Berlin Das schmutzige Spiel um die Macht

Berlin · Heute startet die ARD einen ambitionierten Sechsteiler. "Die Stadt und die Macht" bleibt aber einiges schuldig.

Susanne Kröhmer (Anna Loos) engagiert sich als Anwältin für straffällige Jugendliche. Ihr Vater Karl-Heinz Kröhmer (Thomas Thieme) ist Fraktionsvorsitzender der Berliner CDP. Als der aussichtsreichste Parteifreund, der Bürgermeister Manfred Degenhardt (Burghart Klaußner) das Amt abjagen soll, über einen Bauskandal stolpert, steht die CDP ohne Spitzenkandidaten da. Susanne Kröhmer übernimmt, obwohl sie sich gerade erst entschieden hat, Mutter zu werden. Zudem ist ein Freund aus Kindheitstagen, der ebenfalls in einem Bauunternehmen arbeitet, vom Dach gesprungen. Sie war die Letzte, die er vor seinem Tod versucht hat zu erreichen.

Berlin ist ein Moloch - das mögen Außenstehende schon lange denken. Doch in der neuen ARD-Mini-Serie "Die Stadt und die Macht" ist die Politik vor Ort ein Abgrund. Die Newcomerin Susanne Kröhmer, die nur durch die Position ihres Vaters über einen gewissen Stallgeruch verfügt, muss schnell feststellen, wie ihre Ideale an der Realität und an Skandalen zerbrechen - mancher mag sich an die Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke erinnern - die Journalistin kam auch als Quereinsteigerin an die Stadtspitze und trat nach zwölf Monaten zurück.

Hauptdarstellerin Anna Loos hätte übrigens für kein Geld der Welt Lust, Politikerin zu werden. Als Künstlerin und als Privatmensch könne sie authentisch sein. "Als Politiker hat man das nicht, man muss sich ständig kontrollieren." Jeder Satz von Politikern sei kurz darauf überall zu lesen oder zu hören. Wie Politik gesteuert wird, ist durch eine Rolle unterhaltsam inszeniert: Georg Lassnitz wird Kröhmers Wahlkampfmanager, ein Opportunist, Zyniker und Kampagnen-Gott. Schauspieler Martin Brambach brilliert in der Darstellung und sorgt für den Witz des Sechsteilers.

Die Zutaten bei dieser Mini-Serie stimmen: Namhafte Schauspieler - vor allem die Politriege um Burghart Klaußner und Thomas Thieme glänzt -, wundervolle Berlin-Bilder von Regisseur Friedemann Fromm und Kameramann Michael Wiesweg, die auch bei "Weissensee" zusammen gearbeitet haben, ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit, Lug und Betrug - doch so richtig springt der Funke nicht über. Dafür ist die Geschichte zu abstrus, die Komplexität von Politik wird nicht wirklich eingefangen. Denn so einfach, wie Susanne Kröhmer mit platten Weisheiten durch die Gremien spaziert, kann die politische Arbeit nicht sein. Selbst in Berlin nicht.

"Die Stadt und die Macht", Das Erste, heute, Mi, Do, jeweils als Doppelfolge ab 20.15 Uhr

(mso)
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