TV-Show "Circus HalliGalli" Joko und Klaas sind nicht mehr lustig

Düsseldorf · Die Gags kommen schnell, doch die Qualität der Witze ist zweitklassig. Überraschungen und irre Interviews gelingen Joko und Klaas im "Circus HalliGalli" allerdings auch fünf Episoden vor Schluss.

 Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf in ihrer fünftletzten Show.

Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf in ihrer fünftletzten Show.

Foto: ProSieben/Claudius Pflug

Sie starten die ProSieben-Show à la Stefan Raab in den Abend. Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf spielen den Song "How it is" von Youtuberin Bibi Heinicke ("BibisBeautyPalace"). Das Lied sammelt nicht nur auf Youtube rekordverdächtige Dislikes, sondern bleibt auch vom Spott der Moderatoren nicht verschont.

Nachdem die Parodie des kümmerlichen Popsongs abgespielt ist, kommentiert Klaas mit einer Idee zum aktuellen Anlass: "Der Song ist so scheiße. Lieber NDR, wäre das nicht etwas für den Eurovision Song Contest?". Die Pointe ist okay, nur fehlt die Art und das verschmitzte Grinsen - nur echt mit falschen Zähnen - mit denen Raab solche Beleidigungen einst salonfähig machte.

Klaas verspottet Kai Pflaume

"Raabeske" Züge hatte am Dienstagabend auch die Selbstironie von ProSieben. In der fünftletzten Folge "Circus HalliGalli" rechneten Joko und Klaas auf ihre Weise mit dem derzeitigen Fernsehangebot ab und zeigten Showideen, die auf ihre Sendung folgen könnten. Die "Prosieben Steuererklärungs-Weltmeisterschaft" mit 200 Teams, 4000 Promis und zwölf Stunden Sendezeit ging auf Kosten eigener ProSieben-Formate.

Eine Spur zu vulgär, zu billig waren die anderen Vorschläge: Das Quizformat "Das große Arschloch-Raten" als neue Familienshow, "kann der Lanz machen, würde ich sofort gucken", sagte Joko. "Bitte melde dich nicht", in Anlehnung an ähnliche RTL- und Sat.1-Formate hatte in diesem Fall die Intention, dass Menschen auch in Zukunft lange verschollen bleiben mögen. Kai Pflaume, der laut Klaas wie "ein 70-Jähriger, gefangen im Körper eines 37-Jährigen" daherkomme, sei der prädestinierte Moderator. Übertreibung macht zwar anschaulich, trotzdem ist weniger manchmal mehr.

Erstaunlich bleibt, dass es nach neun Staffeln und zwölf Episoden immer noch das Unvorhersehbare bei "Circus HalliGalli" gibt. Die Witze sind flach geworden, die Show aber wirkt nie langatmig. So war der Sendeverlauf immer von angeblichen "Hacker-Angriffen" unterbrochen: Zuerst schwoll Jokos Kopf unnatürlich an. Dann hatten die Zwei für einige Sekunden Penis-Nasen. Und mitten im Interview mit Campino ("Die Toten Hosen") klang Klaas' Stimme plötzlich verzerrt wie eine Erpresser-Stimme. Dass das wenig unterhaltsam war, ist nur zweitrangig. Vielmehr scheint es darum zu gehen, die Gag-Dichte möglichst hoch zu halten, dem Zuschauer also das Gefühl zu geben, er könnte beim kleinsten Moment der Unaufmerksamkeit den nächsten Lacher verpassen.

Nullachtfünfzehn ist nicht ihr Stil

Auch die Interviews sind nach wie vor einzigartig. Campino durfte zwar auch singen, wurde zuvor aber nicht bloß zum neuen Lied oder Album der "Toten Hosen" befragt. Joko erzählte den Mythos, dass die Düsseldorfer Band in den Anfangsjahren fremde Proberäume als Toilette missbraucht hätte. Der Prolog aber lief nicht auf die Frage hinaus, ob die Geschichte denn nun wahr ist. "Wie entsteht so ein Gerücht?", wollte Joko wissen und bewies, dass nullachtfünfzehn nach wie vor nicht der Stil dieser Show ist.

Unorthodox war auch das Gespräch mit Nora Tschirner. Im kleinen Kabuff fragte Klaas, wie oft sie ihren eigenen Wikipedia-Artikel lese, was ihr Lieblingsgeräusch sei und welchen von all ihren Berufen (Schauspielerin, Synchronsprecherin, Komikerin, Moderatorin etc.) sie wohl am schlechtesten beherrsche. 100 Fragen in weniger als drei Minuten. Selbst zum Lachen bleibt kaum genug Zeit. Und à propos Zeit. Die rennt dahin — und während man sich noch fragt, ob all das nun wirklich lustig ist und warum Klaas Heufer-Umlauf eigentlich knallblonde Haare hat, läuft schon längst "Two and a half men".

(ball)
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