Fall Dschaber al Bakr Suizid im Gefängnis ist keine Seltenheit

Düsseldorf · Der Selbstmord des Terrorverdächtigen Dschaber al Bakr ist politisch brisant – so handelte es sich doch um einen mutmaßlichen Anhänger der IS-Terrormiliz, der einen Anschlag geplant hatte. Im Gefängnisalltag sind Suizide aber keine Seltenheit.

 Selbstmorde im Gefängnis sind oft nicht vorherzusehen.

Selbstmorde im Gefängnis sind oft nicht vorherzusehen.

Foto: dpa, obe;Fdt

Der Selbstmord des Terrorverdächtigen Dschaber al Bakr ist politisch brisant — so handelte es sich doch um einen mutmaßlichen Anhänger der IS-Terrormiliz, der einen Anschlag geplant hatte. Im Gefängnisalltag sind Suizide aber keine Seltenheit.

Al Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte der anerkannte Flüchtling einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen vorbereitet. Er soll ein Anhänger des "Islamischen Staats" (IS) gewesen sein, hätte daher ein wertvoller Auskunftgeber über die Strukturen der Terrormiliz sein können.

Nun wird bundesweit diskutiert, ob sein Selbstmord in der Zelle der JVA in Leipzig hätte verhindert werden können.

"Suizidgefährdung in Haft ist nichts Besonderes", sagt die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf, Ulrike Müller. Es sei zwar nicht an der Tagesordnung, dass Gefangene sich umbringen wollten. Allerdings käme allerdings auch nicht selten vor, dass Mitarbeiter bei der Eingangsuntersuchung der Neuzugänge Anzeichen einer Selbstmordgefahr entdeckten.

Für eindeutige Fälle, wenn der Gefangene beispielsweise ankündigt, sich umbringen zu wollen, gibt es nur eine Möglichkeit: die Unterbringung in der besonders gesichterten Haft (BGH). Spezielle Kleidung, eine im Boden eingelassene Toilette und notfalls auch ein Bett, an dem der Insasse fixiert werden kann, sollen ihm dabei die Möglichkeit nehmen, sich zu töten. Wird der Gefangene gefesselt, sitzt immer eine Wache vor der Tür.

Anders als in Sachsen gibt es für die besonders gefährdeten Menschen in NRW in dieser Zelle auch durchgehende Kameraüberwachung. "Wenn jemand aber wild dazu entschlossen ist, gibt es auch da Möglichkeiten", sagt Müller.

Zwei Menschen begingen in der JVA Düsseldorf vergangenes Jahr Selbstmord, in diesem Jahr begang bislang ein Häftling Suizid. In Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen in Gefängnissen dem Justizministerium zufolge niedrig, allerdings auch stabil: 15 Menschen töteten sich 2015 selbst, im laufenden Jahr waren es 14. Durchschnittlich sind es laut Sprecher Marcus Strunk jährlich 16 Fälle.

"Jetzt könnte man fragen, warum es nicht für alle Gefangenen eine Kameraüberwachung gibt", sagt Strunk. Das sei jedoch nur in eindeutigen Fällen sinnvoll: "Gefangene haben immer noch eine Privatsphäre und ein Recht auf menschenwürdige Unterbringung."

Im jüngsten Suizidfall in der JVA Düsseldorf beschreibt Anstaltsleiterin Müller den Verstorbenen als "nicht auffällig. Das ist sehr häufig so." In den seltensten Fällen gehe dem Selbstmord eine Ankündigung voraus. Zudem sei es normal, dass gerade Neuzugänge niedergeschlagen seien. "Wir sind deshalb besonders sensibel, was die Länge der Haftzeit betrifft", betont Müller.

Das bestätigt auch Strunk. Wer eine entsprechende Vergangenheit habe oder zum ersten Mal in Haft sei, werde beim Aufnahmegespräch von einem erfahrenen Mitarbeiter und eventuell auch Psychologen genau betrachtet. Besteht nur eine latente Gefährdung, kann der Gefangene in Gemeinschaftshaft gebracht werden, wo eine gewisse Kontrolle schon durch die Mithäftlinge gegeben ist.

"Wer eine Gefahr für andere darstellt, wie das zum Beispiel bei IS-Terroristen der Fall wäre, kommt in Einzelhaft", sagt Strunk. Dort werde spätestens alle 15 Minuten das Wohl des Insassen kontrolliert, die Kontrollgänge müssen dokumentiert werden.

Erfolgreiche Suizidversuche seien selten. Doch auch Strunk kommt an einer Wahrheit nicht vorbei: "Es gelingt immer wieder."

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