Antisemtische Vorfälle in Würzburg Offenbar Judenwitze im Priesterseminar

Würzburg · Nach Missbrauchsfällen nun auch noch Rechtsextremismus in der Kirche? Nach Berichten über antisemitische Zwischenfälle im Würzburger Priesterseminar pochen Politiker und die Kirchenvolksbewegung auf eine umfassende Aufklärung.

 Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann muss sich mit antisemitischen Vorfällen in seinem Priesterseminar auseinandersetzen.

Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann muss sich mit antisemitischen Vorfällen in seinem Priesterseminar auseinandersetzen.

Foto: Berns, Lothar (lber)

Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, müssten personelle Konsequenzen gezogen werden, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Volkmar Halbleib, am Donnerstag. Er forderte Bischof Friedhelm Hofmann auf, für eine "lückenlose Aufklärung" zu sorgen. In einem der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegenden Brief an die Seminaristen bestätigt Regens Herbert Baumann, dass "einige wenige Alumnen bei unterschiedlichen Gelegenheiten Judenwitze erzählt haben". Diese hätten einen "rassen- und menschenverachtenden Charakter" gehabt.

Die Organisation "Wir sind Kirche" verlangte "umgehend deutliche Worte und klare Entscheidungen" des Bischofs. Erst vor zwei Jahren sei mit Georg Häfner ein Priester der Diözese Würzburg seliggesprochen worden, den die Nazis umgebracht hätten. Wenn ausgerechnet Priesterseminaristen jetzt die Gegner der Kirche verharmlosten, sei das untragbar.

In dem Schreiben des Regens heißt es, ein Seminarist habe ein Konzert der Band "Frei.Wild" besucht, der rechtsradikales Gedankengut vorgeworfen wird. Nicht bewahrheitet habe sich aber die Behauptung, am 20. April habe es anlässlich von Adolf Hitlers Geburtstag im Bierkeller des Seminars eine Feier gegeben. Die Seminaristen hätten auf "intensives Nachfragen" immer von einem gemeinsamen Bier nach der Gebetsveranstaltung "Night-Fever" in der Karmelitenkirche beziehungsweise dem Frei-Wild-Konzert in Geiselwind gesprochen.

Im Seminar leben derzeit 18 Seminaristen. Zehn von ihnen kommen aus der Erzdiözese Bamberg, acht aus dem Bistum Würzburg. Die beiden Bistümer kooperieren seit einigen Jahren in der Priesterausbildung.

Als Konsequenz rief der Regens die Seminaristen auf, zusammen mit ihm eine Selbstverpflichtung zu formulieren. So könne nach innen und außen "Klarheit und Sicherheit" geschaffen werden. Davon erhoffe er sich für die Zukunft ein "neues, vertrauensvolles Umgehen" miteinander.

"Buße reicht nicht"

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Simone Tolle kritisierte die Reaktion des Regens: "Mit Buße und Umkehr ist es in diesem Fall nicht getan." Die katholische Kirche müsse vielmehr ihre Strukturen hinterfragen und öffentlich für Transparenz sorgen.

Dem Schreiben Baumanns vorausgegangen war ein Brief des Würzburger Generalvikars Karl Hillenbrand an den Regens. Darin hatte Hillenbrand deutlich gemacht, dass das Erzählen von Judenwitzen und Zusammenkünfte, die an Nazirituale erinnern, nicht toleriert werde. Als Grundkriterium in der Ausbildung gelte "die Durchdringung von geistlichem Leben und menschlicher Reife", so der Generalvikar. Die ihm geschilderten Vorkommnisse, sofern diese zuträfen, liefen dem jedoch zuwider.

"Zum geistlichen Leben eines katholischen Priesters gehört das Bewusstsein der jüdischen Wurzeln unseres christlichen Glaubens", betonte Hillenbrand. Zu seiner pastoralen Befähigung wiederum zähle ein sensibles Gespür für ein angemessenes Ausdrucksverhalten im Reden über andere Religionen: "Wenn es an all dem fehlt, ist jemand in meinen Augen für den Priesterberuf nicht qualifiziert."

(KNA/felt)
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