Interview mit Gauland Markus Lanz macht vor, wie man mit AfD-Politikern diskutiert

Düsseldorf · Hartnäckig, aber fair – in seiner Show am Dienstag hatte Markus Lanz den AfD-Politiker Alexander Gauland zu Gast. Und zeigte, wie wir in der Öffentlichkeit mit den Rechtspopulisten umgehen können, ohne ihnen eine Bühne zu bieten.

 Markus Lanz im Gespräch mit Alexander Gauland

Markus Lanz im Gespräch mit Alexander Gauland

Foto: Screenshot: ZDF / Markus Lanz

Hartnäckig, aber fair — in seiner Show am Dienstag hatte Markus Lanz den AfD-Politiker Alexander Gauland zu Gast. Und zeigte, wie wir in der Öffentlichkeit mit den Rechtspopulisten umgehen können, ohne ihnen eine Bühne zu bieten.

Die einzige kleine Gemeinheit hatte sich Markus Lanz für den Schluss aufbewahrt. In seiner Talksendung am Dienstagabend im ZDF (hier in der Mediathek anschauen) sprach er AfD-Politiker Alexander Gauland auf die Niederlage in dessen Wahlkreis gegen einen CDU-Politiker an. "Ich fand es interessant, dass der AfD-Kandidat gegen einen Kandidaten verliert, der zuhause zwei Eriträer aufgenommen hat." Diese Spitze ließ Gauland mit seiner ungleich gemeineren Antwort gleich wieder vergessen: "Politik ist ungerecht."

Sonst aber setzte Lanz nicht darauf, Gauland aufs Glatteis zu führen, sondern zeigte vorbildlich, wie wir — Politiker, Journalisten, Teilnehmer in Talkshows — in öffentlichen Diskussionen mit AfD-Politikern umgehen sollten.

Die Meinung ist legitim, überhaupt keine AfD-Politiker in eine Sendung einzuladen, wenn diese zuvor übertrieben provoziert haben und darauf spekulieren, sozusagen zur Belohnung im TV erklären zu dürfen, wie sie das denn gemeint haben. Wer sie aber trotzdem einlädt, der macht es am besten wie Lanz — auch wenn der bisher im Schatten der öffentlich-rechtlichen Polit-Talker stand. Lanz gab Gauland keine Sekunde die Gelegenheit, sich in die Opferrolle zu begeben. Der Moderator blieb höflich, freundlich, ruhig und ließ Gauland ausreden, solange der nicht anfing, sich rauszureden. Er kam sogar aus, ohne Gauland auf seine Aussagen zu Integrationsministerin Özoguz und zur deutschen Wehrmacht anzusprechen. Zu häufig war Gauland darauf schon angesprochen worden, es hätte also nichts mehr gebracht.

"Was ist mit meinem türkischen Gemüsehändler?"

Gleich zu Beginn stellte Lanz Gaulands Aussage am Wahlsonntag in den richtigen Kontext, man wolle sich das Land zurückholen. Lanz sagte, er habe an Trumps Antrittsrede denken müssen und dem sei es darum gegangen, dem weißen Amerika die Macht zurückzugeben. "Wem wollen Sie etwas zurückgeben?" Lanz lässt Gauland lange zu Wort kommen, von den Menschen reden, die das Gefühl haben, ihr Land zu verlieren, sich nicht mehr auf die Straße trauen - um dann einzuhaken: "Wie definieren Sie, wer dazugehört? Gehöre ich mit meinem italienischen Pass dazu?"

Da wird es schnell eng für Gauland, der sagt, EU-Bürger seien kein Problem. Das gelte nur für Menschen aus einem fremden Kulturkreis. Lanz hakt nach: "Was ist mit meinem türkischen Gemüsehändler?" Gauland erwidert, dass ein in Schwaben geborener Gastarbeiter-Sohn natürlich Deutscher sei. Hier springt der konservative Journalist Robin Alexander Moderator Lanz zur Seite und verweist darauf, dass einige AfD-Politiker das im Wahlkampf zeitweise in Frage gestellt haben.

Später gesteht Lanz Gauland zu, dass man die Haltung vertreten könne, die Flüchtlinge im September 2015 ins Land zu lassen, sei falsch gewesen. "Das muss man aushalten. Mein Punkt ist ein anderer: Haben Sie das Gefühl, es könnte was mit Ihnen zu tun haben, wenn die Kanzlerin auf unflätigste Art und Weise beschimpft wird? Fühlen Sie sich verantwortlich?"

Gauland ist kein Politiker, dem anzusehen ist, wenn er sich windet - dafür ist er zu sehr Profi. Aber er windet sich. Er erwidert bloß, die AfD habe den Hass nicht hervorgerufen, die Fremden hätten die Leute auf die Barrikaden gebracht. Lanz überzeugt das nicht: "Das Rückwärtsgewandte, das Spiel mit der Angst, das, was Ihr Kollege Höcke vom Stapel lässt, das ist schwer zu ertragen. Können Sie das nachvollziehen?"

"Hassprogramm im Social-Media"

Gauland leugnet erneut jede Verantwortung, wieder klinkt sich Journalist Robin Alexander ein und wirft Gauland vor, den Hass gezielt zu schüren. "Sie haben drei Leute, die in den USA den Social-Media-Auftritt für Trump gemacht haben. Sie haben ein Hassprogramm im Social-Media abgezogen, das diese Republik noch nicht erlebt hat. Das hat mit der Grenzöffnung nichts zu tun, das ist Ihre ureigene Verantwortung."

Gauland kommt da nicht mehr so recht raus. Es habe da einen Fall in den sozialen Netzwerken gegeben, räumt er ein, als ihnen etwas nicht vorgelegt worden war - dabei weiß er selbst, dass die AfD systematisch gegen Angela Merkel hetzt. Dass er darauf nicht hinweist, war eines der wenigen Versäumnisse von Lanz. Stattdessen macht er aber einen anderen Punkt: "Sie hätten auch die Leute von Barack Obama holen können. Diese Botschaft war schon gewollt."

Plötzlich wählt Gauland eine andere Strategie: "Wir sind keine Berufspolitiker in dem Sinne. Das ist noch einfach und dilettantisch." Lanz lässt sich darauf nicht ein: "Sie waren 40 Jahre bei der CDU, Sie sind Berufspolitiker." Kurz zuvor hatte er Gauland schon nicht durchgehen lassen, dass er nur Merkel als westliche Elite bezeichnet. "Herr Gauland, mit Verlaub, Sie sind auch westliche Elite. Sie gehören zur gleichen Kaste, der auch Frau Merkel angehört."

Am Ende des Gesprächs bedankt sich Lanz als guter Gastgeber für die Diskussion: "Sie laufen nicht weg." Mit Blick auf die Rolle der AfD als Opposition im Bundestag schiebt er nach: "Sie haben es in der Hand, das Ding konstruktiv zu gestalten - oder ewig rückwärtsgewandt."

(seda)
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