Nach Gerichtsurteil Neuer Streit um öffentliches Trinken

Düsseldorf (RP). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat das in der Freiburger Altstadt herrschende Alkoholverbot für rechtswidrig erklärt. Doch viele Städte und Kommunen in NRW sehen in der Regelung eine wirksame Maßnahme, Gewalt-Exzesse in den Innenstädten einzudämmen.

 Polizisten gehen auf der Freiburger Partymeile, im so genannten Bermudadreieck, Streife. Auf dem Pflaster liegen leere Flaschen.

Polizisten gehen auf der Freiburger Partymeile, im so genannten Bermudadreieck, Streife. Auf dem Pflaster liegen leere Flaschen.

Foto: AP, AP

Düsseldorfs Polizeipräsident Herbert Schenkelberg gilt als ein energisch-zuversichtlicher Mann. Gestern machte er einen fast resignierten Eindruck. Der Grund: Der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg hatte das von vielen Städten als richtungsweisend empfundene Freiburger Alkoholverbot in der Altstadt für rechtswidrig erklärt. Das Konzept, in dem der Düsseldorfer Polizei-Chef die Chance gesehen hatte, die nächtlichen Gewalttaten in der Altstadt der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zu reduzieren, ist somit von den Richtern in Mannheim für nicht rechtmäßig erklärt worden.

"Ich finde es schade, dass das Gericht die Freiburger zurückgepfiffen hat", sagte Herbert Schenkelberg. Für ihn bedeute die Entscheidung auch, dass in Düsseldorf in absehbarer Zeit kein öffentliches Alkoholkonsumverbot verhängt werden darf. Dies wäre aber eine Möglichkeit gewesen, die Arbeit der Polizei zu unterstützen und die Gefahrensituationen zu minimieren, kritisierte er. In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu Schlägereien in der Düsseldorfer Altstadt gekommen. So wurden im Mai bei Krawallen nach einem Fußballspiel 47 Menschen verletzt.

Gelassen auf das Urteil reagierten die Kommunen Hückeswagen und Radevormwald im Bergischen Land. In Radevormwald hat die Stadt seit dem Frühjahr 2007 die Stellen in der Innenstadt, an denen zuvor Alkohol getrunken wurde und es immer wieder zu Randale gekommen war, zu jugendgefährdenden Stellen nach dem Paragraphen 8 des Jugendschutzgesetzes erklärt. Wer dennoch dort trank, wurde verwarnt und beim zweiten Mal mit einem Knöllchen — bis zu 120 Euro — bestraft. Konsequenzen aus dem Urteil für Radevormwald fürchten die Verantwortlichen nicht: "Anderes Bundesland, andere Gesetze", hieß es dazu gestern aus dem Rathaus.

Auch in Hückeswagen gilt in der Innenstadt ein Alkoholverbot. Auch dort freut man sich über den Erfolg. "Die Zustände sind definitiv besser geworden", sagt der parteilose Bürgermeister Uwe Ufer. Das Freiburg-Urteil lässt Ufer kalt. "Für uns in NRW ist das Verfassungsgericht in Münster zuständig — wenn da einer Klage erheben will, soll er doch."

Ähnlich war die Reaktion in Dinslaken am Niederrhein. Dort gilt ebenfalls ein Alkoholverbot im Stadtpark, wo zuvor ausufernde Trinkgelage an der Tagesordnung waren. "Der Spruch des Verwaltungsgerichtes Baden-Württemberg hat für uns in NRW zunächst einmal keine Auswirkung", erklärte ein Sprecher der Stadt.

Dies bestätigte das NRW-Innenministerium. Das Mannheimer Urteil beziehe sich auf das Polizeigesetz. In NRW sei aber das Ordnungsbehördengesetz die Grundlage für Kommunen, ordnungsbehördliche Verfügungen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu erlassen. "Eine landeseinheitliche Regelung zum Alkoholverbot wird es nicht geben", sagte der Sprecher. Die Zuständigkeit für ein Verbot liege bei den einzelnen Kommunen.

NRW-Städtetag: Alkoholverbot punktuell einsetzen

Der Vorsitzende des NRW Städtetages, der Mönchengladbacher Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD), forderte: "Ein Alkoholverbot sollte man zielgenau und punktuell für die Bereiche einsetzen, bei denen es ein erhöhtes Konfliktpotenzial gibt." Als Option sollten NRW-Städte ein Alkoholverbot trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht außer Acht lassen.

Gedanken über ein mögliches Trinkverbot in Innenstadtbereichen haben sich schon einige Städte und Kommunen der Region gemacht. Erst Ende Juni startete die CDU Oberstadt-Waldhausen in Mönchengladbach eine Initiative, ein Alkoholverbot einzuführen. Das Thema wurde aber weder in den Ausschüssen noch im Rat der Stadt aufgegriffen. Die Verwaltung in Mönchengladbach hält eine entsprechende Regel eher für "problematisch". Alkoholkonsum sei kein Ordnungswidrigkeits-Tatbestand, heißt es im Rathaus.

Dennoch hat die Stadtverwaltung Mönchengladbach mit der Einführung des Kommunalen Ordnungs- und Sicherheitsdienstes (KOS) die Straßen- und Anlagenverordnung bereits geändert — auch mit der Folge, dass auf Spielplätzen kein Alkohol mehr getrunken werden darf. Die Mönchengladbacher Polizei sieht dagegen keine Veranlassung für ein Verbot.

In Krefeld setzte sich der Landtagsabgeordnete Peter Kaiser (CDU) bereits vehement dafür ein, den Theaterplatz zur Promille-freien-Zone zu erklären. Ebenso debattierte die Bezirksvertretung Mitte über ein Alkoholverbot im Kernbereich der City. Zu Beschlüssen kam es aber — angesichts der unsicheren Rechtslage — nicht. Vielleicht ist das in der Seidenweberstadt auch gar nicht nötig. In der gültigen Satzung der Stadt heißt es ohnehin schon: "Trinkgelage auf öffentlichen Plätzen sind verboten."

(RP)
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