Vermisste Personen Suchdienst des DRK gefragter denn je

Berlin · Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes maßgeblich dabei geholfen, Familien wieder zusammenzuführen. 72 Jahre später ist der Dienst gefragter denn je.

 Ein Sachbearbeiter durchsucht in der Registratur des Archivs des DRK-Suchdienstes in München zahlreiche Akten.

Ein Sachbearbeiter durchsucht in der Registratur des Archivs des DRK-Suchdienstes in München zahlreiche Akten.

Foto: dpa, bsc

So viele Anfragen von Flüchtlingen gab es noch nie, teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) am Dienstag zum Internationalen Tag der Vermissten (30. August) mit. "Krieg, Flucht und Vertreibung sind Themen, mit denen sich der Suchdienst aufgrund der vielen internationalen Krisen immer stärker beschäftigen muss", sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters.

Insgesamt nahmen 995.893 Personen den Familien-Suchdienst 2016 in Anspruch oder informierten sich über Schutzfragen, etwa im Fall von verhafteten Verwandten. Einen Rekord verzeichnete im vergangenen Jahr auch der Suchdienst mit knapp 2800 Anfragen von Flüchtlingen, die auf dem Weg nach Deutschland den Kontakt zu ihren Familien verloren hatten.

Im ersten Halbjahr 2017 bewegte sich die Zahl der Suchanfragen von Migranten in Deutschland wieder auf hohem Niveau. Von Januar bis Juli gingen dazu knapp 1200 Anfragen ein. Die meisten stammten von afghanischen, syrischen und somalischen Flüchtlingen. Darunter seien auch viele unbegleitete Minderjährige — allein 316 im ersten Halbjahr.

"Hinter den nackten Zeiten verbergen sich menschliche Schicksale, die ans Herz gehen", sagte DRK-Präsident Seiters. Heute gebe es mehr Flüchtlinge als je seit 1945, die Migration habe einen Rekordstand erreicht. Doch nicht nur die Zahl vermisster Migranten nehme zu, sondern auch die Anzahl der Vermissten in bewaffneten Konflikten. In Deutschland sei die hohe Zahl der Suchanfragen vor allem mit dem Flüchtlingszustrom in den Jahren 2015 und 2016 zu erklären.

Beim Suchdienst landen "die schwierigsten Fälle", sagte Seiters. Es gehe um diejenigen, die die Suche nach ihren Angehörigen über Facebook oder andere soziale Netzwerke längst aufgegeben oder denen diese Möglichkeiten erst gar nicht offen gestanden hätten, weil sie Analphabeten seien oder das Internet für sie nur begrenzt zugänglich sei.

Die Suchanfragen von Flüchtlingen liegen allerdings immer noch weit unter den Anfragen zu Vermissten des Zweiten Weltkriegs. 72 Jahre nach Kriegsende rechnet das DRK in diesem Jahr erneut mit mehr als 8000 entsprechenden Suchanfragen. 2016 waren es mehr als 8900. "Das Schicksal von Millionen Menschen, die durch Zweiten Weltkrieg und Vertreibung ihre Angehörigen verloren haben, beschäftigt auch heute noch viele Familien", erklärte Seiters.

Dabei gibt es Seiters zufolge auch immer wieder Erfolgsfälle wie jenen eines deutschen Geschwisterpaars, das sich 72 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wiederfand. Christel Ehrich und Günter Peleiski hatten sich 1944 in den Kriegswirren verloren und konnten in diesem Frühjahr mit Hilfe des Suchdiensts ihr Wiedersehen feiern.

Der heute 74-jährige Peleiski, der in Sachsen lebt, meldete sich 2013 beim DRK-Suchdienst, um Informationen über seine Mutter zu erhalten. Zuvor hatte er in einem Archiv alte Akten gefunden, aus denen hervorging, dass er auch noch Geschwister hat.

Recherchen des DRK ergaben schließlich, dass seine fast 80-jährige Schwester Christa in Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern lebt. Damit sei sein "sehnlichster Wunsch" in Erfüllung gegangen, sagte Peleiski.

Das DRK sei "zufrieden" mit der 2023 auslaufenden Finanzierung des Projektes durch das Bundesinnenministerium, sagte Seiters. Bis dahin sei die Suche schließlich gesichert. Jeder, der noch eine Auskunft brauche, solle diese jetzt beim DRK anfragen.

(beaw/kna/AFP)
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