Was den Deutschen wichtig ist Die Pflicht hat ausgedient

Hamburg · Eine neue Studie zum Innenleben der deutschen Gesellschaft untersucht die Veränderungen in den Einstellungen der Bundesbürger. Einige Ergebnisse überraschen. So hat das Pflichtgefühl ausgedient. Und das in Deutschland.

Der deutsche Alltag in Zahlen
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Foto: AP, AP

Am Mittwoch stellten die Macher der Studie in Berlin ihre Ergebnisse vor. Sie trägt den etwas hochtrabenden Titel "Das Vermächtnis", schließlich wurden mehr als 3000 Menschen auch danach befragt, was sie der folgenden Generation überlassen würden.

In Auftrag gegeben hat die Arbeit die in Hamburg erscheinende Wochenzeitung "Die Zeit", erstellt haben sie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft aus Bonn.

Eine zentrale Erkenntnis: Obwohl viele Daten wie Einkommen, Bildungschancen oder Vermögen für eine gespaltene Gesellschaft sprechen, gibt es tragende Gemeinsamkeiten. "Unter der Oberfläche, im Inneren, wenn es um die Werte und Normen geht, liegen die einzelnen Gruppen der Gesellschaft nah beieinander", erläuterte WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger. "Das ist ein Ansatz für Hoffnung."

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

  • Was alle Menschen im Alter von 14 bis 80 Jahren verbindet, ist der Wunsch nach Gemeinschaft, Nähe und einem Wir-Gefühl.
  • Alle wollen einer Arbeit nachgehen. Allerdings nicht wie früher aus materiellen Motiven und um sozial aufzusteigen, sondern weil sie in den Augen der Menschen zu einem erfüllten Leben dazugehört. Die große Mehrheit der Befragten sagt, sie wolle auch dann arbeiten, wenn sie das Geld nicht braucht.
  • In diesem Zusammenhang ist nach Ansicht der Autoren die Zeit des früher als typisch deutsch geltenden Pflichtgefühls vorbei. "Heute hat die Pflicht als Motiv ausgedient", resümiert Allmendinger.
  • Die Deutschen sind solidarisch, wenn es um Gesundheit geht. "Die Gemeinschaft soll für alle sorgen, es soll nicht das Recht des Reicheren herrschen", sagt Allmendinger. Mit dieser Aussage identifizierten sich "Wohlhabende genauso wie Menschen mit wenig Geld, Gebildete genauso wie Ungebildete". In ihren Augen ein Bekenntnis zum Sozialstaat.
  • Beziehungen werden von Einzelinteressen gesteuert, sozialer Druck allein reicht nicht für ihren Bestand. "Interessanterweise sind heute auch die über 65-Jährigen der Ansicht, dass es besser ist, sich zu trennen, wenn man sich nicht mehr versteht", erläutert Allmendinger.
  • Zwar ist jedem Dritten seine Religion wichtig. Doch etwa genauso vielen ist der Glaube mehr oder minder egal. Daher kann die Religion im Deutschland des 21. Jahrhunderts nach Auffassung der Autoren nicht mehr die Rolle als ein Band einnehmen, das die Menschen miteinander verbindet.
(pst/KNA)
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