"Hände weg! Wir sind Eure Retter" Rettungskräfte demonstrieren für mehr Respekt

Frankfurt/Main · Sie werden angepöbelt, behindert, mit dem Handy gefilmt und sogar verletzt. Wenn Sanitäter und Feuerwehrleute zu Einsätzen gerufen werden, müssen sie immer öfter mit Gewalt rechnen. Deshalb gehen sie auf die Straße. Ihr Moto: "Hände weg! Wir sind Eure Retter".

 Rettungskräfte demonstrieren gegen Gewalt bei ihren Einsätzen.

Rettungskräfte demonstrieren gegen Gewalt bei ihren Einsätzen.

Foto: dpa, arn cul

Sie wollte helfen und wurde angegriffen: Kira Farnung ist Rettungssanitäterin in Hessen und hat die zunehmende Gewalt an Einsatzkräften am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die 25-Jährige sei mit einer Kollegin von einem Mann attackiert worden, erzählt die junge Frau am Samstag in Frankfurt am Main, während sie demonstriert. Mit anderen appelliert sie eindringlich: Sanitäter und Feuerwehrleute, aber auch verletzte und hilfebedürftige Menschen zu respektieren, nicht zu behindern oder gar anzugreifen.

Laut einer Umfrage der Uni Bochum wurde fast jeder Sanitäter bereits im Einsatz angegriffen. Kira Farnung erinnert sich noch gut an den Mann, zu dem sie gerufen wurde. Er schien zu schlafen. "Wir standen nur neben ihm." Dann sei er plötzlich munter gewesen und habe ihrer Kollegin mit der Faust ins Gesicht geschlagen. "Mich selbst verletzte er am Oberkörper", berichtet sie, während sie mit weiteren 250 Einsatzkräften durch die Innenstadt zieht.

Das Motto der Demonstration: "Hände weg! Wir sind Eure Retter". In den vergangenen drei bis vier Jahren habe die Rücksichtslosigkeit und Gewaltbereitschaft gegenüber Rettungskräften spürbar zugenommen, berichtet Arno Dick, Fachgruppenleiter bei Verdi. Seine Gewerkschaft hat zu dem Protestzug aufgerufen. Die Hemmschwelle zu Angriffen sei bei vielen Menschen gesunken.

"Die verbalen Angriffe kann ich kaum noch zählen, die sind an der Tagesordnung", erzählt Kira Farnung. Ihr Beruf mache ihr aber immer noch Spaß, denn es gebe auch viele gute Momente. Zu manchen Einsätzen fahre sie aber inzwischen schon mit einem unguten Gefühl, etwa wenn größere Gruppen oder Betrunkene gemeldet würden. "Das kann auch hinderlich sein, weil man dann möglicherweise manches überinterpretiert." Vielleicht müsse aber auch die Bevölkerung mehr darüber aufgeklärt werden, wie Rettungseinsätze abliefen.

Auch andere Teilnehmer berichten von zunehmender Gewaltbereitschaft, immer niedrigeren Hemmschwellen und mangelndem Respekt. Mario Müller, Feuerwehrmann der Frankfurter Flughafenfeuerwehr und der freiwilligen Feuerwehr Neu-Isenburg, kritisiert Gaffer und Menschen, die Einsätze behindern: "Die Leute wollen dichter dran sein als die Einsatzkräfte selbst." Bevor der Notruf gewählt werde, zückten viele das Handy. "Schaulustige rücken einem richtig auf die Pelle. Persönlichkeitsrechte, auch von Verletzten, gelten gar nichts mehr."

Auf Volksfesten sei er mit seinen Kollegen seit einigen Jahren nur noch in Gruppen unterwegs, berichtet Sanitäter Johannes Radde vom Deutschen Roten Kreuz aus Hanau. "Das ist zu unserer eigenen Sicherheit." Abends und nachts würden sie meist noch von Sicherheitsleuten begleitet. Raddes Kollege Manuel Bauer ergänzt: "Es ist schade, dass viele nicht mehr normal trinken können. Heutzutage zetteln die Leute gleich eine Schlägerei an, stellen sich uns in den Weg oder gehen einfach durch Absperrungen."

Zuletzt kam es immer wieder zu Übergriffen auf Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter. Besonders viele Vorfälle gab es zum Jahreswechsel. Dabei wurden Sanitäter und Feuerwehrleute bedroht sowie Polizeibeamte mit Böllern, Flaschen und Steinen beworfen.

(wer)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort