Deutschland heißt Flüchtlinge willkommen "Ich könnte weinen vor Freude"

Berlin · Deutschland erlebt ein denkwürdiges Wochenende. Bundesweit empfangen die Menschen Flüchtlinge mit offenen Armen, jubeln, winken und spenden minutenlang Applaus. Es ist das Gegenteil vom Heidenau-Deutschland.

#Refugeeswelcome: "Ich könnte weinen vor Freude"
Foto: dpa, shp lre

Deutschland zeigt nun fast durchweg ein ganz anderes, ein freundliches Gesicht. Einige Momentaufnahmen aus Deutschland.

Saalfeld, Thüringen

"Ich könnte weinen vor Freude", sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Saalfelder Bahnhof. Mehr als 200 Menschen singen auf Englisch "Flüchtlinge sind hier willkommen", klatschen und winken. Helfer reichen den Männern, Frauen und Kindern Beutel mit Lebensmitteln und Spielzeug.

Ramelow begrüßt sie durch ein Megafon auf Arabisch. "Ihr seid in Thüringen herzlich willkommen." Die Flüchtlinge applaudieren. Nun werde ihnen geholfen, erst einmal Ruhe zu finden.

Dortmund, Nordrhein-Westfalen

Mit Applaus und Willkommen-Plakaten wurden bis zum Abend etwa 2500 Flüchtlinge am Sonntag in Dortmund begrüßt. Zahlreiche Helfer haben kleine Willkommenspakete zusammengestellt. Innenminister Jäger und OB Sierau begrüßen die Ankömmlinge am Bahnhof, der Polizeipräsident trägt höchstpersönlich Koffer.

Der "Danke Deutschland" hieß es auf einem Zettel, den ein Flüchtling kurz nach seiner Begrüßung hochhielt. Kurz zuvor hatten allerdings etwa 30 Rechtsextremisten in der Nähe des Hauptbahnhofs demonstriert.

Frankfurt am Main, Hessen

Am Frankfurter Hauptbahnhof laufen die erschöpften Männer, Frauen und Kinder durch ein Spalier klatschender Menschen. Es sind wohl weit mehr als 200 Bürger, die den ganzen Abend über immer mehr Hilfsgüter zum Bahnhof bringen. "Ich danke den Menschen hier sehr, das ist einfach toll", sagte Reema al-Hussein. "Jetzt aber bin ich einfach nur müde." Die junge Frau mit ihrem acht Monate alten Sohn auf dem Arm wird von ihrem in Hessen lebenden Schwager abgeholt.

Saalfeld: 569 kommen in Thüringen an
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Flüchtlinge kommen am Bahnhof Saalfeld an

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Eine junge Helferin kommt herbei, fragt, ob die Familie denn schon Kleidung bekommen habe. "Eine Jacke für das Baby wäre gut", dolmetscht der Schwager. Schnell wird eine kleine Jacke gebracht, und noch ein Fußball für einen etwa sechs Jahre alten Jungen.

Hamburg / Kiel, Schleswig-Holstein)

Hunderte Helfer applaudierten in Hamburg für die ankommenden Flüchtlinge. Viele von ihnen wurden in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Hamburg-Harburg gebracht. Etwa 500 bis 700 Ehrenamtliche nahmen die Menschen am Bahnhof in Empfang. Sie brachten zahlreiche Spenden mit - Wasserflaschen, Obst und Kleidung. Unter den Flüchtlingen waren zahlreiche Familien mit kleinen Kindern.

Berührende Bilder: Deutschland heißt Flüchtlinge willkommen
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Berührende Bilder: Deutschland heißt Flüchtlinge willkommen

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Foto: dpa, shp hpl

Lüchow, Niedersachsen

Anwohner haben Absperrungen mit Luftballons und Sonnenblumen dekoriert, andere halten Schilder mit der Aufschrift "Refugees Welcome" in die Höhe: Rund 500 Flüchtlinge haben am Sonntagmittag im niedersächsischen Wendland in einem Gebäude der Polizei Aufnahme gefunden.

Die ehemalige Kaserne wurde in Rekordzeit hergerichtet - nach der Benachrichtigung am Samstagmorgen benötigten die vielen ehrenamtlichen Helfer nur 18 Stunden, bis das Gebäude bezugsfertig war. "Das ist einfach großartig, was die Hilfs- und Rettungsorganisationen hier auf die Beine gestellt haben", sagte der Sprecher der Zentralen Polizeidirektion Hannover, Karsten Wolff.

München, Bayern

"Ladies and Gentlemen, we welcome you in Munich": Die Willkommens-Ansage in holprigem Englisch ist das erste, was die Flüchtlinge hören, wenn sie am Münchner Hauptbahnhof deutschen Boden betreten. Viele freiwillige Helfer erwarten die Menschen. Die Stimmung unter den Ehrenamtlichen sei "elektrisiert", sagt Colin Turner am Samstag.

Er ist so etwas wie der provisorische Pressesprecher der Helfer. "Wir haben Kapazitäten, ihnen zu helfen und freuen uns, jetzt loslegen zu können", sagt er. Immer wieder werden die Schutzsuchenden mit Beifall von Münchner Bürgern hinter den Absperrungen begrüßt. Viele von ihnen haben Sachspenden dabei oder tragen sich in Listen ein, um freiwillig zu helfen.

Am Sonntagabend ist aber absehbar, dass auch München an seine Grenzen stößt. Bis 18.30 Uhr zählte die bayerische Landeshauptstadt 15.500 Schutzsuchende, wie die Regierung von Oberbayern am Sonntagabend mitteilte. In der Nacht werde ein weiterer Zug mit etwa 2200 Flüchtlingen erwartet, sagte Simone Hilgers, Sprecherin der Bezirksregierung. "Das hat unsere Erwartungen übertroffen", sagte sie. "Unsere Kapazitäten schwinden. Wir kommen an unsere Grenzen, und zwar sehr deutlich."

(dpa)
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