David Rott "Der deutsche Film ist zu wenig kreativ"

Der Schauspieler wünscht sich mehr Raum für fantasievolle Projekte und einen Abschied vom deutschen Sendeprinzip.

düsseldorf David Rotts Schauspielkarriere begann am berühmten Wiener Burgtheater, seit einigen Jahren dreht er ausschließlich Filme. Seine wohl bekannteste Rolle war der junge Udo Jürgens in "Der Mann mit dem Fagott". Heute läuft sein aktueller Film "Steirerkind" um 20.15 Uhr in der ARD.

Herr Rott, Sie kommen gebürtig aus Leverkusen. Zieht es Sie manchmal noch zurück ins Rheinland?

David Rott Ehrlich gesagt nur sehr selten. Ich habe ja auch nur kurz in Leverkusen gewohnt. Mein Vater lebt zwar noch in Köln, ansonsten kenne ich dort eigentlich niemanden mehr. Aber Bayer und den Fußball, das verfolge ich schon, die Monsanto-Übernahme zum Beispiel.

Sind Sie Bayer 04-Fan?

Rott Fan wäre zu viel, aber wenn ich Fußball gucke, dann Bayer Leverkusen. Ich hoffe, dass sie sich mit Heiko Herrlich wieder oben etablieren.

Leverkusen ist also nicht Ihre Heimat. Was verstehen Sie unter diesem aktuell viel diskutierten Begriff?

rott Man muss da momentan aufpassen, nicht auf eine reaktionäre Ebene abzurutschen. Für mich hat Heimat in erster Linie mit Menschen zu tun, nicht mit Boden. Ich will das nicht auf einen Ort begrenzen, das verengt den Blick.

Sie wohnen mit Ihrer Familie in der rheinland-pfälzischen Provinz, Ihr aktueller Film "Steirerkind" wurde in Österreich gedreht. Wie schwer ist es, lange von zu Hause weg zu sein?

rott Entscheidend ist, wie lange diese Phasen andauern. Letztes Jahr habe ich fünf Monate in Hamburg gedreht, das war schon hart. Für "Steirerkind" war ich nur eine Woche weg, das ist in Ordnung. Es gehört auch einfach zum Beruf des Schauspielers dazu, viel unterwegs zu sein. Dafür hat man aber, wenn man zu Hause ist, auch keine Arbeit dabei.

In "Steirerkind" spielen Sie einen mordverdächtigen Wirt - eine kleine Rolle. Was hat Sie daran gereizt?

Rott Der Regisseur, Wolfgang Murnberger, ist ein super Typ, mit ihm würde ich alles drehen. Am Set schafft er eine tolle Atmosphäre.

Apropos Atmosphäre am Set: Die #metoo-Debatte hat auch die deutsche Filmlandschaft erfasst. Was sind Ihre Erfahrungen damit?

Rott Beim Film habe ich das bisher nicht erlebt, aber beim Theater. Da ist der Umgang zwischenmenschlich oft problematisch, teilweise ekelhaft. Das muss nicht sein: Nur weil man Kunst macht, muss man sich nicht danebenbenehmen.

Haben Sie sexuelle Übergriffe mitbekommen?

Rott Das nicht, aber das Ganze hat ja auch nicht nur eine sexuelle Komponente. Vielmehr geht es um Macht, die ausgenutzt wird. Das trifft dann häufig Frauen, weil diese nicht nur in unserer Gesellschaft immer noch nicht gleich behandelt werden. Es ist wichtig, dass das jetzt mal auf den Tisch gekommen ist.

Ihre Karriere hat am Theater begonnen, mittlerweile machen Sie nur noch Filme. Warum der Wechsel?

Rott Ich war sechs Jahre am Theater, in Berlin, Wien und Zürich - und das sehr gerne. Aber dann hatte ich einfach Lust, Filme zu drehen. Das klappt auch gut, ist aber nicht immer einfach. In Deutschland wird zwar viel produziert, aber nicht immer qualitativ Hochwertiges. Es gibt zu wenig Freiraum für spannende, fantasievolle Projekte. Oft gibt es nur Krimis und Schmonzetten.

In Ihrer Filmografie finden sich aber auch viele "Tatort"-Episoden.

rott Klar, man muss ja Geld verdienen. Da macht man eben auch, was man kriegt. Der deutsche Film ist zu wenig kreativ. Es wird noch nach dem Sendeplatz-Prinzip gearbeitet, also für eine bestimmte Sendezeit produziert. Bei Netflix, Amazon und Co. ist man da weiter: Da wird viel Geld in Serienprojekte gesteckt, die sich jeder dann anschauen kann, wann er will.

Ihre erste Serie, "Bad Cop" bei RTL, lief nur eine Staffel. Haben Sie trotzdem noch einmal Lust auf das Genre?

Rott Auf jeden Fall. Serien zu drehen kostet zwar sehr viel Zeit, macht aber auch Spaß. Da verabschiedet man sich nicht nach 90 Minuten von einer Rolle, sondern kann viel Zeit mit ihr verbringen, sie weiter ausbauen und verändern.

Haben Sie eine Lieblingsrolle?

Rott Es gibt Rollen, die einem besonders am Herzen liegen. Für mich war das Eric aus "Die Kinder meines Bruders". Er kämpft um den Milchhof der Familie und seine Neffen und Nichten. Auch Jan Starck aus "Bad Cop" hatte eine gute Mischung: attraktiv, anarchisch, lebenslustig.

Ihren bekanntesten Film, "Der Mann mit dem Fagott", haben Sie nicht genannt.

Rott Auch das hat mir viel Freude bereitet. Aber es war ein Porträt, andere Rollen kann ich selbst mehr ausgestalten.

Zum Beispiel auch die in den Weihnachtsfilmen, die Sie jedes Jahr mit Ihrer Familie drehen?

Rott (lacht) Im vergangenen Jahr ist der Film ausgefallen, weil ich mit Frau und Kindern auf Weltreise war. An Weihnachten waren wir in Neuseeland. Aber eigentlich machen wir das jedes Jahr. Alle machen mit, Tanten, Onkel, Großeltern. Jeder bekommt eine Rolle.

Was war Ihre letzte Rolle?

Rott Ich habe oft Regie geführt oder die Kamera gemacht. 2016 war ich einer der Heiligen Drei Könige und bin auf einem Pferd im Schnee herumgeritten. Das ist eine sehr schöne Familientradition.

Marlen Kess führte das Gespräch.

(RP)
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