht sogar Bran selbst ist. Seit der fünften Staffel spielt ein anderer Schauspieler den Nachtkönig. Und vermutlich ist es nur Einbildung: Aber ab und an scheint er Bran ähnlich zu sehen.

Nachdem Sam (John Bradley) seiner Freundin Gilly (Hannah Murray) in Altsass noch etwas rüde über den Mund gefahren war, scheint er ihr dann auf den Weg nach Winterfell dann doch irgendwann zugehört zu haben: Jon (Kit Harington) ist kein Bastard, sondern der legitime Thronfolger. Rhaegar Targayren (Wilf Scolding) hatte seine Ehe annullieren lassen und dann Lyanna Stark (Aisling Franciosi) heimlich geheiratet. Jons wahrer Name als ihr rechtmäßiger Sohn lautet Aegon Targayren. Das heißt zunächst, dass viele Hintergrund-Bücher rund um George R. R. Martins Schöpfung neu geschrieben werden müssen. Denn der Grund für Roberts (Mark Addy) Rebellion 20 Jahre vor den Ereignissen in Game of Thrones war der Vorwurf an Rhaegar, er hätte Lyanna, die Robert versprochen war, entführt und vergewaltigt.

Nun wissen wir, dass alles ganz anders war. Und es heißt auch: Jon war in Folge Sieben mit seiner Tante Daenarys (Emilia Clarke) im Bett. Beide können das zwar noch nicht wissen, und die Targaryens hatten zur Erhaltung der Blutlinie nichts gegen Inzucht. Dennoch hinterlässt es einen Kloß im Hals. Zumal wir vermuten, dass Daenerys nun schwanger wird: Sie erklärt Jon zwar, dass eine Hexe ihr gesagt habe, sie sie unfruchtbar. Er aber antwortet, dass das keine verlässliche Informationsquelle sei. Das werten wir einfach als Wink mit dem Zaunpfahl.

Jons wahre Identität, die Bran seltsamerweise erst nach Sams Hinweis erkannt hat, könnte auch seine Stellung im Norden gefährden. Dort sind die Targaryens verhasst und man folgt ihm vor allem als angeblicher Bastard von Eddard Stark (Sean Bean). Nur deshalb hat man ihn zum König gewählt. Doch dann beugt er vor Daenarys Targaryen sein Knie, was im Norden als Verrat angesehen werden könnte. Und dann entpuppt er sich noch selbst noch als Targaryen!? Der Norden vergisst nicht. Zumal Jon in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er nichts von Lügen hält. Vermutlich auch nicht über seine Identität, sobald er sie erfährt. Es könnte problematisch werden. Und wie wird Daenarys damit umgehen, dass ihr Geliebter eigentlich ihr Neffe ist — und in der Thronfolge vor ihr steht?

Ein Ausweg könnten Jons Worte in Folge Sieben an Theon (Alfie Allen) sein: Er sei ein Graufreud und ein Stark. Das sei kein Widerspruch. Und so könnte auch Jon sagen, er sei ein Targaryen, aber eben auch ein Stark — und das wäre noch nicht einmal gelogen. Was sind schon große Namen? Generell scheint es in der Schlussphase von "Game of Thrones" darum zu gehen, die bestehenden, verkrusteten Strukturen des feudalen Herrschaftssystems aufzubrechen, in dem Menschen durch ihre Namen definiert werden: Daenarys will dieses sich ewig drehende Rad der großen Häuser zerstören.

Jon ist als Bastard ohne Namen zum König gewählt worden. Und Theon findet nur zu sich selbst, weil er sich von den Namen löst und sich zu dem bekennt, was er ist: Theon, den Ramsay Bolton (Iwan Rheon) entmannt hat. Als ihn sein Gegner fast besiegt hat und ihn ins Gemächt tritt, spürt er keinen Schmerz, sondern neue Kraft und schlägt seinen Feind nieder — bevor sich in einem Akt der Taufe in bester Eiseninsel-Tradition das Gesicht im Meer wäscht. Dazu passen Tyrions (Peter Dinklage) Worte, die er bereits in Staffel Eins zu Jon sagte: "Vergesst nie, was ihr seid. Der Rest der Welt tut es auch nicht. Tragt es wie eine Rüstung, dann wird euch niemand damit verletzen."

Es geht im "Game of Thrones" eben nicht mehr um Namen, Blutlinien und Abstammung, sondern um das, was man ist und tut. Schon Rhaegars und Lyannas Akt der Liebe war ein Aufbegehren gegen das feudale System und gegen die Sitten der Targaryen. Roberts Rebellion hat die alte Ordnung dann für kurze Zeit wiederhergestellt, die aber erneut zerbrach — wie wir in der Serie sehen konnten: Roberts Kinder und Thronfolger waren in Wahrheit gar nicht von ihm, mehrere Häuser sind im Ringen um die Macht bereits untergegangen, Jon wurde sogar zweimal ohne ein Geburtsrecht zum Anführer gewählt und nicht einfach ernannt. Selbst die religiöse Ordnung wurde zerstört. Und mit dem Tod von Kleinfinger ist der Vertreter des alten Intrigen- und Ränkespiels nun auch gestorben. Was auch immer am Ende stehen wird, das alte System wird es nicht überleben.

Das würde auch Tyrions seltsamen Blick erklären, als er sieht, wie Jon und Daenarys in ihrer Kabine verschwinden. An ihrer Seite wäre dann mit dem "König des Nordens" jemand außer ihm, der ihr bisweilen aufbrausendes Temperament zügeln könnte. Ohne ihre Verwandtschaft zu kennen, hat er in den beiden vor allem aber die Zukunft von Westeros gesehen. Und der steht nur eine Person im Weg, die an den alten Spielen von Lug, Betrug, Verrat, Grausamkeit und Macht festhält: seine Schwester Cersei (Lena Headey). Vielleicht ist sein Blick der Moment seiner Entscheidung gewesen: Cersei muss sterben.

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Zumindest in den Büchern wird ihr prophezeit, dass sie durch die Hand des Valonqar, des kleinen Bruders, sterben wird. Das würde zu Tyrion auffällig gut passen. Zudem wird ihr im Buch und in der Serie gesagt, dass sie drei Kinder haben werde. Die hatte sie indes schon und alle drei sind bereits gestorben. So brutal es klingt: Trotz ihrer Schwangerschaft wird sie kein weiteres Kind zur Welt bringen. Und nachdem sogar Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) genug von den Lügen und sie verlassen hat, gibt es nichts mehr, dass Tyrion aufhalten könnte — außer vielleicht Ser Gregor, der Berg, Clegane (Hafpor Julius Björnsson).

Aber nach den siebten Folge gehen wir davon aus, dass der gegen seinen Bruder und mittlerweile Antihelden Sandor, der Bluthund, Clegane (Rory McCann) kämpfen wird. Und darauf warten wir, wenn wir ehrlich sind, schon ziemlich lange.

(jov)
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