NRW Wenn Schüler ihre Lehrer auswählen

Dinslaken · Viele Schulen in Nordrhein-Westfalen erproben neue Modelle im Kampf gegen den Unterrichtsausfall. Mit Erfolg kommt etwa der Dalton-Plan zum Einsatz, bei dem Schüler selbst entscheiden, was und wie sie lernen.

 Der stellvertretende Schulleiter Daniel Tiszay erprobt am Theodor-Heuss-Gymnasium in Dinslaken das Dalton-Modell.

Der stellvertretende Schulleiter Daniel Tiszay erprobt am Theodor-Heuss-Gymnasium in Dinslaken das Dalton-Modell.

Foto: Martin Büttner

Unterrichtsausfall soll am Theodor-Heuss-Gymnasium in Dinslaken bald der Vergangenheit angehören. Der stellvertretende Schulleiter Daniel Tiszay und seine Kollegen hoffen, so etwas wie den Stein der Weisen gefunden zu haben. "Wir stellen unser pädagogisches Konzept um auf den Dalton-Plan", erklärt Tiszay. Stark verkürzt bedeutet das Modell, das auf einem Konzept der amerikanischen Reformpädagogin Helen Parkhurst fußt, mehr Entscheidungsfreiheit und Eigeninitiative für die Schüler. Sie dürfen an zwei Stunden pro Tag entscheiden, in welchen Räumen und mit welchen Lehrern sie arbeiten. Der Nebeneffekt: Es fällt kaum noch Unterricht aus, sagt Tiszay.

Das liegt daran, dass durch die sogenannten Dalton-Stunden - es sollen täglich die dritte und die sechste Stunde werden - die Lehrer freier verfügbar werden. In diesen Stunden dürfen die Schüler entscheiden, wo sie hingehen. Das bedeutet aber auch, dass beim Ausfall eines Fachlehrers, etwa Englisch, der Unterricht von einem Fachkollegen kompensiert werden kann. Er wird dann einfach aus der Dalton-Zeit herausgenommen. "Aus organisatorischer Sicht ist das genial", sagt Tiszay. Vertretungen wie früher würden quasi entfallen. Wenn die Fachkollegen zusätzlich ihre Lehrpläne aufeinander abstimmen, gebe es kaum Lücken bei der Wissensvermittlung. Auch eine Mehrbelastung für die Pädagogen entstehe nicht.

Seit eineinhalb Jahren bereitet die Schule die Umstellung auf Dalton vor. Tiszay: "Es könnte die Lösung all unserer Probleme sein." Erfolgreich erprobt wird das Dalton-Konzept bereits an mehreren Gymnasien in den Niederlanden sowie am Gymnasium Alsdorf. Die Schule gewann dafür 2013 den Deutschen Schulpreis. Für zwei Stunden am Tag entscheiden die Schüler dort selbst, woran sie arbeiten wollen und zu welchem Lehrer sie gehen.

Klaus-Peter Vogel, Leiter der Gemeinschaftshauptschule Bernburger Straße in Düsseldorf, hat einen ähnlichen Weg gefunden, den Unterrichtsausfall zu minimieren. Sein Problem: Die Einhaltung des Stundenplans muss für die Eltern verlässlich gewährleistet sein. Wird ein Pädagoge krank, löst Vogel die sieben bis acht Schüler-Wahlpflichtgruppen so auf, dass ein anderer Lehrer frei wird. Bei planbaren Auszeiten wie Fortbildungen muss ein Lehrer Themen und Material für seine Vertretung hinterlegen. "Auch Vertretungsunterricht ist Unterricht", sagt Vogel. "Das sollte so qualifiziert wie möglich ablaufen."

Auch im eher ländlich gelegenen Gymnasium Aspel in Rees ist Schulleiter Klaus Hegel daran gelegen, den Eltern einen zuverlässigen Schulbetrieb zu gewährleisten. Schon alleine deshalb, weil die Infrastruktur es verlangt - der Bus fährt eben nicht alle zehn Minuten. Zudem achtet Hegel darauf, dass die Fachkollegen sich mit ihren Lehrplänen untereinander abstimmen, um sich gegenseitig vertreten zu können. "Wir fahren bei uns ein Doppelstunden-Konzept", sagt Hegel. "Wenn eine Stunde ausfällt, ist es schwierig für die Schüler, den Stoff aufzuholen." Momentan aber sind die Ausfallzeiten minimal. Hegel: "Wir haben ein sehr gesundes Kollegium."

Einig sind sich die Schulleiter darin, dass trotz guter Konzepte die Stellenreserve aufgestockt werden müsste. Gewerkschaften wie die GEW halten eine Reserve von acht Prozent für sinnvoll. Was den Gymnasien zu schaffen mache, sei die Unterversorgung mit Lehrern und die Einstellungs- und Versetzungspraxis bei den Referendaren, sagt Horst Obdenbusch, Leiter des Krefelder Gymnasiums Fabritianum und Sprecher der Krefelder Gymnasien. "Wir verlieren an meiner Schule jetzt mitten im Schuljahr acht Referendare. Das sind 72 Stunden oder drei Lehrerstellen. Die Referendare bleiben aber im Stellenplan stehen. Wie wir die mit ihnen wegfallenden Stunden darstellen, ist unser Problem."

(RP)
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