Elternzeit Wenn Papas Babypause endet

Düsseldorf (RP). 25.190 Väter haben im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen eine bezahlte Job-Pause eingelegt, um ihre Kinder zu betreuen. Das Büro zu verlassen, fällt vielen immer noch schwer. In den Job zurückzukehren, allerdings auch. "Wiedereinsteiger" und ihre Chefs berichten.

Was Väter über die Elternzeit denken
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Foto: AP

Der Mittwochmorgen ist ein verlässliches kleines Highlight in Martin Vetters Woche. "Wenn die Kollegen in mein Büro kommen und ihre Anfragen loswerden, nachdem ich zwei Tage nicht da war, ist das eine kleine Genugtuung", sagt der 42-Jährige. Seit 23 Jahren arbeitet er als IT-Fachmann bei der Bayer Business Services, seit fünf Jahren in Teilzeit.

Montags und dienstags bringt Vetter seine Tochter Tanja (5) in die Kita, Sohn Daniel (2) zur Musikschule, er kocht, kauft ein — bis seine Frau von der Arbeit nach Hause kommt. Mittwochs bis freitags übernimmt Susanne Vetter die Kinder, und ihr Mann geht ins Büro. So klar für ihn war, sich an der Betreuung zu beteiligen, so klar war auch, dass er nie komplett aussteigen würde: "Ich liebe meinen Job. Und die Wertschätzung, die er bringt."

Nicht nur finanzielle Gründe halten viele Väter nach wie vor davon ab, der Kinder wegen ihren Job aufzugeben: 25.190 Männer bezogen im vergangenen Jahr in NRW Elterngeld — und 141.469 Frauen. Was viele Väter in den Büros hält, ist die immer noch fehlende "Eltern"-Kultur, sagt Sebastian Brandl von der Hans-Böckler-Stiftung. Für eine Studie hat er 624 "Elterngeld-Väter" befragt. "Vor allem aber sorgen sie sich sich darum, wer während der Auszeit ihre Arbeit macht — oder, dass sie jemand macht." Auf Dauer.

Ein Großteil der Männer traut sich deshalb wenn, dann nur für kurze Zeit aus den Büros: Während die meisten Elterngeld-Bezieherinnen (91 Prozent in NRW) die Leistung zwölf Monate lang in Anspruch nehmen, beantragt die größte Gruppe der Väter (70 Prozent) die Leistung für zwei Monate.

Thorsten Albers nahm sich drei Monate frei, um mit Sohn Lorentz auch Alltag zu erleben. Wie "rasant schnell" der Abschied vom Arbeitgeber gehen kann, demonstrierte ihm sein E-Mail-Account, den er auch in seiner Elternzeit abrief. Musste er als Assistent des Henkel-IT-Chefs täglich Mails im "kleinen dreistelligen Bereich" beantworten, waren es zwei Wochen nach seiner Abschiedsfeier nicht einmal mehr zehn. "Dass die Zeit mit Lorentz wunderbar und sorgenfrei war, lag auch daran, dass ich zu Beginn der Elternzeit wusste, dass es danach mit einem Job in Malaysia weitergeht", sagt der 31-Jährige. Dort leitet er heute die Henkel-IT in Südostasien und Indien. Bei einer einjährigen Auszeit hätte man den Wiedereinstieg vermutlich nicht so konkret planen können. "Je länger man weg ist, desto schwieriger wird es, den Anschluss zu halten."

Oliver Daniel, der sich 21 Monate um Sohn Moritz kümmerte, brauchte drei Monate, bis er in seinem Job als Budget- und Auftragsmanager bei Vodafone wieder "voll drin" war, wie er sagt. Er ließ sich während der Babypause zwar Mitarbeiterzeitschriften nach Hause schicken, behielt sein Dienst-Blackberry. "Trotzdem war ich irgendwann aus den Themen raus", sagt der 42-Jährige. Auch die Gespräche mit befreundeten Kollegen kreisten bald nicht mehr um die Arbeit. "Nach vier, fünf Monaten habe ich mich häufiger mit den Frauen meiner Kollegen unterhalten. Über Spielgruppen zum Beispiel. Als ich im September wieder in die Firma kam, fühlte ich mich wie ein neuer Mitarbeiter. Die Tools waren neu, die Arbeitsabläufe, ich musste mich komplett neu vernetzen."

"Die Rückkehr eines Kollegen nach der Elternzeit muss genauso gut organisiert werden wie sein Weggang", betont Christian Tralle, Daniels Abteilungsleiter. Einer Prognos-Studie zufolge kostet die "Wiedereingliederung" eines Mitarbeiters nach der Elternzeit 2000 bis 12 000 Euro. Trotzdem sei jede Elternzeit auch ein Gewinn, heißt es aus den Unternehmen. Die Mitarbeiter seien danach motivierter, arbeiteten strukturierter.

Was die Chefs der zurückgekehrten Familienväter als Effizienz-Schub empfinden, ist für diese jedoch oft ein Balanceakt, wie Martin Vetter sagt: "So schön es ist, mittwochs häufig um Rat gefragt zu werden — ehe man das, was liegengeblieben ist, aufgearbeitet hat, ist schnell ein halber Tag vergangen." Die Elternzeit "ist eine ständige Gratwanderung zwischen dem, was man leisten will, und dem, was man leisten kann".

(RP)
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