Hamburg Naidoo darf doch nicht singen

Hamburg · Der NDR hat den Sänger überraschend wieder als Kandidaten für den Eurovision Song Contest zurückgezogen. Auch innerhalb der ARD gibt es nun Kritik am Vorgehen.

Xavier Naidoo: Zitate und Sprüche
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Xavier Naidoos umstrittene Äußerungen

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Foto: dpa, fis htf vfd

Nun geht es von vorne los: Der NDR sucht wieder (oder immer noch) einen Kandidaten für den Eurovision Song Contest (ESC) in Stockholm, denn den im Alleingang gekürten Teilnehmer Xavier Naidoo hat der Sender am Samstag überraschend zurückgezogen. "Es war klar, dass er polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht. Wir haben das falsch eingeschätzt", erklärte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber. Der ESC sei ein fröhliches Event, bei dem die Musik und die Völkerverständigung im Mittelpunkt stehen sollen. "Dieser Charakter muss unbedingt erhalten bleiben. Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden", betonte Schreiber. Zudem habe der NDR nicht ignorieren können, dass die Diskussion um den deutschen Kandidaten schon Thema in ausländischen Medien geworden sei.

Xavier Naidoo scheint nicht persönlich von der Ausbootung informiert und in die Entscheidung einbezogen worden zu sein. "Wenn sich nun kurz nach unserer vertraglichen Einigung mit dem NDR und dem Abschluss aller Vorbereitungen die Planungen der ARD durch einseitige Entscheidung geändert haben, dann ist das ok für mich", schrieb der Sänger bei Facebook. "Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst."

Die Kritik an dem 44-Jährigen, dessen Alben sich in Deutschland millionenfach verkauft haben, hatte sich unter anderem wegen missverständlicher Liedtexte entzündet, die als homophob und antisemitisch gesehen werden können. Zudem sprach Naidoo in Interviews immer wieder von Verschwörungstheorien, die den terroristischen Hintergrund der Anschläge vom 11. September oder die Souveränität Deutschlands negieren. Viele ESC-Fans fühlten sich aber auch übergangen, dass sie nur noch über das Lied, aber nicht mehr über den Kandidaten abstimmen sollten.

Die Art der Nominierung stieß auch in der ARD auf Kritik. Naidoo habe "mehrfach Äußerungen getätigt, die man nicht gutheißen kann und missbilligen muss", sagte Programmdirektor Volker Herres der "Welt am Sonntag". Ob ihn das für die Teilnahme disqualifiziere, sei eine Frage, "die man kontrovers diskutieren kann und muss". Herres hätte es begrüßt, wenn diese Diskussion ARD-intern hätte geführt werden können, bevor mit der Nominierung Fakten geschaffen wurden. "So ist das alles sehr unglücklich gelaufen."

Mehrere Politiker begrüßten aber die Kehrtwende des NDR. SPD-Parteivorstand Niels Annen erklärte auf Twitter: "Richtige Entscheidung. Fehler passieren, gut wenn sie schnell korrigiert werden." Der Grüne Volker Beck schrieb: "Jetzt gilt: Alles kann besser werden!" Künstlerkollegen hingegen sprachen sich für Naidoo aus. "Er ist ein sensationell guter Musiker und Freund. Er ist einer der besten Sänger und Songwriter den es in Deutschland gibt - ein großartiger Künstler", postete Pur-Sänger Hartmut Engler auf Facebook. Einige Zitate Naidoos würden "einfach willkürlich aus verschiedenen Jahren und jeweils aus jeglichem Zusammenhang gerissen", monierte Komiker Michael Mittermeier.

Doch wie geht es nun weiter? Laut Thomas Schreiber wird so schnell wie möglich entschieden werden, wie der deutsche Beitrag für den ESC in Stockholm gefunden werden soll. Sängerin Ann-Sophie, die in diesem Jahr nach dem freiwilligen Verzicht des eigentlichen Vorentscheid-Siegers Andreas Kümmert das Ticket für Wien löste und dort mit null Punkten Letzte wurde, meldete sich bereits mit einem Augenzwinkern zu Wort: "Xavier Naidoo hat abgesagt... Ja gut. Dann fahr ich halt wieder."

(mso)
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