Sexuelle Übergriffe Kampagne gegen Missbrauch startet an 6000 NRW-Schulen

Berlin · Die Schule als geschützter Ort? Sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche passieren häufiger als allgemein gedacht. Das Problem: Zu häufig wird noch immer weggesehen.

 Bis Ende 2018 sollen alle Schulen mit Infomaterial ausgestattet werden (Archiv).

Bis Ende 2018 sollen alle Schulen mit Infomaterial ausgestattet werden (Archiv).

Foto: dpa, jst tmk jol tba

Deutschlands Schulen sollen das große Ausmaß sexueller Gewalt an Minderjährigen eindämmen. Das ist das Ziel einer neuen Initiative, die kommenden Montag starten und bis 2018 alle 30.000 Schulen erreichen soll. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sagte bei der Vorstellung des Projekts am Dienstag in Berlin: "Wir müssen davon ausgehen, dass in jeder Schulklasse mindestens ein bis zwei Kinder sind, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder aktuell erleben."

Schulen könnten sehr gefährliche Orte für Schülerinnen und Schüler werden, sagte Rörig. Zu möglichen Tätern zählten Familienmitglieder, Gleichaltrige - oder eben auch Lehrer oder Trainer.

"Betroffene brauchen Lehrer, die nachfragen statt abzuwiegeln"

Rörig und die Bundesländer wollen erreichen, dass Verdachtsfälle nicht verschwiegen werden und die Schulleitungen den Kinderschutz zur Chefsache machen. Keine Schule solle am Ende mehr sagen können, sie sei vom Phänomen des sexuellen Missbrauchs überrascht worden, sagte Rörig. Betroffene Mädchen und Jungen bräuchten dringend Lehrer, die nachfragen statt abzuwiegeln. "Viele Lehrerinnen und Lehrer haben Angst vor Falschbeschuldigungen oder wissen nicht, was sie im Verdachtsfall tun können."

Sexuelle Gewalt reiche von verbalen Äußerungen oder Übergriffen von Lehrern bis hin zu Vergewaltigungen. Ein Generalverdacht gegen Schulen dürfe es nicht geben. "Wir müssen das Thema enttabuisieren", sagte die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe. Es gebe zu wenig Ansprech- und Beschwerdestellen sowie Fortbildungsangebote für Lehrer.

Durch Informationsmaterial für alle Schulen, Aufklärung im Internet und Regionalkonferenzen sollen Lehrer und Schulleiter sensibilisiert werden. Ab dem Start am kommenden Montag (19. September) sollen zunächst die 6000 nordrhein-westfälischen Schulen erreicht werden. Bis Ende 2018 sollen alle Schulen mit Infomaterial ausgestattet werden.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte die Initiative. "Sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen darf kein Tabuthema sein", sagte sie. "Schule ist ein guter Ort, um mit Kindern zu sprechen, sie aufzuklären über Gefahren und mögliche Hilfen."

(dpa)
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