Neue Missbrauchsfälle bei den Domspatzen Sexuelle Übergriffe im Kloster Plankstetten

München (RPO). Eine weitere kirchliche Einrichtung ist offenbar von einem Missbrauchsskandal betroffen: Im Kloster im oberpfälzischen Plankstetten in Bayern ist es laut einem Medienbericht zu sexuellen Übergriffen an Schülern gekommen. Zudem gibt es neue Missbrauchsvorwürfe bei den regensburger Domspatzen. Unterdessen fordern die Grünen die Einführung einer unabhängigen Untersuchungskommission, um die Missbrauchsfälle aufzuklären.

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Foto: AP

Einem Bericht der "Mittelbayerischen Zeitung" zufolge gab es in dem Internat des Klosters im Bistum Eichstätt Übergriffe auf Schüler durch Benediktiner. Ein heute 58 Jahre alter Mann berichtete dem Blatt von sexuellen Übergriffen zu seiner Schulzeit in den 1960er Jahren. Der Abt des Klosters bestätigte, dass 1967 ein Bruder des Klosters verwiesen wurde. Von den Vorkommnissen höre er aber zum ersten Mal.

Berichten des 58 Jahre alten Mannes aus Regensburg zufolge handelte es sich bei dem Hauptverantwortlichen für die sexuellen Übergriffe von 1965 bis 1967 um einen damals etwa 35 Jahre alten Ordensmann. Es ging unter anderem um unsittliche Berührungen im Schlafraum. Auch im Sportunterricht, beim Spazierengehen oder beim Duschen soll es zu Übergriffen gekommen sein. Er wisse "von fünf bis sechs Buben", denen es genauso ergangen sei.

Der erst am Freitag zum Abt des Klosters gewählte Pater Beda Sonnenberg zeigte sich "entsetzt und betroffen" über die Missbrauchsfälle. Generalvikar Johann Limbacher kündigte an, den Fall "ganz offen" bearbeiten zu wollen. Es solle nichts vertuscht werden. Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke, der früher auch Abt in Plankstetten war, bat seine Bistumsmitarbeiter um Aufmerksamkeit und Offenheit gegenüber Missbrauchs- und Gewaltopfern.

Neue Missbrauchsvorwürfe bei Regensburger Domspatzen

Im Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen soll es bis mindestens 1992 schwere sexuelle Übergriffe gegeben haben. Der ehemalige Schüler Thomas Mayer sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", dass er selbst bis zum Verlassen des Internats 1992 sexuelle Gewalt erlebt habe und von älteren Schülern vergewaltigt worden sei. Auch in der Wohnung eines Präfekten sei es zu Geschlechtsverkehr zwischen Schülern gekommen. Bislang waren nur Missbrauchsfälle aus den fünfziger und sechziger Jahren bekannt.

Dem Papstbruder und ehemaligen Domchef Georg Ratzinger warf der Ex-Schüler überdies vor, "extrem cholerisch und jähzornig" gewesen zu sein. So habe Ratzinger bei Chorproben erzürnt Stühle nach den Jungen geworfen. Laut "Spiegel" wollten sich weder der 86-jährige Ratzinger noch das Bistum Regensburg zu den Vorwürfen äußern.

3000 gemeldete Missbrauchsfälle in neun Jahren

Der Vatikan hat seit 2001 von rund 3000 Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche aus den vergangenen 50 Jahren erfahren. Das sagte ein Vertreter der päpstlichen Glaubenskongregation, Charles Scicluna, am Samstag der italienischen Bischofszeitung "Avvenire". Von 2001 bis 2010 habe es rund 3000 Beschwerden über Geistliche gegeben.

In rund 60 Prozent der Fälle sei es um gleichgeschlechtliche Kontakte gegangen. Bei 30 Prozent der Beschwerden handelt es sich demnach um heterosexuelle Kontakte und in nur zehn Prozent der Fälle um pädophile Übergriffe Geistlicher. Insgesamt seien in neun Jahren also nur 300 von 400. 000 Priestern weltweit der Pädophilie bezichtigt worden.

In zehn Prozent der Beschuldigungen, bei denen es sich laut Scicluna um "besonders schwere Fälle mit unzweifelhaften Beweisen" handelte, wurde den beschuldigten Priestern das Recht entzogen, Sakramente wie die Beichte zu spenden. Weitere zehn Prozent hatten demnach selbst darum gebeten. Gegen 60 Prozent der Betroffenen strengte die Kirche seinen Angaben zufolge keine Prozesse, sondern lediglich disziplinarische Maßnahmen an. Der Grund war laut Scicluna meistens das "fortgeschrittene Alter" der Beschuldigten.

Grüne fordern unabhängige Untersuchungskommission

Die Grünen fordern unterdessen eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Missbrauchsfälle und haben Sanktionen gegen die katholische Kirche ins Gespräch gebracht. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der "Bild am Sonntag", die Bundesregierung dürfe die Aufklärung nicht allein der Kirche oder anderen Institutionen überlassen. Stattdessen müsse sie nach dem Vorbild Irlands eine nationale unabhängige Kommission einsetzen und mit den nötigen Geldern ausstatten.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast verlangte, der Staat müsse die Kirche politisch zwingen, überall aufzuklären. Sie erwarte von der katholischen Kirche, dass sie sich "am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht und am Ende Vorbild ist", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung" vom Samstag. Sollte dies nicht der Fall sein, müsse über Sanktionen nachgedacht werden. Die Verweigerung bei der Abführung der Kirchensteuer komme aus verfassungsrechtlichen Gründen zwar nicht infrage. Sie denke vielmehr an die staatlichen Hilfsgelder für kirchliche Schulen.

(DDP/felt)
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