NSU-Prozess Beate Zschäpe reicht handschriftlichen Brief ein

München · Als sei nichts passiert, setzt das Gericht im Münchner NSU-Prozess die Beweisaufnahme fort. Hinter den Kulissen geht der Krach in der Zschäpe-Verteidigung aber weiter. Am Dienstag reichte Beate Zschäpe einen handschriftlichen Brief ein.

 Beate Zschäpe am Dienstag bei ihrer Ankunft im Gerichtssaal.

Beate Zschäpe am Dienstag bei ihrer Ankunft im Gerichtssaal.

Foto: ap

Zu den offenen Anträgen auf Abberufung der Anwälte und einer Strafanzeige Zschäpes fiel den gesamten Verhandlungstag kein Wort. Einziger Zeuge war ein früherer Führungskader der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten", der nach eigener Aussage bis heute der NPD angehört.

Der Ärger um Zschäpes Verteidigung schien nur einmal kurz auf, als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl bemängelte, dass die Anwälte Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl den Saal verlassen hatten. Hörbar genervt fragte er Anwältin Anja Sturm: "Wo sind Ihre beiden Kollegen? Was ist eigentlich los?" Sturm erwiderte, beide seien wohl zum Telefonieren aus dem Saal gegangen. Götzl unterbrach daraufhin die Verhandlung. Stahl entschuldigte sich anschließend mit den Worten: "War ein bisschen lang". Zschäpes neuer vierter Verteidiger Manfred Grasel sagte in der Verhandlung nichts.

Zschäpe hatte in der vergangenen Woche Strafanzeige gegen Heer, Stahl und Sturm erstattet und wirft ihnen Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht vor. Zudem forderte sie das Gericht erneut auf, alle drei zu entpflichten.

Handgeschriebener Brief

Am Dienstag reichte sie zudem einen handgeschriebenen Brief ein, in dem sie kritisierte, Heer, Stahl und Sturm hätten sich nur zu ihrer Anzeige geäußert, nicht aber zu ihrem aktuellen Ablehnungsantrag. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Für letzte Stellungnahmen setzte das Gericht eine Frist bis Mittwochvormittag. Beobachter erwarten eine Entscheidung über Zschäpes Anliegen in den nächsten Tagen. Bisher hatte das Gericht sämtliche Entpflichtungsanträge abgelehnt.

Der Zeuge, der nach eigener Aussage inzwischen in Kuwait lebt, gab sich anders als die meisten Szenezeugen redselig. Er gab zu Protokoll, vier der fünf Angeklagten in den 90er Jahren kennengelernt zu haben. Mit den verstorbenen späteren mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sei er gut befreundet gewesen.

Auch Zschäpe habe er damals kennengelernt. Der Zeuge erklärte, seiner Ansicht nach habe es ein "NSU-Trio" nicht gegeben. Allein Mundlos und Böhnhardt hätten 1998 vor Strafverfolgung fliehen müssen. Als sich in der Szene herumgesprochen habe, dass auch sie verschwunden sei, seien alle überrascht gewesen und hätten sich "zusammengereimt, dass sie nur aus Loyalität und Abenteuerlust mit auf die Flucht gegangen ist".

Dass in der Szene dann auf Konzerten Geld für die drei gesammelt wurde, habe er selber mitbekommen. Er wisse aber nicht, wie das Geld weitergereicht worden sei oder wer die Konzerte veranstaltet habe. Bis auf Gerüchte sei nichts mehr über die drei Flüchtigen bekanntgeworden. Das Thema sei zudem bewusst "tabuisiert" worden, auch deshalb, weil niemand Probleme bekommen wollte, falls die drei eines Tages gefasst würden.

Laut Anklage lebte Zschäpe 13 Jahre lang zusammen mit Mundlos und Böhnhardt im Untergrund. Während dieser Zeit sollen Mundlos und Böhnhardt die zehn Morde begangen haben, für die Zschäpe als mutmaßliche Mittäterin angeklagt ist. Mundlos und Böhnhardt sollen sich im November 2011 nach einem gescheiterten Bankraub in Eisenach das Leben genommen haben.

(dpa)
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