Ninorta Bahno Triers Weinkönigin kommt aus Syrien

Trier · Ninorta Bahno lebt seit drei Jahren in Trier. Die 25-Jährige ist ein Flüchtling und "sehr, sehr stolz" auf ihre Aufgabe.

 Ninorta Bahno aus Syrien wird Anfang August gekrönt und ein Jahr lang den Trierer Wein repräsentieren. Die aramäische Christin trinkt am liebsten einen lieblichen Riesling.

Ninorta Bahno aus Syrien wird Anfang August gekrönt und ein Jahr lang den Trierer Wein repräsentieren. Die aramäische Christin trinkt am liebsten einen lieblichen Riesling.

Foto: dpa, hti fdt

Alt, älter, Trier: Schon 1300 Jahre vor Rom habe die Stadt bestanden, besagt eine Inschrift am Roten Haus neben der Steipe. Der sagenhafte Gründer und Namensgeber: Königssohn Trebeta, von seiner Stiefmutter Semiramis aus Assyrien vertrieben. Ihre Zelte schlugen er und sein Gefolge nach langer Flucht in Europa auf, im schönen Moseltal, und bauten dort gleich eine Stadt, die sie Trebeta nannten. Niedergeschrieben wurde die Sage vor gut 900 Jahre von Mönchen der Trierer Abtei St. Matthias in den "Gesta Treverorum" ("Taten der Treverer"), doch sie ist auch in Syrien bekannt: "Ich habe schon als kleines Kind davon gehört. Trebeta ist der Mann, der seine Heimat verlassen musste", weiß Ninorta Bahno (25).

Nun hat sie ein ähnliches Schicksal hinter sich: Vor vier Jahren verließ sie gemeinsam mit ihrer Schwester Fadia (29) ihr Heimatland, in dem gerade der Bürgerkrieg ausgebrochen war, in Richtung Deutschland. Beide leben im Trierer Stadtteil Ruwer und zählten zu den 25 jungen Syrern, die von der Winzervereinigung des Stadtteils Olewig zum Trierer Weinfest 2015 eingeladen worden waren. Ninorta Bahno fungierte damals als Dolmetscherin. Sie beeindruckte Besucher und Trierer - darunter auch Winzerchef Peter Terges. "Sie ist eine tolle Persönlichkeit", sagt der 62-Jährige. So waren sich alle schnell einig, dass Ninorta Bahno eine "wunderbare Repräsentantin für den Wein, den Sekt und die Winzerschaft ihrer neuen Heimatstadt" wäre.

Die 25-Jährige ließ sich nicht lange bitten: "Ich liebe Wein, er ist mehr als ein Getränk - ein Kulturgut." Mit Wein verbindet sie die Erinnerung an frohe Stunden. Vor der Flucht aus Syrien schenkte ihre Familie edle Tropfen immer bei besonderen Feiern aus. Den Job als (Wein-)Botschafterin für ein Jahr traut sie sich zu: "Ich bin aramäische Christin und akzeptiere und toleriere alle Religionen. Ich kann auf Menschen zugehen." Dass man ihr "das schöne, spannende und verantwortungsvolle Amt" angetragen habe, mache sie "sehr, sehr stolz". Am liebsten trinke sie lieblichen Rieslingwein.

Auch die Bundesagentur für Arbeit hat Bahnos Regentschaft zugestimmt. Die junge Frau macht derzeit eine Einstiegsqualifikation für Fachangestellte. In Syrien hatte die junge Frau Jura studiert. Sie würde das auch gerne in Deutschland studieren, müsste aber ganz von vorne anfangen. "Wegen der juristischen Begriffe ist es noch zu früh und zu schwer für mich." Ihr Flucht-Schicksal steht für unzählige: "Wir mussten alles aufgeben und in einem neuen Land ganz bei Null anfangen." Vor dem Krieg habe sie viel über Flüchtlinge gehört. "Ich wusste aber nicht, wie schwer es ist, einer zu sein, bis ich es in der Realität erlebt habe."

In der Olewiger Winzerschaft, die seit 1949 in ihrem Stadtteil das Trierer Weinfest veranstaltet, ist die Vorfreude groß: "Ich glaube, damit haben wir einen echten Coup in Sachen Integration und Weltoffenheit gelandet, der weit über Trier hinaus Wellen schlagen wird", sagt der Vorsitzende Terges. Bahno sei bundesweit die erste Geflüchtete als Weinkönigin. Auch Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe äußert sich positiv: "Ich bin angenehm überrascht über die Entscheidung und freue mich darauf zu sehen, wie die junge Frau aus Syrien diese Aufgabe mit ihrer Persönlichkeit ausüben wird."

Vor ihrer Krönung bereitet sich Bahno schon eifrig auf ihr Amt vor. "Immer wenn ich Zeit habe, lese ich über Wein", erzählt die junge Frau in hervorragendem Deutsch. Von Winzern bekommt sie praktisches Wissen im Weinberg: "Ich habe schon einiges für das Aufbinden der Rebstöcke erfahren." Und auch in das ABC der Fachbegriffe von Abgang bis Restsüße wird die Syrerin noch eingewiesen.

Bahno könne sich nach dem Jahr als Trierer Weinkönigin gerne auch um das Amt der Moselweinkönigin bewerben, sagt der Geschäftsführer des Vereins Moselwein, Ansgar Schmitz. Falls sie das werde, stehe ihr auch später das Rennen um den Titel Deutsche Weinkönigin offen. Die Mosel sei im Ausland eines der bekanntesten deutschen Weingebiete. "Da passt eine Weinkönigin aus Syrien ganz gut ins Bild." Winzer Peter Schleimer findet die Wahl auch aus einem anderen Grund gelungen. Sie bringe zwei Kulturen über den Wein zusammen: Syrien als eines der Ursprungsländer der Weinkultur überhaupt und die Weintradition rund um die wohl älteste Stadt Deutschlands Trier.

(RP)
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