"Der Bachelor" Der Emanzipationsbremsklotz

Köln · Die sechste Staffel von "Der Bachelor" findet am Mittwochabend ihr Ende - endlich. Zwei von anfangs 22 Frauen sind nach viel Probe-Knutschen noch übrig. Unser Autor wundert sich, wie eine solche Sendung im Jahr 2016 noch möglich ist.

Der Bachelor 2016: Leonie gewinnt Finale und Leonard Freier
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Der "Bachelor": Leonard und Leonie knutschen vorm Finale

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Foto: RTL

Da hat uns RTL ein wirklich hübsches Abziehbild vom Manne geschenkt. Groß, braune Haare, Muskeln ohne Ende, schlank, reich, erfolgreich und, na klar, Familienvater. Ein Mann, der neben seinen zwölf Stunden als Unternehmer täglich drei Stunden im Fitnesscenter trainiert und sich ausgiebig um seine Tochter kümmert. Könnten wir nicht alle so wahnsinnig perfekt sein? Leonard Freier (31) schaut gelegentlich, als wolle er sich an der Fleischtheke eine Scheibe Bärchenmortadella erbetteln. Dann sagt er: "Ich brauch' schon eine Frau, die ich führen kann."

Und die Frauen? Na, die wollen nichts anderes, als sich von dem schönen Leonard führen zu lassen. Ihn anschmachten, auf dem Sofa sitzen, die Beine übereinander geschlagen, und aussehen wie ein Accessoire, etwa wie das neue Designerkissen oder der güldene Kronleuchter. Sie gehen in ihrem absoluten und uneingeschränkten Willen zur Unterordnung auf.

Die sechste Staffel der himmelschreienden RTL-Sendung "Der Bachelor" findet heute ihr Ende. Leonard entscheidet sich zwischen Leonie-Sophia und Daniela. Wer bekommt die letzte Rose? Wem schenkt Freier sein Herz? Die RTL-Pressestelle frohlockt und jauchzt angesichts der Dramatik, die das Finale verspricht. Dabei ist die Irrelevanz und Banalität dieser Entscheidung zu groß für jeden Superlativ. Das Spiel, von dem der Kölner Sender hofft, dass wir es glauben, geht zu Ende. Und am Ende dieses Spiels steht, wie so oft, das Nichts.

Gibt es denn Menschen, die wirklich meinen, dieses archaische Balzverhalten der vergangenen Wochen ginge in einer Traumschlossromanze auf? Mal tanzt Leonard oberkörperfrei mit stählernem Sixpack und von Frauen im Bikini umgeben auf einer Jacht, dann nächtigt er mit Leonie-Rosella auf einer einsamen Insel. Die meint, dass ihr Date das beste von allen sei, weil sie ja mit ihm auf einer einsamen Insel übernachtet hat.

Aus mehr als 20 Frauen wählt Leonard in verschiedenen Folgen immer wieder welche aus, die er nach Hause schickt. Weil er in sogenannten "Einzel- und Gruppendates" herausfindet, ob es passt oder nicht. Bei RTL ist es mit der Emanzipation noch nicht so weit her, dass die Frau dabei ein Wörtchen mitzureden hätte.

Nun heißt es, dass Fernsehsendungen auch immer ein Stück weit den Zeitgeist widerspiegeln. Für den "Bachelor" kann man das gar nicht entschieden genug zurückweisen. Der Glaube daran, dass die Gesellschaft erheblich weiter ist als der private Fernsehsender, der sich für solch ein sexistisches Frauen- und Männerbild feiert, ist ungebrochen. Und auch wenn man sich seiner Naivität hingäbe und alles glaubte, was man in- und außerhalb der Sendung zu hören bekommt, dann klafften unendlich viele weitere Fragen auf.

Spannend ist bloß die Motivation der Teilnehmer. Warum stellt sich ein Mann, der so schön und so erfolgreich ist, dessen einzige Makel Silberblick und Lispeln sein sollen, vor Fernsehkameras und steckt teils zehn Jahre jüngeren Frauen nacheinander seine Zunge in den Hals? Weil er es kann? Weil er einen Haufen Kohle bekommt? Und: Warum gehen junge, hübsche, vielleicht in Wahrheit auch gar nicht so doofe Frauen dahin und himmeln einen Mann an, der erzählen muss, er sei Unternehmensberater, während er im wahren Leben wohl Versicherungen verkauft?

Wie Menschen, die sich im Privatflugzeug über Miami verknallen, zusammen im Supermarkt über die benötigte Menge Grünkohl debattieren können, bleibt das letzte unromantische Rätsel dieser Sendung.

"Der Bachelor", RTL, 21.15 Uhr

(her)
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