Düsseldorf Eine Zeitreise in die Kinderzimmer der 80er

Düsseldorf · Die zweite Staffel der Netflix-Serie "Stranger Things" um die Kinder aus der Kleinstadt Hawkins ist noch nostalgischer als die erste.

Es gibt nur ein erstes Mal. Und zu Beginn der zweiten Staffel stellt sich die Frage: Werden die Duffer-Brüder, die hinter "Stranger Things" bei Netflix stehen, nach ihrem Überraschungserfolg im vergangenen Jahr nur noch einmal das aufwärmen, was den Charme der ersten Staffel ausmachte? Oder drehen sie die Story tatsächlich weiter? Während der ersten Folge ist man sich da zunächst nicht so sicher. Wieder gibt es jede Menge 80er-Hits, wieder hat Will (Noah Schnapp) eine Begegnung der unheimlichen Art, und wieder blickt seine Mutter Joyce (Winona Ryder) meist sorgenvoll. Doch das ist nicht mehr als eine kurze Reminiszenz an die erste Staffel. Denn schon in der ersten Folge macht sich noch etwas anderes breit: Unbehagen und die Vorahnung, dass da etwas Bedrohliches lauert. Geschickt spielen die Duffer-Brüder mit vielen Versatzstücken und Zitaten der Horrorfilme der 80er-Jahre und schaffen so eine angespannte Atmosphäre.

Nach der ersten Folge ist man sich dennoch nicht so ganz sicher, ob die zweite Staffel dem Hype gerecht wird. Das Tempo ist zurückgenommen und noch ist nicht klar, wohin die Reise geht. Aber nach der zweiten Folge lässt die Serie den Zuschauer dann nicht mehr los. "Stranger Things" lebt nach wie vor von den mysteriösen Elementen, und in der zweiten Staffel auch von Anleihen bei "Aliens: Die Rückkehr". Die Spannung liegt aber vor allem in der Weise, wie die düstere Geschichte erzählt wird und wie die Atmosphäre des Unheilvollen die Kleinstadt immer weiter durchzieht.

Zudem ruhen sich die Duffer-Brüder nicht auf ihren etablierten Charakteren aus, sondern sie bringen das Beziehungsgeflecht der nerdigen Jungen ziemlich durcheinander. Das liegt unter anderem an der neuen Figur Max (Sadie Sink): Das Mädchen hat nicht nur seine eigenen Probleme und Geheimnisse, es bringt auch die Hormone einiger Mitglieder des Freundeskreises durcheinander. Dadurch aber rückt der blasseste Charakter unter den vier Jungen, Lucas (Caleb McLaughlin), mehr in den Fokus und gewinnt deutlich an Kontur. Dustins (Gaten Matarazzo) Hormone spielen nicht weniger verrückt, aber er sorgt sich auch um einen neuen, unheilvollen Freund. Und in den späteren Folgen arbeitet er dann noch mit einem unerwarteten Charakter zusammen. Mike (Finn Wolfhard) trauert immer noch Elfie (Millie Bobby Brown) nach und isoliert sich dadurch in der Gruppe. War er in der ersten Staffel noch eine zentrale Figur, rückt er darum nun eher in den Hintergrund. Will dagegen leidet immer mehr unter dem, was mit ihm passiert ist - und unter der Verbindung zur anderen Dimension, die ihn buchstäblich nicht mehr loslässt. Gab es in der ersten Staffel noch ein enges Band zwischen den Freunden, so sind sie nun oft auf sich allein gestellt, oder es bilden sich Grüppchen.

Das tut aber der Staffel und der Serie gut, weil es nun mehrere, spannende Erzählstränge gibt, die am Ende dann tatsächlich gelungen wieder zusammengeführt werden. Denn da ist auch Sheriff Jim Hopper (David Harbour), der versucht, aus dem Puzzle der unheimlichen Vorfälle ein Bild zusammenzusetzen. Gleichzeitig hat er noch eine neue Verantwortung übernommen, die ihn sichtlich überfordert.

Und auch Elfie ist nicht verschwunden, sondern sie spielt weiterhin eine wichtige Rolle. War sie in der ersten Staffel aber noch ein Versuchsobjekt, über das andere bestimmt haben, emanzipiert sie sich in der zweiten Staffel. Sie ist nicht mehr ein Opfer oder jemand, der nur reagiert. Vielmehr lernt sie im Verlauf der Staffel, ihren eigenen Weg zu gehen - was sich auch in ihrem Aussehen spiegelt. Und es ist überraschend, wie wandlungsfähig die 13-jährige Schauspielerin Millie Bobby Brown ist.

Auch das Beziehungsdreieck zwischen Nancy (Natalia Dyer), Jonathan (Charlie Heaton) und Steve (Joe Keery) dreht sich in Anlehnung an die Teenager-Romantik-Komödien der 80er-Jahre weiter. Und mit Bob Newby (Sean Astin) gibt es auch eine neue Figur im Leben von Will und seiner Mutter Joyce. Ein wenig erinnert der gutherzige, hilfsbereite und am Ende auch heroische Charakter von Sean Astin an seine Vorzeige-Rolle Sam aus "Herr der Ringe". Das wiederum macht aus Will eine Art Frodo, der auserwählt wurde, die Bürde des einen Rings zu tragen. Und in "Stranger Things" scheint der Junge wie Frodo hin- und hergerissen zu sein zwischen unserer Welt und dem "Reich der Schatten". Fazit: Den Duffer-Brüdern ist es erneut gelungen, eine packende Geschichte zu erzählen.

(jov)
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