Winnenden Vater des Amokläufers Tim K. muss Schadenersatz zahlen

Stuttgart · Der Vater des Amokläufers von Winnenden muss der Unfallkasse Baden-Württemberg die Kosten für die Heilbehandlung von Schülern, Eltern und Lehrern ersetzen. Das entschied das Landgericht Stuttgart am Freitag.

Tim K. - der Amokläufer von Winnenden
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Die Höhe des Schadenersatzes wurde zunächst nicht festgelegt. Dies soll im Laufe des weiteren Verfahrens geschehen. Die Versicherung machte eine Forderung in Höhe von knapp 717.000 Euro geltend. Seit Jahren schwelt der Streit darüber, wie viel Geld die Eltern des Amokläufers an Hinterbliebene der Opfers und auch an Überlebende zahlen müssen.

Der 17-jährige Tim K. hatte am 11. März 2009 an seiner ehemaligen Schule in Winnenden und auf der Flucht in Wendlingen 15 Menschen und sich selbst erschossen. Die Tatwaffe hatte der Vater, ein passionierter Sportschütze, unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt. Er ist deswegen zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Die Schadenersatzklage gegen die Mutter hingegen scheiterte. Hier habe nicht der sichere Nachweis erbracht werden können, dass sie vor dem Amoklauf den Aufbewahrungsort der Waffe kannte, urteilte die 15. Zivilkammer weiter.

Bisher waren alle Versuche einer gütlichen Einigung in der Schadenersatzklage gegen die Eltern gescheitert. Zuletzt hatte das Gericht eine Zahlung von 130.000 Euro in Raten an die Versicherung vorgeschlagen. Die Eltern lehnten dies jedoch ab und boten der Unfallkasse 70.000 Euro an. Eine Einigung kam schließlich nicht zustande.

Fragen und Antworten

Worum ging es vor dem Landgericht?

Die Unfallkasse Baden-Württemberg wollte von den Eltern die Kosten für die Heilbehandlung von Schülern, Eltern und Lehrern zurückholen. Sie machte eine erste Forderung in Höhe von knapp 717.000 Euro geltend. Gespräche über einen Vergleich scheiterten. Zuerst war der vom Gericht vorgeschlagene Betrag den Eltern zu hoch und dann war das Gegenangebot von Vater und Mutter der Versicherung zu niedrig.

Was entschied nun die Zivilkammer?

Sie verurteilte den Vater zu Schadenersatz. Die Höhe muss noch festgelegt werden. Wie schon im Strafprozess gegen Jörg K. sah das Gericht einen Verstoß gegen das Waffenrecht. Der passionierte Sportschütze bewahrte die Pistole unverschlossen im Schlafzimmer auf. Er ist deswegen zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Weil nicht eindeutig sicher ist, ob die Mutter vor der Tat davon wusste, muss sie keinen Schadenersatz zahlen.

Wie geht es nun weiter?

Der Vater kann Rechtsmittel vor dem Oberlandesgericht einlegen. Spätestens Mitte September dürfte klar sein, ob er das auch getan hat, wie ein Sprecher des Landgerichts sagte. Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden, muss sich die Zivilkammer mit der Höhe des Schadenersatzes befassen. Ob bei dem Vater überhaupt Geld zu holen ist, kann man nicht sagen. Denn die Vermögensverhältnisse des Ehepaars seien unklar, sagte ein Sprecher der Unfallkasse.

Was für Klagen gibt es noch?

Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart klagen noch mehrere ehemalige Lehrer, die vom Land Baden-Württemberg zumeist eine höhere Pension und eine einmalige Unfallentschädigung für das erlittene Trauma wollen.

Wie hat das Verwaltungsgericht Stuttgart bislang entschieden?

Im April billigte das Verwaltungsgericht einer damals geschädigten Lehrerin ein erhöhtes Unfallruhegehalt sowie eine einmalige Unfallentschädigung zu. Der Amoklauf am 11. März 2009 sei als "qualifizierter Dienstunfall" zu werten.

Das Land will das Urteil nicht akzeptieren und rief deshalb im Juni den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim an. Ein Sprecher des Kultusministerium sagte, dem damaligen Urteil komme eine grundsätzliche Bedeutung zu, die auch für ähnliche künftige Fälle weitreichende Konsequenzen mit sich bringe.

Gegen wen klagt der Vater des Amokläufers?

Der Vater von Tim K. will gegen das Klinikum am Weissenhof Weinsberg und dort beschäftigte Ärzte und Therapeuten vorgehen. Damit hofft er auf Freistellung von Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen von Geschädigten der Amoktat. Jörg K. argumentiert, dass die Klinik ihm nicht von der Gefahr berichtet habe, die von seinem dort behandelten Sohn ausging. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht.

(dpa)
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