Wetterdienst warnt vor Sturmböen Tief "Zeljko" fordert erstes Menschenleben

Offenbach · Von wegen Sonne, Hitze und Strandwetter: Mit Windgeschwindigkeiten um die 110 Stundenkilometer zog Sturmtief "Zeljko" über Teile Deutschlands hinweg. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab am Samstag Warnungen für Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen heraus. In den Niederlanden starb bereits ein Mensch.

Größte Kirmes am Rhein wegen Unwetter für gesperrt
7 Bilder

Rheinkirmes wegen Unwetter für Besucher gesperrt

7 Bilder
Foto: Anne Orthen

Auch in Schleswig-Holstein wappneten sich Helfer für das erwartete Unwetter an der Küste: "Wir bereiten uns darauf vor wie auf einen Herbststurm", sagte ein Leitstellensprecher. In Nordrhein-Westfalen stoppte die größte Kirmes am Rhein vorsorglich ihren Betrieb. Außerdem wurde das Musikfestival "Juicy Beats" mit 32.000 erwarteten Gästen abgesagt. Unwetter hatten bereits in der Nacht zum Samstag mehrere Regionen getroffen - zu Schäden kam es etwa bei Blitzeinschlägen.

WARNLAGE: Die Sturmlage sei für den Sommer "ungewöhnlich heftig", hieß es vom DWD in Offenbach. Gegen Abend werde sich "Zeljko" bis an die Nordsee vorarbeiten. In der Mitte Deutschlands könne das Sturmtief in der Fläche Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 Stundenkilometern erreichen. Zu erwarten seien auch Gewitter mit Regen und Starkregen, die wichtigere Rolle spiele aber der schwere Sturm, erklärte Meteorologin Magdalena Bertelmann. Der DWD warnte vor herabstürzenden Dachziegeln, Ästen und umstürzenden Bäumen. Bei Aktivitäten im Freien sei "größte Vorsicht geboten". Weil die Bäume voll belaubt sind, bieten sie dem Sturm viel Angriffsfläche. Im Süden und Südosten sollte es hingegen relativ ruhig bleiben. Auf dem Brocken im Harz wurden Windgeschwindigkeiten von mehr als 113 Kilometer pro Stunde gemessen, wie der Deutsche Wetterdienst in Leipzig mitteilte. Im Flachland, so bei Magdeburg, erreichte der Sturm Geschwindigkeiten von bis zu 65 Kilometer pro Stunde.

VORBEUGUNG: In Hamburg kam die Frage auf, ob provisorische Zelte für Flüchtlinge aus Furcht vor dem Unwetter geräumt werden sollten. In mehreren Städten sagten Veranstalter außerdem geplante Events ab. So hielten in Düsseldorf die Schausteller bei der Rheinkirmes ihre Betriebe still. Dort waren Tausende erwartet worden, um mit dem Riesenrad zu fahren oder aus 85 Metern Höhe vom Freifall-Turm in die Tiefe zu sausen. In Dortmund wurde zur Enttäuschung Zehntausender junger Leute das Musikfestival "Juicy Beats" abgesagt, in Köln die Sportveranstaltung "Women's Run". In Baden-Württemberg wurde bereits am Freitagabend das Musik-Open-Air "Das Fest" wegen eines aufziehenden Unwetters abgebrochen. Die Veranstalter der Multimediashow "Goitzsche in Flammen" bei Bitterfeld verschoben die für Samstag geplante Veranstaltung auf Sonntag, wie Festevent Halle mitteilte. Die Seilbahnen Thale im Harz stellten den Betrieb der Kabinenbahn auf den Hexentanzplatz ein.

OPFER: Starker Wind führte am Samstag in Mülheim an der Ruhr offensichtlich zu einem schweren Arbeitsunfall. Wie die Feuerwehr mitteilte, war eine an einem Kran hängende Last ins Schwingen geraten und gegen die Fahrerkabine eines Radladers gekracht. Der darin sitzende Fahrer wurde schwer verletzt. Auch auf den Straßen gab es Unfälle. So stürzte nach Polizei-Angaben bei Babenhausen in Hessen ein Baum auf eine Landstraße und traf die Motorhaube eines Autos. Die Fahrerin erlitt leichte Verletzungen.

In den Niederlanden hat der Sturm einen Menschen das Leben gekostet. Bei Arnheim nahe der deutschen Grenze wurde am Samstag ein Autofahrer von einem umstürzenden Baum getötet, wie die Feuerwehr mitteilte. In Amsterdam, Apeldoorn und Rotterdam wurden mehrere Menschen von herabfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen verletzt. Orkanartige Böen behinderten den Verkehr in weiten Teilen des Landes zeitweilig. Autobahnen waren gesperrt, der Zugverkehr im Ballungsgebiet um Amsterdam, Den Haag und Utrecht wurde unterbrochen. Am Amsterdamer Flughafen Schiphol wurden Dutzende Flüge gestrichen. Nach Angaben des meteorologischen Dienstes war es einer der schwersten Sommerstürme der Niederlande überhaupt. An der Küste sei Windstärke zehn gemessen worden.

VERKEHR: Die Bahn berichtete von Verzögerungen und Teilausfällen wegen umgestürzter Bäume und Astwerk auf den Gleisen. So waren Strecken im Münsterland und am Niederrhein vorübergehend gesperrt, Züge zwischen Rheine und Münster sowie Rees und Emmerich fielen aus. Vereinzelt werde ein Ersatzverkehr eingerichtet, sagte ein Sprecher.

SCHÄDEN: Bereits in der Nacht auf Samstag machten Unwetter vielen Regionen zu schaffen. Blitze setzten mehrere Dachstühle in Brand - vermutlich ging deshalb auch ein Reetdachhaus in Hamburg in Flammen auf. In Baden-Württemberg durchschlug ein Blitz die Wand eines Wohnhauses und hinterließ nach Polizei-Angaben ein 50 mal 50 Zentimeter großes Loch. Bei dem Zwischenfall in Wilhelmsfeld nahe Heidelberg bildete sich Rauch, es entstand aber kein offener Brand.

AUSSICHTEN: In der Nacht zum Sonntag soll sich das Sturmfeld von Westen her abschwächen und nach Osten und Nordosten ziehen. Am Sonntag herrscht dann sozusagen die Ruhe nach dem Sturm, und es wird vorübergehend ruhiger mit einem Mix aus Sonne und Wolken.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort