Krankheit bei Facebook dokumentiert Nina Zacher ist an ALS gestorben

München · Über 43.000 Menschen haben das Sterben der ALS-Patientin Nina Zacher bei Facebook verfolgt. Die 46-Jährige berichtete dort fast täglich über ihren Kampf gegen die Krankheit. Am Samstag ist sie gestorben.

 Lachend und ungebeugt will Nina Zacher in Erinnerung behalten werden.

Lachend und ungebeugt will Nina Zacher in Erinnerung behalten werden.

Foto: Saitenverhaeltnisse.de

Am 17. Mai veröffentlichte Nina Zacher ein letztes Posting auf ihrem Facebook-Account: "Ich lasse mir jetzt Flügel wachsen und werde ein Engel". Vier Tage später war sie tot. Gestorben war sie schon länger; ein Prozess, den viele Menschen über das soziale Netzwerk mitverfolgten.

Als Leser fällt es schwer, beim Anblick des Facebook-Profils von Nina Zacher Tränen zurückzuhalten. In dem sozialen Netzwerk machte sie ihren Krankheitsverlauf öffentlich, ließ tausende Menschen an ihrem körperlichen Verfall teilhaben. Ihr Geist war bis zu ihrem Tod klar, sie war gefangen in ihrem kranken Körper und musste bei vollem Bewusstsein sterben.

Die 46-Jährige lächelt lebensfroh auf den Bildern, die sie während ihrer Krankheit veröffentlichte. Die Fotos zeigen die Mutter von vier Kindern vor ihrer schweren Erkrankung. Die Texte, die sie dazu verfasste, handelten jedoch fast ausschließlich vom Tod. "Ich bin wirklich täglich auf ein neues überrascht, wie es möglich ist, immer noch am Leben zu sein", schrieb Zacher am 9. April. Zu diesem Zeitpunkt wog die 46-Jährige nur noch knapp 35 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,78 Meter. Die Nerven-Erkrankung ALS hatte die lebensfrohe Frau körperlich gebrochen.

Geistig ließ sich die Mutter von der Krankheit jedoch nicht besiegen. Unerbittlich teilte sie auf Facebook in regelmäßigen Abständen der Öffentlichkeit mit, wie die Krankheit sie immer mehr vereinnahmte. Sie wollte diese zermürbende und tödliche Krankheit bekannter machen, trat in Fernsehsendungen auf und gab Interviews. Vor dem Tod hatte sie keine Angst, sagte sie einmal, nur vor dem Weg dorthin. Den hat die 46-Jährige nun hinter sich gebracht.

2012 bekam Zacher die Diagnose ALS. Eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Es fing mit undefinierbaren Schmerzen im Daumen an. Sie selbst hatte den Verdacht, dass es sich dabei um die Nervenkrankheit handeln könnte. Später folgten Schluckstörungen, Lähmungen und Muskelversagen. Die Nahrungsaufnahme fiel immer schwerer, da die Krankheit auch die Schluckmuskulatur immer mehr beeinträchtigt. Auch die Atmung ist an die Muskulatur gebunden und im späteren Verlauf der Krankheit kaum noch eigenständig möglich. Die Ärzte spritzten Zacher zuletzt Wasser unter die Haut, damit sie nicht verdurstet.

Am Dienstag, dem 25. Mai 2016, übernahm Zachers Familie ihren Facebook-Account. Mit dem Worten: "Die Welt ist vergangenen Samstag ein großes Stück ärmer und kälter geworden, sie nicht mehr, wie sie davor noch war", teilte sie den Lesern mit, dass Nina Zacher gestorben ist. Und weiter: "Nina, Du hast das geschafft, was jeder am Ende seines Weges wünscht, Spuren zu hinterlassen, Deine sind tief, so tief, dass sie auf ewig bleiben."

Diesen bislang letzten Beitrag auf Zachers Facebook-Account teilten 10.900 Menschen, 38.888 reagierten darauf. 108 Menschen kommentierten den Beitrag. Auffällig ist, dass tausende Menschen auf ihre Beiträge reagieren, aber nur wenige sie kommentieren - womöglich weil viele Menschen keine Worte für das bewegende Ende einer so lebensfrohen Frau und Mutter finden können.

(skr)
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