Die ARD checkt sich selbst "Wir bekommen nicht mehr als die anderen... prozentual"

Düsseldorf · In der Live-Show "ARD-Check" stellten sich WDR-Intendant Tom Buhrow und Lutz Marmor, Intendant des NDR, kritischen Fragen des Studio- und Netzpublikums. Echte Einblicke gab es dabei kaum.

 Lutz Marmor (l.) und Thomas Buhrow beantworteten Zuschauerfragen.

Lutz Marmor (l.) und Thomas Buhrow beantworteten Zuschauerfragen.

Foto: ARD/Thorsten Jander

Dabei sollten sie stellvertretend für die ARD antworten. Zu den Zielen der Sendung erklärte Moderatorin Sandra Maischberger die Beantwortung zweier Fragen: Ist die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen glaubwürdig? Und: Was bekommt der zahlende Bürger für seine Rundfunkgebühren?

Vorab: Wer sich von einer ARD-Sendung erklären lassen möchte, ob die ARD genug leistet, stellt hohe moralische Ansprüche an die Sendeanstalt. Umso mehr, da mit den beiden Hauptpersonen zwei Menschen eingeladen sind, die nicht nur an der Programmpolitik teilhaben, sondern diese maßgeblich bestimmen. Daher kann es kaum enttäuschen, dass die Antworten Buhrows und Marmors zutiefst diplomatisch daherkommen und nur selten tiefere Einblicke erlauben, warum die Öffentlich-Rechtlichen so sind, wie sie sind.

Unfreiwillig komisch

Höhepunkte der Sendung sind ihre unfreiwillig komischen Momente: Ein Tom Buhrow, der die Pension von Chefredakteuren mit der von Mitarbeitern vergleicht ("Wir bekommen nicht mehr als die anderen... prozentual.") und ein älterer Gast im Publikum, der sich nicht nur Politiker und Journalisten in Talkshows wünscht, sondern Menschen mit "vernünftigen" Berufen.

Stellvertretend für Marmors Position gegenüber der Rolle der neuen Medien hier seine Antwort auf die Frage eines jungen Mannes aus dem Studio: Politik solle ihren Weg "ins Netz" finden und sich dort "hoffentlich" wieder ein junges, interessiertes Publikum erschließen. Dabei scheint er ein bestimmtes Format im Sinn zu haben, das er im Verlauf der Sendung immer wieder am Rande erwähnt ("Zusammenarbeit mit dem Hörfunk", "junges Angebot"), aber nie erklärt. Den jungen Mann, der von sich sagt, Filme und Serien fast nur noch zu "streamen", also über Internet-Anbieter zu schauen, wird er kaum mit der Aussage hinter dem Ofen hervorlocken, dass eher "Nachrichten und Sport" die "Domäne" der öffentlich-rechtlichen Sender seien.

Konkret wurde Marmor auf die Frage eines Mannes aus dem Publikum, der wissen wollte, warum es keinen Schlager mehr im Radio gebe: "Der Geschmack der 60-Jährigen hat sich geändert." Deutschsprachige Musik sei eher in jüngeren Sendern zu finden, allerdings gebe es auch Pläne für einen Schlagersender, der nur im digitalen DAB-Plus-Format verfügbar sein soll. Wie das ominöse Online-Politik-Format für junge Menschen sei auch der Start des neuen Senders noch von der Entscheidung wichtiger Rundfunk-Gremien abhängig.

Ganz und gar unbeteiligt seien die Sendeanstalten hingegen an der Regelung der Rundfunkgebühr. Eine junge Frau aus dem Publikum fragte, warum "ein Topverdiener genaus soviel zahlt wie ein Student." Marmor verwies darauf, dass es sich dabei um eine "politische Entscheidung" handle, die Intendanten nicht treffen. Dennoch begründete er sie, und zwar damit, dass es "einfacher für die Verwaltung" sei, einen Betrag für einen Haushalt zu erheben — auch, wenn Studenten, die nicht in Wohngemeinschaften leben, damit benachteiligt werden, wie die junge Frau feststellte.

Schwieriges Thema Glaubwürdigkeit

Auf schwieriges Terrain sollte sich die Sendung begeben, als die ersten Fragen um Objektivität und Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien aufkamen. Neben Buhrow ("Redaktionen sind frei") kam dort auch Anne Will zu Wort, die gemeinsam mit einigen weiteren prominenten Gästen allerdings nur wenig Redezeit zugestanden bekam. "Es gibt überhaupt keine Vorgaben, keine Einflussnahme", versicherte sie den Zuschauern und Marmor — der als NDR-Intendant und ARD-Vorsitzender bezeichnenderweise sowohl ihr ehemaliger als auch ihr aktueller Chef ist.

Persönlicher wurde eine Frau im Publikum, die fragte, warum Buhrow mehr verdiene als die Bundeskanzlerin. "Weil die Kanzlerin unterbezahlt ist." Mit der "Privatwirtschaft", in der Senderchefs mehrere Millionen im Jahr verdienen, wolle Buhrow (4400 Mitarbeiter, 367.000 Euro Jahresgehalt) das noch nicht einmal vergleichen. Es sei "absurd", wie wenig Geld Angela Merkel für ihre Verantwortung bekäme. Bodenständiger ließ ihn ihn allerdings weder das noch seine Aussage, dass Deutsche "gar nichts gönnen" würden, erscheinen.

Im Studio hätten Buhrow und Marmor leicht den Eindruck zweier schutzloser Personen machen können, die in einer großen Manege ganz allein und den Zuschauern ausgeliefert sind. Umso mehr, als Marmor sich im dunkelroten Scheinwerferlicht einer Fragerunde mit TV-Kritiker Hans Hoff stellen musste. Doch den Kampf hatten die beiden Gladiatoren schon gewonnen, bevor er begann. Kein Wunder: Sie kämpften ihn in ihrer eigenen Arena.

(bur)
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