Berlin Der Verwandlungskünstler

Berlin · Michael Kessler trifft in "Kessler ist..." Wolfgang Bosbach und andere Prominente - und schlüpft in die Rolle seiner Gäste.

Michael Kessler ist ziemlich oft in der Maske. Das ist für einen Schauspieler nicht ungewöhnlich. Aber der 50-Jährige geht dabei regelmäßig einen Schritt weiter als die meisten Kollegen. Kessler trifft Prominente zum Gespräch - schlüpft in ihre Rolle und sieht ihnen dabei idealerweise täuschend ähnlich. Das ist das Konzept von "Kessler ist...". Die neue Staffel läuft ab heute Abend im ZDF. Und Kessler hat sich wieder viel vorgenommen. Diesmal ist er nacheinander Wolfgang Bosbach, Conchita, Uwe Ochsenknecht und Dieter Hallervorden.

Kesslers Ansatz ist eine ungewöhnliche Form des Interviews mit vertauschten Rollen. Der Gesprächspartner stellt dabei Fragen gewissermaßen an sich selbst, beziehungsweise an Kessler, der so aussieht wie sein Gegenüber. Und schon die Vorbereitungen darauf, die der Zuschauer verfolgen kann, sind oft ganz spannend.

CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist für so manchen in seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach nur der "WoBo". Viele, die ihn so nennen, fühlen sich ihm nah. Bundesweit bekannt ist er als Klartexter, das ist gewissermaßen sein Markenzeichen. Nun verabschiedet sich der 65-Jährige aus der Bundespolitik - und hat sich vorher mit Kessler getroffen. Man sieht die beiden, wie sie sich zusammen Fotos aus Bosbachs Leben angucken und wie Kessler ihn befragt über seine Karriere auf Kosten des Privatlebens, über seine Medienpräsenz, über seine Krebserkrankung. "Politik war sein Leben", sagt Kessler über ihn. "Was wird er ohne sie jetzt tun?"

Der langjährige Bundestagsabgeordnete und CDU-Politiker ist jedes Jahr 90.000 Kilometer auf der Autobahn unterwegs gewesen und hat 200 von 365 Nächten im Hotel verbracht. "Das Reisen ist viel belastender als vor fünf oder zehn Jahren", räumt er ein und sagt über sich selbst, er sei "ein Mensch, der heute viel öfter müde ist als in der Vergangenheit und der sich zu oft fragt, kannst du das alles schaffen, was du dir vorgenommen hast?"

Kessler bereitet sich auf seine Interviews mit vertauschten Rollen ausgiebig vor. Diesmal fährt er nach Bergisch Gladbach. "Es nagt an ihm, dass er nicht Minister wurde", erzählt sein alter Freund Wolfgang Unrau über den CDU-Politiker. Und dass er viel ernster geworden sei, seit er von seiner Krebserkrankung erfahren hat. "Wie er damit umgeht, ich könnte das nicht." Kessler trifft auch Bosbachs Mutter Else. Sie zeigt ihm die 30 Ordner mit Zeitungsartikeln - alle über ihren Sohn. Und sie erinnert sich an ihn als Kind: "Sehr unruhig", sei er gewesen. "Er brauchte Action."

Bosbach sagt, er rechne wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr in Jahren, sondern in kürzeren Zeiträumen. Und er frage sich schon: "Warum lässt der liebe Gott das zu?" Beantworten könne er das nicht. Und dennoch: "Das Allermeiste in meinem Leben würde ich unter Glück subsumieren."

Als die beiden sich dann gegenübersitzen, Kessler als Wolfgang Bosbach, haben die Zuschauer schon viel über den Politiker erfahren. "Warum willst du nicht noch einmal kandidieren?", fragt Bosbach nun sein Gegenüber. "Ich fahre seit 30 Jahren auf der Überholspur, ich hätte längst loslassen müssen", sagt Kessler in der Bosbach-Rolle. Und was wird er nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag vermissen? "Nicht vermissen werde ich die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Partei", sagt Kessler. Da muss der echte Bosbach lachen - das hätte er sicher selbst genauso gesagt.

"Kessler ist . . .", ZDF, 23.15 Uhr

(dpa)
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