Welterbekomitee-Vorsitzende Böhmer Unesco: "Bei den Finanzen knirscht's"

Bonn · Die Welterbeliste wird immer länger - und das ist im Prinzip auch gut so, sagt die Vorsitzende des Unesco-Komitees, Staatsministerin Maria Böhmer. Allerdings gibt auch sie zu: Die Sache hat einen Haken.

 Maria Böhmer, Vorsitzende des Unesco-Komitees.

Maria Böhmer, Vorsitzende des Unesco-Komitees.

Foto: dpa, mb fdt

Die Vorsitzende des Welterbekomitees, Maria Böhmer, sieht kein grundsätzliches Problem in der immer länger werdenden Welterbeliste. Allerdings räumt sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur ein, dass dadurch weniger Mittel für Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Die Welterbeliste umfasst inzwischen mehr als 1000 Stätten - sind das nicht viel zu viele?

Böhmer: Natürlich fragt man sich: Ist das nach oben offen oder müsste man nicht irgendwann sagen: "Jetzt haben wir alle Welterbestätten erfasst." Aber wenn man zum Beispiel nach Afrika schaut, dann sieht man, dass es dort viele Schätze gibt, aber noch nicht viele Welterbestätten. Deshalb habe ich bei meiner Kandidatur für den Vorsitz des Welterbekomitees auch gesagt, ich will mich gerade darum besonders kümmern. Im übrigen ist es für mich keine Frage der Zahl, sondern der Qualität. Qualitätsvolle Welterbestätten sind immer willkommen. Das entscheidende Kriterium ist der außergewöhnliche universelle Wert - die Stätte muss einzigartig sein und eine Bedeutung haben für das Erbe der Menschheit allgemein.

Aber muss man nicht sagen: Je länger die Welterbeliste, desto weniger Geld kann die Unesco für den Schutz bedrohter Stätten verwenden?

Böhmer: Das ist in der Tat ein kritischer Punkt. Der Etat der Unesco wird nicht größer, sondern enger. Bei den Finanzen knirscht's. Und 80 Prozent der Welterbemittel gehen in die Evaluierung und stehen damit nicht für Schutzmaßnahmen zur Verfügung. All diese Stätten müssen ja auch überprüft werden, was ihren Zustand betrifft. Das muss vorbereitet werden, genauso bei den Nominierungen. Ich habe hier Reformprozesse angestoßen und verspreche mir einiges davon. Aber davon abgesehen: Wir brauchen in Zukunft auf jeden Fall noch mehr Bereitschaft bei einzelnen Ländern, sich zusätzlich finanziell für solche Länder zu engagieren, die dies selbst nicht leisten können. Deutschland wird jetzt zum Beispiel helfen beim Wiederaufbau der Kulturstätten, die durch das Erdbeben in Nepal zerstört worden sind.

Wenn Afrika künftig Vorrang haben soll, heißt das dann eigentlich, dass deutsche Stätten von jetzt an geringere Chancen haben?

Böhmer: Deutschland wird sich natürlich weiterhin bewerben. Entscheidend bleibt ja, ob jeweils der außergewöhnliche universelle Wert einer Stätte nachgewiesen werden kann. Hier stehen wir in Konkurrenz mit anderen Ländern, aber ich halte das für einen spannenden Wettbewerb. Ich hoffe, dass wir nach dieser Tagung sagen können: Wir freuen uns über die nächste deutsche Welterbestätte.

(dpa)
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