"Everest" im Kino Der Totgesagte vom Mount Everest

Kathmandu · Im Mai 1996 starben acht Bergsteiger bei dem Versuch, den höchsten Gipfel der Welt zu bezwingen. Beck Weathers überlebte, obwohl er bereits für tot gehalten und zurückgelassen wurde. Nun erzählt ein Film von der Expedition.

"Everest" im Kino: Der Totgesagte vom Mount Everest
Foto: ap/Universal

Als Beck Weathers aufwachte, war er nicht in Dallas. Es war der Nachmittag des 11. Mai 1996, als er plötzlich die Augen aufschlug. "In meinem verwirrten Zustand glaubte ich zunächst, ich läge gemütlich in meinem warmen Bett zu Hause und durch das Fenster schiene die strahlende Sonne von Texas", erzählte er später in einem Buch. Weathers lag halb erfroren im Eis des Mount Everest. Aber er lebte.

Denn eigentlich war Beck Weathers schon tot, oder für tot erklärt, was im ewigen Eis des Mount Everest aufs Gleiche herauskommt, wenn niemand mehr da ist, der einem helfen kann. Er war unterkühlt ins Koma gefallen, ein Kardiologe hatte entschieden, dass Weathers verloren sei, seine Frau war bereits informiert - das volle Programm. Fast einen Tag hatte er bewusstlos im Eis gelegen, nun humpelte er zurück ins Leben.

19 Jahre ist das nun her, und jetzt kommt Beck Weathers Geschichte ins Kino. Der Film heißt bloß "Everest", Regisseur Baltasar Kormákurund hat ihn gedreht. Zu sehen sind schöne Bilder vom höchsten Berg der Welt, bis das Wetter umschlägt und die Expedition einiger Waghalsiger zum Todesspiel wird.

Die Runde, die sich 1996 aufmachte, um den Gipfel zu bezwingen, darf man als illuster bezeichnen: Die Japanerin Yasuko Namba, Personalchefin des Paketdiensts Federal Express, war dabei und die New Yorker Millionärin Sandy Hill Pittman, die sich eine Espressomaschine ins Basislager bringen ließ. Der 49-jährige Weathers, ein Pathologe, war gleichfalls wohlhabend. 65.000 Dollar ließ sich jeder den Gipfelsturm kosten. Der Bestsellerautor Jon Krakauer ("Into The Wild") schloss sich der Gruppe an, um eine Reportage über reiche Bergsteiger zu schreiben. "In eisige Höhen" erschien 1998. Es ist das Protokoll einer Tragödie.

Denn für acht Teilnehmer endete die Expedition tödlich, nachdem sie sich am 9. Mai 1996 vom Hochlager auf den Weg zum letzten Anstieg gemacht hatten. Bergführer Rob Hall hatte entschieden, die Bergsteiger durch die Nacht zu führen, zugleich machte sich eine weitere Gruppe auf den Weg. 850 Höhenmeter lagen vor den insgesamt 33 Alpinisten, um 14 Uhr am nächsten Tag sollte der Gipfel erreicht sein. Aber die Gruppe brauchte länger, manch einer musste den Anstieg abbrechen. Beck Weathers blieb 400 Meter vor dem Gipfel zurück. Obwohl er sich vor der Expedition seine Kurzsichtigkeit hatte wegoperieren lassen, machten seine Augen nicht mehr mit. Mit jedem Meter wurde die Sehkraft schwächer, bis er aufgeben musste.

Rob Hall verabredete mit Weathers, ihn beim Abstieg einzusammeln, doch der Bergführer verspätete sich, weil er einem schwächelnden Kletterer half. Zehn Stunden wartete Weathers, bis er sich einer anderen Gruppe anschloss. Es hätte nun alles gut gehen können, doch 500 Meter bevor die Bergsteiger das "Lager IV" erreichten, zog ein Sturm auf, 130 Stundenkilometer schnell wehte der Wind. Weathers verlor seinen rechten Handschuh, die Gruppe entschied, dass es so nicht weitergeht. Die Schwächeren blieben zurück, die Stärkeren gingen los, Retter holen. Für Beck Weathers schien jede Hilfe zu spät.

"Die Kälte betäubte mich, und ich dämmerte langsam weg", schrieb Weathers in seinem Erinnerungsbuch "Für tot erklärt", auf dem der Film "Everest" in Teilen beruht. Als der Wind am nächsten Tag nachließ, machten sich die Helfer auf den Weg und fanden Personalchefin Yasuko Namba - tot. Auch Weathers werde nicht durchkommen, hieß es. Er wurde zurückgelassen. Als er aus dem Koma erwachte, war niemand mehr da. Mit letzter Kraft schleppte er sich ins "Lager IV". "Weathers hielt beide Arme seitwärts ausgestreckt und sah aus wie eine Vogelscheuche", erzählte ein Augenzeuge 1998 dem Magazin "Spiegel". Sie gaben ihm warmen Tee, glaubten nicht, dass er noch mal zu Kräften kommt. Beck Weathers überlebte. Die Strapazen der Expedition sieht man ihm bis heute an: Seine rechte Hand musste amputiert werden, links blieb ein Stumpf.

(RP)
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