Einrichtungen in Rheinland Vorwürfe gegen Evangelische Kirche

Düssedorf (RPO). Auch in Einrichtungen der Evangelischen Kirche im Rheinland ist es offenbar in den vergangenen Jahren zu Missbrauchsfällen gekommen. Bisher hätten neun Männer und Frauen von körperlicher Gewalt und Erniedrigungen in kirchlichen Einrichtungen berichtet, sagte Vizepräses Petra Bosse-Huber in Düsseldorf

Wie entdeckt man, ob ein Kind missbraucht wird?
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Foto: AP

Fünf Fälle beträfen Nordrhein-Westfalen und drei Rheinland-Pfalz, sagte die Vizepräses Petra Bosse-Huber am Montag vor Journalisten. Die Vorfälle hätten sich vor 30 bis 50 Jahren ereignet. Die Landeskirche nehme die Schilderungen sehr ernst. "Wir sind beschämt und entsetzt, dass solche Übergriffe offenbar auch in Einrichtungen im Bereich unserer Landeskirche und ihrer Diakonie stattgefunden haben."

Auch bei lange zurückliegenden Fälle werde die Möglichkeit einer strafrechtlichen und einer kirchendisziplinarischen Verfolgung geprüft, so die Vizepräses. Zu den acht Schilderungen hinzuzurechnen seien die Vorkommnisse in der Düsseldorfer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung "Educon" in Trägerschaft der Graf-Recke-Stiftung aus den Jahren 2008 und 2009. Die hier beschuldigten Therapeuten erstatteten Selbstanzeige. Ihnen wird unkorrekte Anwendungen der sogenannten Festhalte-Therapie vorgeworfen.

Die Landeskirche gehe auch dem Verdacht der Vertuschung nach, so Bosse-Huber. Die Schilderungen legten nahe, dass in der Vergangenheit "Mitarbeiter der Kirche nicht zu allen Zeiten auf seinerzeit möglicherweise vorgebrachte Hinweise adäquat reagiert" hätten.

Strafrechtliche und kirchen-disziplinarische Maßnahmen

Die Vizepräses verwies auf das seit 2003 in der "EKiR" existierende "Verfahren für den Umgang mit Verdachtsfällen auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung". Dieses sehe sowohl eine strafrechtliche als auch eine kirchen-disziplinarische Verfolgung für die Täter vor. Daneben gebe es für die Opfer ein Angebot an seelsorglicher, therapeutischer und psychologischer Hilfe.

Nach Angaben von Landeskirchenrätin Katja Wäller wurden seit 2003 insgesamt 18 Fälle der EKiR angezeigt und von ihr verfolgt. Davon seien drei noch nicht abgeschlossen. In 13 Fällen wurden strafrechtliche und kirchenrechtliche Sanktionen verhängt, ein Verfahren wurde eingestellt, in einem weiteren die Unschuld des Beklagten erwiesen. Insgesamt 20 weitere Personen hätten ihre Fälle lediglich geschildert, aber kein weiteres Vorgehen gewünscht.

Die Staatsanwaltschaft werde in aktuellen Fällen automatisch dann eingeschaltet, wenn es sich bei den Opfern um Minderjährige handele, stellte die Juristin im Frauenreferat, Petra, Hundhausen-Kelp, klar. Bei Erwachsenen werde diesbezüglich nach deren Wunsch verfahren. Eine kirchendisziplinarische Verfolgung gebe es aber in allen Fällen.

Außerhalb des Verfahrens kümmere sich die Landeskirche auch um eine seelsorgliche Begeleitung der Verdächtigen beziehungsweise Täter. Bosse bat mögliche weitere Opfer, sich zu melden. Erste Kontaktmöglichkeit sei die ebenfalls seit 2003 existierende Anlaufstelle für Opfer von Gewalt und Erniedrigungen.

(DDP/awei)
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